Costa Rica tanzt vor Glück - "Das ganze Land ist stolz"
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Recife. Costa Rica sorgte bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 für die nächste Sensation, besiegte Italien mit 1:0 und steht nach 1990 wieder im Achtelfinale. Zwischen Uruguay und Italien kommt es zum Finale um die nächste Runde. England fährt nach Hause.
Neben den spannenden Fragen nach den großen Nationalteams, nach dem Finalsieger, dem Torschützenkönig und dem Star einer Weltmeisterschaft besteht der Reiz eines solchen Turniers immer auch darin, dass irgendein Außenseiter die Herzen der Fußballanhänger erobert. Für all die kleinen Nationen,, ist diese Rolle überaus reizvoll. Das laufende Turnier ist nun gut eine Woche alt, und eines ist schon mal klar. Costa Rica ist nach dem 1:0-Sieg über Italien und dem vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale der Außenseiter der Stunde. „wir haben heute Geschichte geschrieben wir haben ein ganz besonderes Team, wir sind sehr stolz, das ganze Land ist stolz“, sagte Trainer Jorge Luis Pinto.
Nach dem Schlusspfiff feierten die Spieler tatsächlich, als hätten sie gerade ein echtes Wunder vollbracht, Körper flogen übereinander, und Italiens Trainer Cesare Prandelli sagte anerkennend: „Costa Rica kam in einer hervorragenden Form zu dieser WM, sie sind physisch sehr stark und sie sind eine hervorragend organisierte Mannschaft. Deshalb habe ich schon vor der WM gesagt, dass diese eine besonders schwere Gruppe ist.“
Italiens Stürmerstar Mario Balotelli war zweimal nicht kaltblütig genug
Dabei hatten die Italiener sich eine Strategie für die feuchte Mittagshitze überlegt, die zunächst durchaus vielversprechend erschien. Die Fußballersprache hält für solch einen Ansatz den in Zeiten des Hochgeschwindigkeitsfußballs aussterbenden Begriff „Tempo verschleppen“ bereit. Der Ball zirkulierte ohne viel Raumgewinn durch die eigene Hälfte, von links nach rechts und wieder zurück, bis irgendwann Andrea Pirlo die Möglichkeit sah, einen langen Ball auf den einzigen Stürmer zu spielen: Mario Balotelli. Zwei hervorragende Chancen erspielte die Squadra Azzurra sich so, doch Balotelli war jeweils nicht kaltblütig genug.
In der zweiten Hälfte funktionierte diese Strategie nicht mehr, und deshalb musste Trainer Cesare Prandelli am Ende einräumen: „Unser Spielansatz war falsch, wir haben einfach viel zu langsam gespielt“. Ganz im Gegensatz zu den Costa Ricanern. Wenn der Außenseiter den Ball hatte, wirkten die Italiener plötzlich überhaupt nicht mehr so cool und souverän. Beim Verteidigen fehlte es ihnen an Tempo und Dynamik, und so war die Führung der Costa Ricaner kurz vor der Halbzeit völlig verdient.
Der Mainzer Außenverteidiger Junior Diaz hatte eine brillante Flanke geschlagen, Kapitän Bryan Ruz war Giorgio Chiellini enteilt und köpfte den Ball an die Unterkante der Latte, von wo der Ball knapp hinter der Torlinie aufsprang. Ohne Torlinientechnik wäre dieser Treffer schwer erkennbar gewesen, es nun schon der zweite Fall bei dieser WM, in dem den Schiedsrichtern mit dem GoalRef-System entscheidend geholfen werden konnte.
Und dürften die Schiedsrichter zusätzlich den Videobeweis nutzen, dann hätte es zur Halbzeit vermutlich bereits 2:0 für die „Ticos“ gestanden, denn zwei Minuten vor dem 1:0 war Ruiz im Strafraum von Chiellini umgestoßen worden – eigentlich ein klarer Elfmeter. Im ersten Spiel war noch Joel Campbell der auffälligste Puerto Ricaner gewesen, nun glänzte Ruiz vom PSV Eindhoven und stürzte sein Land in einen Taumel des Glückes. „Direkt nach dem Abpfiff waren wir uns gar nicht über die Bedeutung dieses Erfolges bewusst, aber so langsam wird uns klar, was wir geschafft haben“, sagte er.
"Ticos" verteidigen mit ihrer Fünferkette hervorragend
Die No-Name-Truppe aus dem kleinen mittelamerikanischen 4-Millionen-Einwohner-Staat hat nun zwei Weltmeister geschlagen, zwei große Nationen, die diesen Gegner offenbar unterschätzt haben. Das war ein Fehler, denn als die Italiener immer offensiver spielten, wurde erkennbar, dass die „Ticos“ mit ihrer exzentrischen Fünferabwehrkette auch ganz hervorragend verteidigen und kontern können. Dabei ist der prominenteste Spieler des Teams noch nicht einmal dabei in Brasilien. Bryan Ovideo vom FC Everton brach sich in einem FA-Cup-Spiel im Frühjahr Schien- und Wadenbein.
England ist nach dieser Partie endgültig ausgeschieden, Italien bestreitet gegen Uruguay in der kommenden Woche ein echtes Endspiel um Platz zwei und Costa Rica hat nun großes vor: „Wir wollen natürlich so lange wir möglich im Turnier bleiben, und ich glaube, wir können noch weit kommen“, sagte Kapitän Ruiz.
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