Rio de Janeiro. Bosnien hat sein Gruppenspiel gegen Argentinien mit 1:2 verloren. Trotzdem waren die Spieler mit dem Ergebnis nicht unzufrieden - denn die “richtigen Gegner“ kommen erst noch. Bei Argentinien funktionierte nicht viel, Messi fordert deswegen schon ein anderes System.
Im Vorfeld der Partie wurde an vielen Stellen noch einmal die bewegende Geschichte von Bosniens erstem Länderspiel rekapituliert, jenem historischen Match in Tirana, bei dem die Gäste in Trikots aus einem Sportladen aus Zagreb aufliefen und nur mit sehr viel Mühe elf Kicker zusammen bekommen hatten.
Knapp 20 Jahre später stand das junge, von ethnischen Spannungen, Massenarbeitslosigkeit und einer Flutkatastrophe geplagte Land in seinem Weltmeisterschaftsspiel. Im Maracanã, gegen Lionel Messis Argentinien. Ein modernes Fußballmärchen.
Zvjezdan Misimovic aber sprach nach dem Schlusspfiff über die weiten teilen eher schleppend verlaufenen Partie, als ob es sich um ein Hinspiel im Intertoto-Cup gehandelt hatte. “Wir sind ganz zufrieden mit der Leistung”, sagte der ehemalige Wolfsburger mit einem Achselzucken, “mit dem Resultat können wir leben”.
Auch seine Mitspieler kamen bis auf den griesgrämigen Edin Dzeko ebenfalls federnden Schrittes aus der Kabine. Sie alle, erfuhr man bald, hatten am Sonntagabend laut eigener Einschätzung gar nicht den Auftakt in der Gruppe F bestritten, sondern nur eine Art Vorbereitungsspiel unter Wettkampfbedingungen, mit etwa 70.000 ununterbrochen singenden Argentiniern und 20.000 Brasilianern, die aus opportunistischen Gründen Safet Susic’ Team anfeuerten.
Besonderes Tor für Vedad Ibisevic
“Unsere Gegner kommen noch”, sagte Misimovic und verwies auf die Duelle mit Nigeria und Iran. Gegen WM-Favorit Argentinien hatte man sich von vornherein offensichtlich so wenig ausgerechnet, dass die Niederlage kaum ins Gewicht fiel. Natürlich sei es ein “besonderer Moment” gewesen, und noch dazu “ein besonderes Tor für mich”, sagt Vedad Ibisevic, der beim VfB Stuttgart beschäftigte Stürmer, mit seinem Anschlusstreffer zum 1:2 fünf Minuten vor Schluss noch einmal für ein wenig Herzrasen im Stadion gesorgt hatte.
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Aber wichtiger sei das Weiterkommen, und damit die restlichen zwei Spiele. “Wir haben uns darauf eingestellt, heute ein, zwei Tore zu kassieren”, sagte der in Heilbronn aufgewachsene Torhüter Asmir Begovic, “man musste davon ausgehen, zu verlieren.
Ärgerlich war aus Sicht der Bosnier allerdings, dass man es Südamerikanern so einfach gemacht hatte. Sead Kolasinac war nach nur drei Minuten eine Ecke von Messi unglücklich ans Schienbein gesprungen; “sehr blöd” (Begovic) trudelte der Ball von dort ins eigene Tor.
Die von Alejandro Sabella in einem vorsichtigen 5-3-2-System ins Turnier geschickte Albiceleste kam mit der frühen Führung kurioserweise schlechter zurecht als die Bosnier mit dem erwarteten Rückstand. Messi stand viel, der Ball lief wenig.
Diese Stars fehlen bei der WM
Erst als Sabella nach der Pause Gonzalo Higuain als dritten Stürmer brachte und auf das gewohnte 4-3-3 umstellte, fanden die Argentinier zu mehr Rhythmus. Ein explosives Solo von Messi (65.) entschied das Spiel. “Überragend gemacht, einfach fantastisch”, sagte Leverkusens Emir Spahic, und er lächelte dabei, als berichte er über einen mitreißenden Kino-Thriller.
Spahic’ Kollege Ermin Bicakcic (Eintracht Braunschweig) war als unglücklich agierender Statist beteiligt. Der 24-Jährige drehte sich dem Gegner bei der Grätsche mit dem Rücken zu und erwischte dabei nur Mitspieler Muhamed Besic.
Argentiniens Spieler wollen ein anderes System
Messi lief noch ein paar Meter, Begovic konnte gegen den platzierten Schuss nichts ausrichten. “Wir waren am Anfang nervös und angespannt”, erklärte der Superstar später und verabschiedete sich mit einem Plädoyer für das 4-3-3. “Ich fühle mich wohler, wenn ich zwei Stürmer vor mir habe”, sagte er.
Alle Argentinier einigten sich auf die Formel, dass man im gewohnten System sehr viel besser gespielt habe; es ging ihnen anscheinend darum, aus der Mixed Zone eine Botschaft an den Trainer zu senden. Dieser aber hatte seinen Irrtum selbst erkannt. “Ein, zwei Dinge habe ich falsch gemacht”, sagte Sabella, “aber wir sollten diese drei Punkte genießen”. Den Bosniern wäre das um ein Haar auch gelungen, aber für sie war es ja eher ein Abend der kleinen Emotionen. Ihre WM fängt erst am Samstag gegen Nigeria so richtig an.