Berlin. Erst scherzte Joachim Löw im VIP-Bereich mit Pokal-Überraschungsgast Tom Hanks, dann fuhr dem Bundestrainer auf der Tribüne der Schreck gleich mehrfach in die Glieder. Nach Vizekapitän Bastian Schweinsteiger wurde beim DFB-Pokalfinale auch noch Anführer Phillip Lahm zum WM-Patienten.
Zwar gab der Kapitän in einem Halbzeittelefonat dem Bundestrainer im Stadion eine erste leichte Entwarnung: "Meinem Fuß geht es nicht gut. Aber mein Gefühl sagt mir, dass es nicht so schlimm ist." Endgültige Klarheit über die Schwere der Verletzung am linken Bein, die Lahm nach 30 Finalminuten im Berliner Olympiastadion zur Untätigkeit verurteilt hatte, kann aber erst eine Untersuchung am Montag bringen.
"Es hat sich ein bisschen was verschoben im Sprunggelenk. Die Kapseln haben vielleicht ein bisschen was abbekommen", sagte der malade Lahm nach dem 2:0-Sieg seines FC Bayern gegen Borussia Dortmund. Bei der Siegerparty am Sonntag auf dem Münchner Rathausbalkon berichtete er von einem "unveränderten" Stand: "Morgen werden die Bilder gemacht, dann werden wir sehen, was rauskommt."
Schweinsteiger schaut beim eigenen Rekord nur zu
Schweinsteiger hatte wegen neuer Knieprobleme seinen siebten nationalen Cupsieg und damit den persönlichen deutschen Pokalrekord nur als Zuschauer mitfeiern können. Bayern-Torwart Torwart Manuel Neuer erlebte die Party am Sonntag mit geprellter Schulter. Und Dortmunds Mats Hummels hatte die 120 Minuten wegen Fußblessur nur mit Schmerztabletten durchgehalten.
"Es war sicher auch kein Spiel für Jogi Löw, wie viele Spieler da rumgehumpelt sind", bemerkte BVB-Coach Jürgen Klopp mit heiserer Stimme. Doch alle Protagonisten bemühten sich, vor dem Start des WM-Trainingslagers am Mittwoch in Südtirol Panik zu vermeiden. "Na klar" werde er mit nach Brasilien fliegen können, versicherte Lahm. Die erste Diagnose sei "nicht wirklich wild", ergänzte der 30-Jährige. "Wir haben noch was vor." Hummels musste sofort nach dem Abpfiff einen Schuh wechseln, betonte aber: "Das wird ab Mittwoch wieder in Ordnung sein." Auch bei Neuer gibt es keinen WM-Alarm.
Bei Patient Schweinsteiger könnte dies anders aussehen. In der Woche vor dem "deutschen Wembley" konnte der Mittelfeldmann nur zweimal fünf Minuten leicht laufen, hatte sein Trainer Pep Guardiola verraten und zur weiteren WM-Prognose an Doktor Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt verwiesen. Der Münchner Mediziner betreut die Bayern- und die DFB-Stars. Schweinsteiger selbst glaubt nicht, dass man sich Sorgen bezüglich der Weltmeisterschaft machen müsse: "Nein. Es sieht schon viel besser aus." Es sei "wie eine Erkältung", bemerkte der 101-fache Nationalkicker: "Es ist eine Entzündung, die muss abheilen."
Khedira in der Madrider Startelf
Mitte oder Ende der Woche will Schweinsteiger wieder trainieren, wenn Löw seinen vorläufigen 27-köpfigen WM-Kader im Passeiertal zum wichtigen zehntägigen Trainingscamp versammelt. Er gehe davon aus, dass Schweinsteiger voll einsatzfähig und belastbar sein werde, meinte Löw, der im Promibereich des Olympiastadions überraschend mit Hanks zusammengetroffen war. "Panische Angst" war einer der ersten Filme mit dem US-Schauspieler - davon ist das DFB-Team weit entfernt.
Aber die Uhr tickt - am 16. Juni im ersten WM-Gruppenspiel gegen Portugal muss alles passen. "2010 haben wir bewiesen, was möglich ist. Da gab es vor der WM schon Panik, nachdem sich Kapitän Michael Ballack verletzt hatte. Die Deutschen haben bislang immer gezeigt, dass wir uns in einem Turnier steigern können und gut sind, wenn wir eine gute Vorbereitung haben", sagte Stürmer-Routinier Miroslav Klose. Zumal es auch gute Nachrichten gab, besonders von Sami Khedira. Der Real-Profi, der jüngst nach einem Kreuzbandriss zurückgekehrt war, stand am Wochenende beim 3:1-Sieg von Madrid gegen Espanyol Barcelona in der Startelf und spielte 64 Minuten.
Auch der 35-jährige Klose, in der WM-Saison von Verletzungen gebeutelt, sieht sich selbst trotz Fitness-Rückstandes auf einem guten Weg. "Ich bin zwar nicht in absoluter Topform, um morgen eine WM spielen zu können. Aber es gibt keinen Grund zur Beunruhigung", sagte der 131-malige Nationalspieler in der "Welt am Sonntag". (dpa)