Bochum. Der VfL Bochum setzt vor dem Start in die neue Saison der 2. Bundesliga voll auf die Karte Peter Neururer. Der soll neben Fan-Enthusiasmus auch für sportlichen Erfolg sorgen. Vom Aufstieg geht der Kult-Coach nicht aus - dagegen sträuben würde er sich aber nicht.
Seinen besten Spieler und zwei weitere Leistungsträger hat er verloren, aber
Peter Neururer wäre nicht er selbst, wenn er deshalb kleine Brötchen backen
würde. ''Der Aufstieg kommt zu früh' ist ein unglaublich blöder Spruch", sagte
der Trainer des VfL Bochum vor dem Start in die neue Saison der 2.
Fußball-Bundesliga beim Geheimfavoriten Union Berlin am Sonntag (15.30
Uhr live bei uns im Ticker).
Der "Menschenbeschwörer" Neururer, wie ihn das Magazin
11Freunde genannt hat, will mit aller Macht dafür sorgen, dass aus dem
Fast-Absteiger der vergangenen Saison ein Aufstiegskandidat wird - trotz der
Abgänge von "Jahrhunderttalent" Leon Goretzka (Schalke 04), Christoph Kramer
(Borussia Mönchengladbach) und Mark Rzatkowski (FC St. Pauli).
Und der
58-Jährige, der nach langer Arbeitslosigkeit und überstandenem Herzinfarkt
erstmals seit vier Jahren wieder ein Profiteam auf eine Saison vorbereiten
durfte, steckt mit seinem Enthusiasmus ganz Bochum an. "Ich fühle mich
wunderbar", sagt er, "ich habe wieder die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, ich
kann eine Mannschaft formen. Das ist super, das macht ungeheuren Spaß. Ich
stelle mich der Herausforderung und der Verantwortung."
Neu formierte Bochumer Mannschaft hofft auf Neururer-Effekt
Der offiziellen
Sprachregelung zufolge wollen sich die Bochumer nach der gerade glimpflich
ausgegangenen Vorsaison noch ein Jahr lang konsolidieren. Der Aufstieg soll dann
erst 2014/15 in Angriff genommen werden. Doch Neururer setzt auf die
Unwägbarkeiten des Geschäfts: "In der letzten Saison ist Eintracht Braunschweig
hochgerutscht, weil sie einen Lauf hatte." Er betont aber auch, dass es
"falsch" wäre, den Aufstieg als Ziel auszugeben: "Wir dürfen nicht unrealistisch
werden."
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Auch Neururer weiß nicht, ob seine völlig neu formierte
Mannschaft (15 Ab-, 12 Zugänge, ein Stürmer wird noch gesucht) im Ernstfall
funktioniert. Zu Routiniers wie Christian Tiffert, Heiko Butscher, Marcel
Maltritz und Slawo Freier gesellen sich zahlreiche Talente, deren Entwicklung
zuletzt stockte. So etwa Richard Sukuta-Pasu, Florian Jungwirth und Danny Latza,
alles U19-Europameister von 2008. Nicht nur sie hoffen auf einen
Neururer-Effekt.
Kult-Coach mit Hang zum Klamauk
In Bochum hat der Kult-Coach mit seiner
Sechs-Spiele-Rettungsmission am Ende der vergangenen Spielzeit einen Hype
entfacht. Der ewige Optimist Neururer tut dem Verein und der krisengeschüttelten
Ruhr-Stadt gut. Man identifiziert sich wieder mit dem VfL, auch wenn sich nicht
wenige Fans von dem äußerst mitteilungsbedürftigen Trainer manchmal etwas mehr
Zurückhaltung und weniger Hang zum Klamauk wünschen würden.
Tanzeinlagen, Haare färben, Donald-Duck-Ansprachen
So wie
kürzlich, als Neururer sich bemüßigt fühlte, aus heiterem Himmel den DFB und
Bayern-Sportdirektor Matthias Sammer zu beschimpfen. Oder beim jüngsten Fall:
Trotz aller Beteuerungen, "Luftnummern" wie Tanzeinlagen vor den Fans oder
Einfärben der Haare in Vereinsfarben bleiben zu lassen, gab er der Bild-Zeitung
nun ein weiteres merkwürdiges Versprechen: Sollte der VfL vorzeitig aufsteigen,
will er die letzte Mannschaftssitzung in Donald-Duck-Sprache
halten.
Sei's drum: Der VfL verkauft derzeit im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum 15 Prozent mehr Dauerkarten, Sprüche Neururers werden auf
T-Shirts gedruckt. Die erste Auflage war im Handumdrehen vergriffen. Was die
Fans da auf ihrer Brust spazieren tragen, beweist, dass in Neururers Kopf für so
gut wie alles Platz ist - für Selbstzweifel und Versagensängste allerdings
nicht: "Bochum kann Meister werden", steht dort, "aber nicht sofort". (sid)