Frankfurt/Essen. Joachim Löw will Bundestrainer bleiben - trotz der größten Blamage der deutschen WM-Geschichte. Die Maulwurf-Geschichte belastet ihn.

Nicht einmal eine Woche hat Bundestrainer Joachim Löw nach der größten Blamage der deutschen WM-Geschichte gebraucht, um dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) seine Treue zu versichern. „Ich möchte mit ganzem Einsatz den Neuaufbau gestalten“, ließ der 58-Jährige mitteilen, als er am Dienstag die DFB-Zentrale an der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt/Main verließ. „Ich bin sehr dankbar für das Vertrauen, das der DFB weiterhin geschlossen in  mich setzt, und ich spüre trotz der berechtigten Kritik an unserem Ausscheiden auch generell viel Rückhalt und Zuspruch.“

Gut zwei Stunden hatte die Aussprache zur Mittagszeit beim DFB-Präsidenten Reinhard Grindel im Büro gedauert. Am Konferenztisch bei Kaffee, Wasser und Coca-Cola: die WM-Delegation mit den beiden Bundesliga-Vertretern Reinhard Rauball (Borussia Dortmund) und Peter Peters (Schalke 04) sowie mit  DFB-Vize Rainer Koch und Generalsekretär Friedrich Curtius. Und natürlich mit DFB-Direktor Oliver Bierhoff. „Es war mir wichtig, nach ein paar Tagen, in denen ich mir viele Gedanken gemacht habe, persönlich mit der DFB-Spitze zusammenzukommen“, so Löw.

Wirklich Neues hatte er dem Gremium nicht mehr zu berichten. Am Morgen war schon von der Löw-Seite durchgesickert, dass er, seit 2006 im Amt, seinen Arbeitsvertrag bis 2022 doch erfüllen will.  Er weiß selbst: Er arbeitet jetzt auf Bewährung. Es geht nicht allein um die Vorrundenpleiten gegen Mexiko (0:1) und Südkorea (0:2).

FAZ-Vorwürfe gegen Bundestrainer Löw

Am selben Morgen hatte die FAZ von Unmut unter den Nationalspielern berichtet, dass Löw das sportliche Desaster mit einer gewissen Sorglosigkeit in der WM-Vorbereitung provoziert habe. Die Spieler blieben anonym. Aber jetzt hat die DFB-Spitze eine Maulwurf-Geschichte am Hals. Präsident Grindel spielt deshalb auf Zeit.

Er sei zwar der „festen Überzeugung“, dass Löw „sehr genau analysieren, die richtigen Schritten einleiten und unsere Mannschaft zurück in die Erfolgsspur führen wird“, so der DFB-Chef in seiner Mitteilung. „Wenige Tage nach einem solchen Turnier-Aus eine umfassende Analyse einzufordern, wäre verfrüht.“ Aber er ließ keinen Zweifel: Löw muss zum Rapport.

Der DFB-Präsident erwartet detaillierte Antworten auf die Misere.

Reinhard Grindel wörtlich: „Der Bundestrainer und Oliver Bierhoff sollen sich die notwendige Zeit nehmen, um das Turnier sportlich aufzuarbeiten und dem Präsidium vor dem Länderspiel am 6. September gegen Frankreich, in dem wir in der Nations League gleich gefordert sind, eine umfangreiche Analyse vorzustellen.“

WM-Analyse bis zum Herbst

Zwei Monate bis zum Länderspiel in München bleiben Löw also noch, letzte Zweifel an seiner Arbeit auszuräumen. Er weiß genau, wie es um ihn steht.

„Auch meine Enttäuschung ist nach wie vor riesig“, so Löw in seiner Stellungnahme, ohne auf die Maulwurf-Geschichte in der FAZ einzugehen. „Ich werde gemeinsam mit meinem Team analysieren, Gespräche führen und zum Start der neuen Saison die richtigen Schlüsse ziehen. Das alles braucht Zeit, wird aber alles rechtzeitig bis zum Start in die neue Länderspielsaison im September geschehen.“

Vorsorglich werden die Spieler in Stellung gebracht. Teammanager Bierhoff selbst rief Kapitän Manuel Neuer im Urlaub an, um von ihm folgendes Zitat für die Pressemitteilung zu erhalten: „Ich freue mich, dass wir mit Jogi Löw unseren lange Zeit erfolgreichen Weg fortsetzen können. Und ich habe das Vertrauen, dass wir wieder zu unserer Stärke finden.“

„Nach 14 Jahren erfolgreicher Arbeit“, erläuterte Oliver Bierhoff später, „müssen wir nun einen Neuaufbau starten.“ Der 50-Jährige stellte auch „strukturelle Veränderungen“ in Aussicht.

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