Belo Horizonte. . Das DFB-Team steht am Sonntag im WM-Finale von Brasilien. Mit einem 7:1-Erfolg siegte die deutsche Nationalmannschaft gegen den Gastgeber aus Brasilien. Miroslav Klose erzielte seinen 16. WM-Treffer und ist damit alleiniger Rekordtorschütze.

Sechs Minuten dauerte dieses opulente Stück Fußball-Geschichte. Sechs Minuten, die aus einem brodelnden, gelben Kessel den leisesten Ort im ganzen Land machten. Trauer. Schweigen im Stadion. Weil niemand im Stadion Worte fand, zu beschreiben, was er da sah. Die einen, weil sie die schlimmste Niederlage aller Zeiten auf sich zusteuern sahen. Die anderen aus Ehrfurcht vor dem Moment, aus Ungläubigkeit, dabei zu sein. WM-Halbfinale, Brasilien gegen Deutschland, das Duell der Fußball-Weltmächte – Zwischenstand nach 30 Minuten: 5:0 für die deutsche Mannschaft. Am Ende siegte das Team von Bundestrainer Joachim Löw mit 7:1 und steht damit am Sonntag in Rio de Janeiro im Endspiel um den Weltmeisterpokal gegen Argentinien oder die Niederlande.

Die internationale Presse ist verzückt von der deutschen Mannschaft und geht hart mit der brasilianischen ins Gericht. "Unglaublich. Am Tag des Weltuntergangs, den die Brasilianer gestern ohne Frage bereits zu erleben glaubten, wird man sich noch an dieses Halbfinale erinnern", schreibt etwa die französische Zeitung L'Équipe. Über eine "Historischen Schmach" schreibt die griechische Ta Nea.

Standardsituation bereitete den Weg zum Sieg

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Dass es ein großer Abend werden würde im Estadio Mineirao von Belo Horizonte, schien festzustehen. Doch alle Überhöhungen im Vorfeld waren nichts gegen die historische Dimension, die dieses Spiel in dieser ersten Halbzeit annahm. Generationen werden sich an jenen 8. Juli in Brasilien erinnern. Mit Schaudern. Mit Glücksgefühlen. Je nachdem.

Ein paar Minuten lang schien die deutsche Mannschaft beeindruckt vom grimmigen Gelb, das die Tribünen füllte, vom Lärm, der sich auf den Rasen wie eine Springflut. Doch noch bevor die Dämmerung einsetzte, begann die brasilianische Götterdämmerung.

Den Weg zum Sieg bereitete mal wieder eine Standardsituation. Einen Eckstoß von Toni Kroos drückte Thomas Müller aus fünf Metern über die Linie – und war dabei etwa so frei wie die Christusstatue von Rio bei Nacht. Deutscher Jubel auf den Tribünen nach elf Minuten. Es war nur der Prolog eines epischen Werks, in dem Toni Kroos eine der Hauptrollen spielte.

Der eingewechselte Schürrle traf doppelt

Der Münchner spielte Müller im Strafraum frei, der legte zauberhaft ab für Miroslav Klose. Der Stürmer erzielte im Nachschuss seinen 16. WM-Treffer und ist damit bester Schütze aller Zeiten. 2:0 nach 23 Minuten. Keine 60 Sekunden später landete eine flache Hereingabe von Philipp Lahm auf dem Fuß von Kroos, der volley aus 16 Metern zum 3:0 traf. Und während Brasilien in sich zusammenfiel, begann die deutsche Mannschaft zu zaubern, wie sie es zu besten Zeiten in der jüngeren Vergangenheit getan hatte.

WM-Fans jubeln in Essen

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    Kroos bediente den starken Sami Khedira, der legte vor dem Tor noch mal zurück, so dass der Mittelfeldspieler keine Mühe mehr hatte, den Ball ins Tor zu schieben (26.). Und weil ein 4:0-Vorsprung auf dem Weg zu dieser WM gegen Schweden schon mal nicht ausreichte, legte die Nationalelf nach: Khedira auf Mesut Özil, Özil zurück auf Khedira. 5:0. Vier Tore in sechs Minuten. Vollkommener Irrsinn zur Halbzeit. Gellende Pfiffe von den Tribünen.

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    Im Angesicht eines Debakels raffte sich der Gastgeber nach der Halbzeitpause noch einmal auf. Löw musste in der Innenverteidigung der leicht angeschlagenen Mats Hummels durch Per Mertesacker ersetzen. Zunächst scheiterte Oscar, dann Paulinho sogar zweimal aus bester Position am scheinbar unbezwingbaren Manuel Neuer. Er rettete den komfortablen Vorsprung über diese etwas heikle Phase, dann ließ der brasilianische Eifer nach. Und Deutschland schlug erneut zu: Lahms Flachpass schoss der eingewechselte Andre Schürrle zum 6:0 in Tor. Und wenig später traf erneut Schürrle zum 7:0. In Worten: Sieben zu null. Die brasilianischen Fans erhoben sich von ihren Plätzen und klatschten dem Gewinner Beifall. Aus Anerkennung für die einen. Oder aus Hohn für die anderen. Immerhin: Oscar erzielte in der 90. Minute noch den Ehrentreffer zum 1:7.

    Konzentration aufs Finale

    Das weltweit bestaunte 7:1-Erdbeben im WM-Halbfinale, das den gedemütigten Gastgeber Brasilien in einen Schockzustand stürzte, löste große Glücksgefühle aus, aber keine überschäumende Euphorie. "Ne, ne, ne, wir haben uns jetzt gegenseitig schon gebremst", berichtete Miroslav Klose nach dem Wahnsinnsspiel gegen den Rekordweltmeister.

    So abgebrüht und fokussiert, wie seine Mannschaft auf dem Spielfeld das in Panik geratene brasilianische Team demontiert hatte, blieb auch Joachim Löw nach dem größten Sieg in seiner achtjährigen Amtszeit als Bundestrainer. "Man sollte das Ergebnis jetzt auch nicht zu hoch hängen. Wir müssen jetzt Demut haben und uns mit aller Ruhe vorbereiten auf das Finale", sagte der 54-Jährige und mahnte mit Blick auf das große Endspiel am Sonntag (21.00 Uhr/ARD) in Rio de Janeiro gegen Argentinien oder Holland: "Niemand sollte sich unbesiegbar fühlen. Ich glaube, dass diese Mannschaft unbedingt bereit ist, das Finale jetzt auch zu gewinnen." Der herausragende Toni Kroos, der nach seinem 50. Länderspiel als "Man of the Match" ausgezeichnet wurde, bestätigte seinen Chef umgehend: "Weltmeister ist noch niemand im Halbfinale geworden."

    (mit Material von dpa)