Pindamonhangaba. . Der brasilianische Nationalspieler Luiz Gustavo kommt als Pindamonhangaba. Vater Luiz Antonio Dias wohnt immer noch in der Provinzstadt mit 150 000 Einwohnern. „Guga“, wie Luiz Gustavo genannt wird, wird dort als Vorbild für den sozialen Aufstieg durch eine Karriere als Fußballprofi wahrgenommen.
Die Suche nach Luiz Gustavos Fährte beginnt am Ortseingang von Pindamonhangaba, eine Provinzstadt mit 150 000 Einwohnern. Auf gut Glück findet dieser Besuch statt, aber es genügen zwei Nachfragen bei Teenagern und einem Orangenhändler am Straßenrand, dann ist die Suche schon beendet. Denn Luiz Gustavo Dias, 26, kennt in Pinda jeder – und seinen Vater Luiz Antônio Dias, 58, deshalb auch.
Am Vortag haben die Menschen in Luiz Gustavos Heimatstadt den Fußballer im Fernsehen dabei beobachten können, wie er 150 Kilometer westlich in São Paulo mit der Seleção den Traum von Millionen brasilianischen Kindern lebt. Beim 3:1 gegen Kroatien im Eröffnungsspiel der WM stand er 90 Minuten auf dem Platz. An diesem Dienstag beim zweiten Auftritt gegen Mexiko (21 Uhr/ZDF und in unserem Ticker) wird wieder ganz Pinda zuschauen. „Guga“, wie Luiz Gustavo genannt wird, wird dort als Vorbild für den sozialen Aufstieg durch eine Karriere als Fußballprofi wahrgenommen.
Was diese mit sich bringt, wird sein Vater später erklären. Das Ambiente des Stadtteils „Colonial Village“, in dem er nun wohnt, erzählt schon viel darüber. „Colonial“ steht in Brasilien für Qualität, für gehobenen Standard. Und um daran teilhaben zu dürfen, muss erst diese streng gesicherte Zufahrt ins Viertel passiert werden. Bei den drei Pförtnern wird die Passnummer registriert.
Erst dann empfängt Vater Luiz Antônio entspannt vor seiner schicken Villa und wird bald sagen: „Durch meinen Sohn hat sich unser Leben sehr verändert.“
Früher wohnte die Familie im bescheidenen Ortsteil Moreira César. „Wir haben ein normales Leben geführt“, sagt der Vater. Er hat als Fabrikarbeiter geschuftet, seit 2008 kann er dank seines Sohnes „Urlaub“ machen, wie er scherzt.
Mutter Mariane wollte, dass ihr Sohn Fußballprofi wird. Sie starb an einem Herzinfarkt, als Luiz Gustavo 16 Jahre alt war. Sechs Monate später unterschrieb er seinen ersten Vertrag, und als er 2007 zur TSG 1899 Hoffenheim wechselte, wandelte sich das Leben der Familie radikal. Das galt erst recht, nachdem ihn der FC Bayern 2011 verpflichtete, ehe er 2013 weiterzog zum VfL Wolfsburg.
Luiz Gustavo ist so früh in die Rolle des Versorgers für den ganzen Clan gerutscht. Eine seltene Erfolgsgeschichte, sehr viele Talente aus oft noch weitaus ärmlicheren Verhältnissen rennen dem Traum der Familie vom sozialen Aufstieg vergeblich hinterher und durchleben dabei die Unbarmherzigkeit des Geschäfts mit der Ware Fußballer. Brasilien ist nicht nur Rekordweltmeister, sondern auch Exportweltmeister der Branche, mit 1000 Kickern jährlich in alle Welt. Wie viele dabei auf der Strecke bleiben – ungezählt.
Die ganze Familie lebt vom Profi
Vater Luiz Antônio redet gerne vom Aufstieg seines Sohns. Wie sein Sohn wirkt er bodenständig und dankbar. „Mit 17 ist er Profi geworden, mit 20 nach Europa gegangen, mit 23 spielte er erstmals für die Seleção“, listet der Papa auf. Mit Anfang 20 kaufte Luiz Gustavo dem Vater dieses Haus, in dem auch die Familie des älteren Bruders Jardel (30) lebt. Wenn Luiz Gustavo zu Besuch kommt, wohnt er einen Kilometer weiter, mit seiner Frau Milene und dem gemeinsamen Sohn Milan in einem seiner weiteren Häuser.
Während der Vater das erzählt, fahren Nachbarn vorbei. Alle grüßen, eine Frau ruft „parabéns!“, Glückwunsch für den Auftaktsieg. Es ist zu spüren, dass Luiz Antônio die Anerkennung der wohlhabenden Menschen um ihn herum gefällt. Aber auch, dass er weiß: Ohne seinen Sohn wäre er nicht hier. Er grüßt stets freundlich zurück.
Die Villa ist nicht protzig, aber sie könnte auch im Münchner Nobelvorort Grünwald stehen. Die Bodenfliesen des Pools im Garten ziert der Schriftzug „deus é fiel“, Gott ist treu, jene Worte, die Luiz Gustavo oft auf T-Shirts trägt.
Und nach der WM? Luiz Antônio sagt, was auch sein Sohn schon erzählt hat: „Alles ist möglich.“ Die Reise dürfte noch nicht beendet sein in Wolfsburg. England, Italien, Spanien – man wird sehen. Nach einer Stunde geht es dann wieder raus aus dem „Village“, zurück in Brasiliens Normalität.
Einem Stadtmagazin hat Luiz Gustavo erzählt: „Ich habe mich nicht verändert, ich bin mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben.“ Und dann sind da auch noch diese Sätze: „Es ist sehr schön, dort zu sein, wo ich gelernt habe Fußball zu spielen. Wenn ich in einigen Jahren zurückkomme, kann ich vielen Kindern als Vorbild dienen.“
Im Land des Exportweltmeisters ist dies allerdings auch ein gefährliches Vorbild.
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