Salvador. Jetzt beginnt die große WM-Party auch für Deutschland. Eine Woche konnten Joachim Löw und seine Titeljäger bei der Vorbereitung in der Wohlfühl-Oase Campo Bahia die brasilianische Ursprünglichkeit genießen, nun müssen sie ran.
Am Montag muss der dreimalige Fußball-Weltmeister gegen starke Portugiesen nun in der hektischen Millionen-Metropole Salvador vor den Augen der Welt die Wettbewerbsfähigkeit nachweisen.
«Es ist wichtig, dass jeder zu hundert Prozent da ist», gab Joachim Löw seinen Stars mit für das heiße Duell gegen Cristiano Ronaldo und Co. in der Arena Fonte Nova von Salvador. Auch Manuel Neuer bestätigte nach seiner Schulterverletzung rechtzeitig seine WM-Fitness ohne Einschränkungen: «Ja ich bin fit. Ja, richtig fit», erklärte die deutsche Nummer 1 in der ARD.
Mit einem Sieg im ersten Gruppenmatch will das Team um Kapitän Philipp Lahm sofort eine Stimmungsrakete zünden, die sowohl in der 9000 Kilometer entfernten Heimat als auch im WM-Land für Aufsehen sorgen soll. «Damit die anderen Nationen auf uns gucken und sagen: Wow, die Deutschen sind da», sagte Deutschlands Liebling Lukas Podolski vor seinem 115. Spiel im Adler-Trikot.
Das DFB-Team tritt bereits zu seinem 100. WM-Spiel an - Weltrekord. Nicht einmal der fünfmalige Champion Basilien, für den das 3:1 gegen Kroatien der 98. WM-Auftritt war, kann mehr bieten.
Löw hat seit dem Trainingsstart vor dreieinhalb Wochen in Südtirol viel geprobt, dabei wurde seit der Ankunft in Brasilien auch der Anstoß in der Mittagshitze getestet. «Montag ist keine Simulation mehr», formulierte der Bundestrainer deutlich.
«Es ist etwas ganz Besonderes, wenn die ganze Welt draufschaut», sagte Podolski, der wie Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Per Mertesacker in die dritte WM geht. Für Stürmer-Oldie Miroslav Klose, dem noch ein Treffer zum WM-Torrekord der Brasilien-Legende Ronaldo (15) fehlt, ist es sogar schon der vierte Auftritt auf der bedeutendsten Fußball-Bühne der Welt.
Nach sieben Tagen intensiver Trainingsarbeit im Basiscamp in Santo André sieht Löw sein Team bereit für den «harten Brocken» Portugal. Gegen die Nummer vier der Weltrangliste hat das DFB-Team nach dem EM-Debakel von 2000 bei Turnieren immer knapp gewonnen.
«Es wächst immer mehr zusammen», sagte der 54-Jährige Löw vor seinem vierten Turnier als Bundestrainer optimistisch. Die Fans sind gespannt auf sein WM-Team 2014, das für viele noch eine Wundertüte ist. Für den Auftakt zeichnen sich einige Überraschungen und Risiken ab.
Mit Boateng, Mertesacker, Hummels und Höwedes in der Abwehrkette wird Löw gleich vier Innenverteidiger aufbieten, die Außenbahnen sind somit vorrangig defensiv besetzt. Davor sollen Lahm, Sami Khedira und Toni Kroos für Organisation im Mittelfeld sorgen. Offensiv hat der Bundestrainer Thomas Müller, Mesut Özil und wohl André Schürrle als Startkräfte vorgesehen, womit Löws vorsichtiges Spielkonzept weiter verdeutlicht wird. Die bisherigen Spiele der 20. WM demonstrieren aber vor allem: Die Konkurrenz zeigt Power- und Tempofußball vom Feinsten.
Die DFB-Kicker sind sicher, nicht nur mithalten, sondern das Turnier sogar prägen zu können. «Wir sind alle top austrainiert, dass wir mit voller Kraft auf dem Platz auftreten können», sagte WM-Neuling Benedikt Höwedes. Der Nachholbedarf von Khedira sieben Monate nach seinem Kreuzbandriss oder auch Kloses Fitnessprobleme sowie die Trainingspausen von Torwart Neuer, Vize-Kapitän Schweinsteiger und auch Lahm wurden zuletzt von der sportlichen Leitung gar nicht mehr thematisiert.
Der Ehrgeiz bei den 23 deutschen Akteuren ist noch gewachsen. «Ich habe ein großes Ziel: Am Ende den Pokal zu haben», tönte Podolski vor der vom serbischen Referee Milorad Mazic geleiteten ersten Gruppenpartie. 300 000 Euro pro Mann würde der DFB als Prämie zahlen. Podolski weiß aber auch, dass die gute Stimmung im Team genährt werden muss. «Im Turnierverlauf wird immer alles von den Ergebnissen abhängen», sagte der Angreifer des FC Arsenal.
Zum Auftakt wird viel darauf ankommen, wie Boateng im Verbund mit seinen Mitspielern den Weltstar Cristiano Ronaldo ausschalten kann. «Er erzielt in einer Saison 50 Tore. Und auch bei Portugal macht er viele entscheidende Dinge», erinnerte Löw. Dennoch sei es vor 48 747 Zuschauern kein Spiel «Deutschland gegen Ronaldo, sondern Deutschland gegen Portugal», unterstrich Höwedes.
Millionen in der Heimat vor den TV-Geräten und Großbildschirmen, rund 5000 deutsche Anhänger im Stadion und Bundeskanzlerin Angela Merkel als Edelfan auf der Tribüne in Salvador werden mitfiebern. «Ich drücke natürlich der deutschen Mannschaft unheimlich die Daumen, dass sie möglichst weit kommt. Aber es wird ein hartes Ringen werden», erklärte Merkel, die seit der WM 2006 bei allen großen Turnieren Spiele live verfolgt hat.
Merkels Lieblingsspieler Mesut Özil und Bastian Schweinsteiger werden mit unterschiedlichen Rollen ins Turnier starten. Spielmacher Özil soll trotz zuletzt durchwachsener Leistungen, die dem England-Legionär viel Kritik in der Heimat eingebracht haben, der Ideengeber sein. Podolski appellierte nur: «Lasst den Jungen doch einfach Fußball spielen.»
Schweinsteiger wird erstmal das prominenteste Mitglied der von Löw gegründeten Spezialkräfte auf der Ersatzbank. «Im Laufe des Turniers wird jeder Spieler eine wichtige Rolle spielen. Wie bei allen anderen Turnieren wird auch für die WM 2014 gelten: Die erste Elf wird nicht die letzte Elf sein», meinte Manager Oliver Bierhoff.