Essen. Fifa-Chef Gianni Infantino hält die aktuelle Weltmeisterschaft für die bislang beste. Aber stimmt das? Ein Kommentar.
War Russland ein toller Gastgeber? War die Weltmeisterschaft 2018 die beste WM in der Geschichte des Fußballs? Fifa-Chef Gianni Infantino hat diese Frage jetzt breit grinsend mit einem „Ja“ beantwortet.
Noch läuft die Weltmeisterschaft. Wie Sport, Organisation und Stimmung der vergangenen Wochen einzuordnen sind, wird nach dem Finale vermutlich ausführlich beantwortet. Der Auftritt Infantinos stimmt aber bereits jetzt nachdenklich.
Bei Großveranstaltungen wie der WM oder Olympischen Spielen ist oft der Effekt zu beobachten, dass diejenigen, die sich mitten im Getümmel befinden, dieses positiver bewerten als diejenigen, die aus der Ferne draufschauen. Das wird man Infantino zubilligen müssen.
Hang zu Superlativen ist schwer zu ertragen
Dennoch ist der Hang zu Superlativen, der sich im Sport breit macht, häufig nur noch schwer zu ertragen. Ja, die WM in Russland war gut organisiert, sie verlief offenbar friedlich, es gab fröhliche Stimmung. Aber war es deswegen gleich die beste WM der Fußball-Geschichte? Man könnte anmerken, dass in autoritären Staaten mit hohem Polizeiaufgebot Organisation, Recht und Ordnung meistens besonders gut funktionieren. Aber ist das wirklich Grund zur Euphorie? Etwas weniger wäre auch hier eher mehr gewesen.
Wer Infantinos Worte hört, kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Fifa-Boss sich die Entscheidung für den schwierig vermittelbaren Gastgeber zum Teil schön redet. Deshalb spricht er auch von der brückenbauenden Funktion des unpolitischen Sports. Man wäre angesichts der dialogfördernden Olympischen Spiele auf der koreanischen Halbinsel geneigt, dem Fifa-Chef zuzustimmen, wenn man nicht ahnte, dass der politische Koloss Russland von dieser WM unberührt bliebe.