München. Das knifflige WM-Abenteuer beginnt! Nach einem letzten Durchpusten im Familienkreis startet Joachim Löw in Mainz mit der Generalprobe gegen Sparringspartner Armenien die Brasilien-Mission der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
Trotz einiger empfindlicher Störfälle in der bisherigen Turniervorbereitung soll am 13. Juli in Rio de Janeiro die Reise mit einem triumphalen Finale enden. "Weltmeister werden diejenigen, die als Mannschaft am besten funktionieren", sagte der Bundestrainer vor der Zusammenkunft der 23 WM-Fahrer am Donnerstag.
Löws Team gleicht freilich noch einer Großbaustelle, und diese muss der 54-Jährige unter hohem Zeitdruck bis zum 16. Juni erfolgreich schließen. "Wenn wir gegen Portugal spielen, wollen wir gewinnen", sagte Löw zum "Tag X" in Salvador. Bis dahin sollen sich die noch vorhandenen Fragezeichen hinter Leitfiguren wie Kapitän Philipp Lahm, Torwart Manuel Neuer, Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger, Torjäger Miroslav Klose und "Leader" Sami Khedira in Ausrufezeichen verwandeln.
"Letztendlich entscheidet der Kopf, wie die Weltmeisterschaft läuft", glaubt der 29-jährige Schweinsteiger vor seinem dritten WM-Turnier. "Vom individuellen Können waren wir noch nie so gut besetzt bei einer WM. Die Hoffnung ist, dass alle fit sind bis zum Start. Dann sehe ich uns als absolute Top-Mannschaft", beschrieb der Münchner Toni Kroos das auch im Endspurt dominierende Prinzip Hoffnung.
Neuer, Lahm und Schweinsteiger setzten auch am Mittwoch auf dem Vereinsgelände des FC Bayern München ihr Aufbauprogramm fort. Neuer absolvierte jedoch bei der Vormittagseinheit weiterhin kein Torwarttraining. Die optimistische Prognose von Löw, dass der Schlussmann nach seiner Schulterverletzung aus dem DFB-Pokalfinale schon beim letzten WM-Test gegen Armenien wieder auflaufen könnte, dürfte sich kaum erfüllen. "Wichtig ist, wenn die Pflichtspiele anfangen", hatte Bayern-Kollege Thomas Müller mit Blick auf die noch um Form und Fitness ringenden Akteure bemerkt.
"Wir haben einen ausgewogenen Kader, wir haben jede Position doppelt besetzt", beruhigte WM-Projektleiter Löw. Auch im Sturm, den er nach der Ausmusterung des Hoffenheimers Kevin Volland nominell allein mit dem bis zum Turnierstart 36 Jahre alten Klose besetzt hat, sieht er Alternativen mit Mario Götze oder auch WM-Torschützenkönig Müller. Der geht freilich davon aus, dass er auf der rechten Seite ins Turnier starten wird. "Ich habe, schätze ich mal, 95 bis 99 Prozent meiner Länderspiele rechts gemacht."
Die zwei freien Tage wollten die Spieler "noch mal genießen", etwa mit Freunden, wie der Dortmunder Marco Reus berichtete. Mario Götze konnte seinen 22. Geburtstag ebenso daheim feiern wie Lukas Podolski seinen 29. am Mittwoch. Totales Abschalten aber hatte der Bundestrainer seinen WM-Fahrern untersagt. "Man darf jetzt nicht komplett runterfahren, sondern muss im Rhythmus bleiben", betonte auch Reus.
Keine 24 Stunden nach dem Abpfiff des Armenien-Spiels hebt der Charterflieger mit dem DFB-Tross am Samstagabend von Frankfurt aus nach Brasilien ab. Nach einem Flugzeug-Wechsel in Salvador soll nach der Landung in Porto Seguro am frühen Pfingstsonntag (Ortszeit) das Team-Quartier in Santo André bezogen werden.
Im neu erbauten "Campo Bahia", dass - wie Löws Mannschaft - auch erst auf den letzten Drücker fertig geworden ist, werden die 23 Spieler auf vier Wohneinheiten für jeweils sechs Mann verteilt. Die WM-Veteranen Lahm, Schweinsteiger, Klose und Per Mertesacker setzt Löw dabei quasi als Herbergsväter ein. "Die erfahrenen Spieler werden die Anführer sein", berichtete Mertesacker. Er sei gespannt, welche "Pappenheimer" ihm zugewiesen werden. "Es ist noch nicht final entschieden, aber das wird ein schöner Mix", bemerkte der Abwehrchef. Löw möchte besonders vermeiden, dass ausschließlich Bayern- oder Dortmund-Profis unter einem Dach wohnen.
Die Vorfreude auf das Camp und vor allem auf die WM sei "riesengroß", berichtete Müller: "Die WM ist das größte Fußballereignis, das spürt man überall, an jeder Ecke." Auch Löw freut sich auf "Fußball pur" im Land des Rekordweltmeisters, so, wie er es bereits vor einem Jahr beim Confederations Cup live miterleben konnte. Besonders bei Auftritten des WM-Gastgebers. "Da hat man in der Luft gespürt, dass heute Brasilien spielt. Es war eine elektrisierende Stimmung, alles war in gelb-grün - faszinierend." Das Abenteuer kann beginnen!