Bochum. Noch steckt ihm die Enttäuschung in den Knochen. Den Titel vor Augen ist Leon Goretzka vom VfL Bochum am Mittwoch in Slowenien mit der deutschen U17 nur Vizeeuropameister geworden. Doch der VfL kann sich freuen: Das Mittelfeld-Talent wird bald seinen Vertrag verlängern.

Der Graben zwischen Siegestaumel und Verliererfrust ist mitunter schmal. Erfahren musste das am vergangenen Mittwoch VfL-Talent Leon Goretzka. Dank seines Treffers hatte die U17 des DFB in Slowenien bereits die Hand am kontinentalen Pokal, dann wurde der Bochumer ausgewechselt, die Holländer erzielten in der Nachspielzeit den Ausgleich und triumphierten schließlich im Elfmeterschießen. Der Titel war futsch, kein Wunder, dass auch zwei Tage später bei Goretzka noch „die Enttäuschung überwiegt“.

Schwer war er in das Turnier gekommen, war nach dem Auftaktspiel „unzufrieden“ mit sich, steigerte sich dann aber, „wie die gesamte Mannschaft“. Bereits im Halbfinale gegen Polen erzielte der zentrale Mittelfeld-Spieler den entscheidenden Treffer, der die Titelträume erst so richtig beflügelte. Und nun war er in Ljubljana vor den Augen der europäischen Fußball-Gewaltigen erneut erfolgreich, wieder nach einem Eckball, wieder per Kopf; obwohl eben jenes Kopfballspiel bis zur EM, wie der 17-Jährige einräumt, „zu meinen Schwächen zählte“ und es in dieser Beziehung noch „viel Luft nach oben“ für ihn gebe.

Goretzka präsentiert sich nach seiner Rückkehr präzise und differenziert

Erstaunlich abgeklärt, präzise und differenziert präsentiert sich dieser Leon Goretzka nach seiner Rückkehr. Dass seine Auswechselung im Finale und der folgende Knockout anschließend auf deutscher Seite für „Gesprächsstoff“ gesorgt hatte und „kritische Stimmen“ zu vernehmen gewesen seien, erzählt er freimütig - und nimmt dann doch Stefan Böger, der nun vermutlich nach vier Jahren seinen Platz im Verband räumen muss, aus der Schusslinie: „Ich mache dem Trainer keinen Vorwurf, auch mache ich das Gegentor nicht an meiner Auswechselung fest.“

Warum Goretzka Kapitän dieser nun altersbedingt auseinander brechenden DFB-Mannschaft war, hat offensichtlich nicht nur mit seinen Qualitäten auf dem Rasen zu tun. Der Teenager denkt klar und formuliert beeindruckend druckreif. Die Schule will er auch als junger Profi und künftiger Zweitliga-Akteur nicht sausen lassen („Ich möchte auch eine Zukunft haben neben dem Sport“), in seiner Karriereplanung sollen alle zu ihrem Recht kommen. „Ich sehe keinen Grund, den Vertrag nicht zu verlängern“, sagt der Bochumer B-Junior, der - noch - in der A-Jugend spielt und nicht selten mit den Profis trainiert. In Kürze wird man also über die angedachte Vertragsverlängerung, sein aktueller Kontrakt läuft bis 2014, sprechen - und Goretzka kündigt bereits an, seinen Klub dabei nicht im Regen stehen zu lassen: „Wenn ich den VfL, für den ich seit der F-Jugend spiele, mal verlassen werde, dann möchte ich, dass der Verein auch etwas davon hat.“ Derartige Sätze hört man nicht so oft in diesem Gewerbe, umso schwerer wiegen sie.

Goretzka hält sich an die Realität

Die „ersten Schritte im Profifußball“ will er auf jeden Fall beim VfL machen, auch wenn er es „toll“ fände, mal bei den Bayern zu spielen. Wohl eher ein Traum, vielleicht ein Fernziel derzeit. Goretzka hält sich lieber an die Realität und in der empfindet er sich immer noch als Jugend-Spieler, dessen „erstes Ziel es bleibt, mal ein, zwei Spiele bei den Profis“ zu machen. Der Vizeeuropameister weiß, dass man in seinem „Alter nicht so konstant“ spielen kann, weiß auch, dass er vermutlich irgendwann „in ein Loch fallen“ wird. Er will „nicht zu große Erwartungen wecken“.

Und tut es dann unwillkürlich doch. Denn vor den Bayern zählt für ihn vor allem das: „Den VfL wieder in die Erste Liga zu bringen.“