Bochum. . Interimstrainer Karsten Neitzel gibt sich vor seiner Premiere als (Interims-)Cheftrainer einer Profimannschaft vom Erfolg des VfL Bochum überzeugt - beim wichtigen Pokalspiel am Dienstagabend beim Viertligisten TSV Havelse. Es sei „doch eine dankbare, ist eine lösbare Aufgabe für uns.“

Seine Wortwahl entspricht (noch) mehr dem Fußballer-Jargon als bei seinem Vorgänger, als bei Andreas Bergmann. Das überraschte keinen, der den bisherigen Co-Trainer des VfL Bochum, den im Training und Spiel oft so lautstarken, emotionsgeladenen Karsten Neitzel (44) ein paar Mal beobachtet hat.

Und an seiner Art änderte der gebürtige Dresdener auch nichts, als er am Montag erstmals auf dem Podium des Medienzentrums saß; als Interimschef des abgestürzten Zweitligisten, der assistiert wird von Thomas Reis; als Trainer einer Mannschaft, die beim 1:6 in Aue vermöbelt wurde - und die heute, ab 20.30 Uhr, beim Nord-Regionalligisten TSV Havelse (live im DerWesten-Ticker) das sportlich wie finanziell überaus bedeutende Pokalspiel gewinnen muss. Der Einzug in die dritte Runde bringt garantierte rund 500 000 Euro. „Unsere finanzielle Situation ist angespannt. Es wäre schon ein großer Brocken, wenn wir das Spiel gewinnen würden“, machte Sportvorstand Jens Todt nochmal klar.

„Wir haben auf die Fresse bekommen“

Für Neitzel keine Frage: „Wir haben auf die Fresse bekommen“, sagte er. Danach habe es gekracht in der Kabine, habe die Mannschaft eine „unfassbare Selbstkritik“ gezeigt. Es gab „verbale Entgleisungen“, so Neitzel, und Mittelfeld-Routinier Slawo Freier sprach von einer „Rangelei unter Männern“. Die aber, gottlob, „im Rahmen“ (des Erlaubten) blieb.

Neitzel waren diese Szenen der Wut eine helle Freude.

Ein reinigendes, teaminternes Gewitter als Zeichen der Wende? Oder, in den Worten von Innenverteidiger Lukas Sinkiewicz: „Aus Stunk entsteht Erfolg“? Neitzel sagt: „Die Mannschaft hat spürbar gemacht, dass sie dieses 1:6 sofort vergessen machen will. Es ist Feuer drin. Ich bin mir sicher, dass wir am Dienstag als Sieger vom Platz gehen werden.“

Der Ex-Profi, geprägt von zehn Jahren als Co-Trainer unter Volker Finke in Freiburg, ist eben ein Mann der klaren Worte. Ob er auch ein Mann für große Taten ist, wird sich zeigen. Zunächst gilt er nur als Lösung auf Zeit.

Die Suche nach einem Nachfolger jedenfalls läuft seit Sonntagabend, seit Andreas Bergmann, der noch am Abend der Trennung seine Sachen packte und erstmal Abstand gewinnen will, auf Hochtouren. Peter Neururer, immer noch von etlichen Fans ins Herz geschlossen, wird es nicht, so viel ist klar. Marco Kurz (1. FC Kaiserslautern) ist ein Kandidat, gilt aber als nicht sonderlich günstig. Andre Schubert (zuletzt FC St. Pauli) dürfte einer sein, gilt aber als menschlich schwierig. „Wir werden uns nicht treiben lassen“, sagte Jens Todt zum „Fahrplan“ nur. Vermutlich sind Neitzel und Reis auch gegen Cottbus am Sonntag noch verantwortlich.

Neitzel spricht von Kampf, Einsatz und Willen

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Inhaltlich hat Neitzel dabei nicht viel Anderes gesagt als sein Vorgänger, mit dem er ja auch seit September 2011 ein Team gebildet hatte, mit dem er einen „sehr intensiven Kontakt“ hatte, so Neitzel („Da bleibt nichts Negatives hängen“). Die „ Grundtugenden“ seien immer, aber jetzt mehr denn je „gefordert“, Kampf, Einsatz, Willen. Man dürfe aber „das Spielerische“ nicht vergessen, auch und gerade bei einem zwei Klassen tiefer agierenden Gegner. Neitzel selbstbewusst: „Havelse ist doch eine dankbare, ist eine lösbare Aufgabe für uns.“

Klar ist: Alles umschmeißen kann und will er nicht. Immerhin vier Änderungen aber gibt es im Kader. Linksverteidiger Mounir Chaftar blieb zu Hause, für ihn beginnt Florian Brügmann. Regionalliga-Torjäger Daniel Engelbrecht (8 Tore) ersetzt den ligatorlosen Zlatko Dedic und der ebenfalls torlose Nika Gelashvili den noch einsatzlosen Mirkan Aydin (Rückenprobleme). Für den verletzten Andreas Luthe pariert Philipp Heerwagen, auf der Bank sitzt nun Nachwuchstorwart Daniel Heuer Fernandes. Auch Christoph Dabrowski kehrt nach langer Verletzungspause in den Kader zurück.

Denkbar ist, dass in der Startelf diesmal Kevin Scheidhauer zu Beginn stürmt, Lukas Sinkiewicz auf die Sechs vorrückt und Jonas Acquistapace in der Innenverteidigung neben Holmar Eyjolfsson agiert (Marcel Maltritz fehlt noch): Ein bisschen mehr Sicherheit im Zentrum könnte ja nicht schaden.