Belo Horizonte. Beim 7:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft im WM-Halbfinale gegen Brasilien erlebte der Schalker Julian Draxler sein WM-Debüt: Er wurde eine Viertelstunde vor Schluss für Sami Khedira eingewechselt und war später mächtig stolz - verspürte aber auch ein “komisches Gefühl“.

Herr Draxler, wie haben Sie diesen sicher unvergesslichen Abend erlebt?

Julian Draxler: Es war ein komisches Gefühl, mit 5:0 in die Halbzeit zu gehen. Wir wussten nicht so richtig, was man damit anfangen soll. Ich meine, das ist das Halbfinale bei einer WM, da schaltet man nicht einfach einen Gang zurück. Aber wir können sehr, sehr stolz sein und genießen diesen Abend.

Wie war die Stimmung in der Kabine?

Draxler: Ich glaube die Stimmung wäre fast euphorischer gewesen, wenn wir knapp 2:1 gewonnen hätten. Es herrschte ein bisschen Fassungslosigkeit bei uns in der Kabine. Wir haben zwar auch gefeiert, aber verhalten. Wer uns das vor dem Spiel erzählt hätte, den hätten wir für bekloppt erklärt.

Sie wurden eine Viertelstunde vor dem Ende eingewechselt und feierten Ihr WM-Debüt. Wie fühlt es sich an, bei so einem Spiel dabei zu sein?

Draxler: Ich bin superglücklich, dass ich die Chance hatte, heute rein zu kommen. Da kann ich mich bei den Jungs bedanken, dass wir so früh so hoch geführt haben, dass der Bundestrainer mir die Chance gegeben hat. Es macht mich sehr stolz, Teil dieser historischen Nacht zu sein.

So feierten die Fans die deutsche Elf in Essen

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    Spüren Sie so etwas wie Genugtuung, es in dieses Turnier geschafft zu haben?

    Draxler: Genugtuung ist das richtige Wort, weil ich eine schwierige Saison hatte, weil ich in jedem Training richtig Gas gegeben und auf die Chance gehofft habe, Teil dieser WM zu sein. Jetzt hat sich die harte Arbeit der letzten Monate ausgezahlt.

    Haben Sie mitbekommen, dass die brasilianischen Fans nach dem 0:7 die deutsche Mannschaft gefeiert haben?

    Draxler: Das habe ich nicht mitbekommen, Da war ich in meinem eigenen Film. Aber die Brasilianer erkennen an, was wir geleistet haben. Und wir waren gute Gewinner, haben es zu Ende gespielt, ohne großen Schnickschnack zu machen, daher hoffen wir, dass die Brasilianer am Sonntag auf unserer Seite sind.

    Sie sprechen es an: Ist an so einem Abend auch Platz für Mitgefühl?

    Draxler: Klar haben wir uns über jedes Tor gefreut, aber wir wussten, dass die vielen brasilianischen Fans auf der Tribüne tief enttäuscht sind. Deshalb war es manchmal ein komisches Gefühl auf dem Platz. Ich glaube nach dem 0:2 hatten die Brasilianer nur noch im Kopf, das Spiel einigermaßen heile zu überstehen. Auf ihnen lastete großer Druck, das war brutal schwer nach dem Rückstand.

    Ihr Schalker Klub-Kollege Benedikt Höwedes hat bislang jede Minute dieser WM absolviert. Was sagen Sie zu seiner Rolle?

    Draxler: Ich mit ihm seit Jahren befreundet und deshalb freue ich mich riesig für ihn, dass er jedes Spiel über 90 Minuten gemacht hat. Er hatte in dieser Saison mit vielen Verletzungen zu kämpfen. Aber was er links defensiv anbietet, ist sehr, sehr gut. Roberto Carlos wird aus ihm zwar nicht mehr, aber ich wünsche ihm, dass er auch im Finale seine Leistung bringen kann, damit wir ohne Gegentor bleiben. (aufgezeichnet von Daniel Berg)