Brasília. Zum Abschied wurde selbst Louis van Gaal ein wenig sentimental. Mit verdächtigem Glitzern in den Augen schwärmte der oft so knurrige Bondscoach nach dem Bronzegewinn bei der Fußball-WM über seine Verbindung zum Team um Arjen Robben & Co.
"Ich denke, dass sie immer einen Platz in meinem Herzen haben werden", beteuerte der 62-Jährige, der beim eindrucksvollen 3:0 gegen Gastgeber Brasilien zum letzten Mal die niederländische Elftal anführte. Ein Kompliment, das der erneut überragende Offensiv-Superstar sofort zurückgab: "Es gibt eine besondere Beziehung zueinander", sagte Robben der dpa.
Während van Gaal die Glückwünsche an der Seitenlinie entgegennahm, ließ sich der Bayern-Antreiber auf einer minutenlangen Ehrenrunde mit seinen Teamkollegen von den Brasilien-Fans im Estadio Nacional feiern. Schalkes Klaas-Jan Huntelaar frohlockte über ein "herrliches Ende", Robin van Persie schenkte in ausgelassener Stimmung einem kostümierten Fan seine Medaille. Aber auch Bronze als ein "schönes und verdientes Abschiedsgeschenk" ("De Telegraaf") für ihren Trainer konnte den Schmerz über den verpassten Titel nur etwas lindern.
Robben und der Fifa-Kommerz
Wie sein Coach schimpfte Robben trotz des erfolgreichen Abschlusses über das Duell der Verlierer in Brasília: "Von mir aus könnten sie es abschaffen, ich denke, es geht der Fifa dabei um kommerzielle Dinge." Zu tief saß der Frust immer noch über das verlorene Elfmeterschießen gegen Argentinien im Halbfinale: "Hiermit haben wir den Kater ein wenig weggespült, aber die Enttäuschung überwiegt weiter. Wenn wir das Turnier dann heute so abschließen, da bin ich aber ganz stolz auf meine Jungs."
Ob die goldene, jedoch titellose Generation mit dem am Samstag verletzt fehlenden Wesley Sneijder und Persie noch einen vierten, letzten gemeinsamen Anlauf auf den ersehnten Weltpokal nimmt, konnte Robben nicht versprechen. In Russland 2018 wäre das Angriffstrio bereits 34 Jahre alt. "Ich kann nur für mich selber sprechen: Solange ich Spaß habe, will ich weitermachen für das Nationalteam. Je älter ich werde, desto besser werde ich anscheinend", betonte Robben. "Aber vier Jahre sind eine lange Zeit."
Hollandschule mit dem Plus
In welch überragender Form der Flügelsprinter in die Oranje-Ära unter dem neuen Coach Guus Hiddink startet, bewies Robben, indem er alle drei Treffer durch van Persie (3. Minute/ Foulelfmeter), Daley Blind (17.) und Georginio Wijnaldum (90.+1) einleitete. "Ein erwachsenes Oranje setzt einer starken WM mit Bronze die Krone auf", schrieb die Zeitung "Trouw". Auch angesichts dieser souveränen Vorstellung und dem ersten WM-Auftritt der Niederlande ohne Niederlage ließ es sich van Gaal nicht nehmen, vor dem Abgang zu Manchester United mit gewohntem Eigenlob auf sein Vermächtnis hinzuweisen.
"Ich habe gehört, dass er den niederländischen Weg des Fußballs gepaart mit einem Plus zeigen lassen will", sagte er mit spöttischem Unterton in Richtung Hiddink. "Auch ich habe die Hollandschule mit einem Plus gezeigt. Es hat allen Leuten die Augen geöffnet haben, es zeigt, dass es nicht nur ein System gibt, dass zur Freude führt." Unter van Gaal hielt beim Oranje-Team eine ergebnisorientierte Spielweise Einzug, die den unbedingten Siegeswillen über den schönen Fußball stellte.
Kuyt aufgrund seines Alters fraglich
Um auch bei der EM 2016 erfolgreich zu sein, kann Hiddink nicht nur auf die Offensiv-Routiniers, sondern auch auf starke Talente wie beispielsweise den 23 Jahren alten Jordy Clasie im defensiven Mittelfeld bauen. Aus dem WM-Kader erscheint einzig die weitere Nationalmannschaftskarriere von Dirk Kuyt fraglich. "Ich verstehe, dass mein Alter ein Thema sein wird", erklärte der 33-Jährige.
Vor weiteren Zukunftsplanungen stand "erstmal Urlaub" auf der Agenda von Teamkollege Robben - der kurz vor dem Abflug aus Brasilien zum Empfang in der Heimat noch ein unmoralisches Angebot erhielt. Er könne immer zu Manchester United kommen, habe ihm van Gaal eingeflüstert. "Das ist keine Option und das weiß er", erklärte der Umworbene. "Aber es ist schön zu wissen, dass es dort immer einen Platz für mich gibt." (dpa)