Bochum. Obwohl die Schulden bis zum Saisonende auf etwa sechs Millionen Euro steigen werden, will man beim VfL Bochum auch in der kommenden Spielzeit das Ziel Aufstieg nicht aus den Augen verlieren.
Einige sprechen von Ausverkauf, andere sehen den VfL Bochum bereits auf dem Weg in die dritte Liga oder gar in die Insolvenz. Wie es um den Klub momentan tatsächlich bestellt ist, darüber sprachen vor dem Heimspiel gegen Hansa Rostock die beiden Vorstände Jens Todt (42) und Ansgar Schwenken (42) mit WAZ-Redakteur Michael Eckardt.
Kurz gefragt, muss man sich Sorgen machen um den VfL?
Jens Todt: Hier muss niemand Angst um den Klub haben. Wir haben einen Weg eingeschlagen, mit dem ich sehr zufrieden bin. Wir haben die Liquidität erheblich verbessert, ohne sportliche Substanz verloren zu haben.
Also ist die laufende Saison finanziert?
Ansgar Schwenken: Es ist zwar eng, aber diese Saison ist finanziert.
Wie eng ist es denn konkret? Die Saisonplanung, vorgetragen auf der letzten Mitgliederversammlung, ging von Verbindlichkeiten in Höhe von 3,5 Millionen Euro aus zum Ende dieser Spielzeit. Bleibt es dabei?
Schwenken: Wir werden vermutlich bei 6 Millionen landen nach diesen zwei Zweitligajahren. Das ist aber, dank der Transfererlöse, immer noch ein geringerer Verlust als in unserer Zweitligasaison 2005/2006. Damals waren es es rund 4,5 Millionen Euro.
Wie kommt denn die Differenz zustande zwischen den kalkulierten 3,5 Millionen und den jetzt als realistisch betrachteten 6 Millionen?
Schwenken: Wir verlieren an TV- und Zuschauer-Einnahmen jeweils etwa 500000 Euro im Vergleich zur Kalkulation.
Aber gleichen die Einnahmen aus dem DFB-Pokal diesen Fehlbetrag nicht aus?
Schwenken: Wir können damit dieses Minus tatsächlich zwar nicht ganz, aber annähernd kompensieren.
Dann bleibt ja nur noch der Sestak-Transfer als großer Verlustbringer. 2,8 Millionen Euro waren mit MKE Ankaragücü vereinbart, wie viel davon ist bislang beim VfL Bochum angekommen?
Schwenken: Es fehlen noch 2,3 Millionen Euro, davon wären 950000 Euro bereits fällig gewesen. Deshalb die 6 Millionen, von denen ich eingangs gesprochen habe.
Haben Sie sich in dieser Angelegenheit etwas vorzuwerfen, waren Sie zu blauäugig?
Todt: Wir müssen schon offen ansprechen, dass uns der Ausfall der Sestak-Gelder trifft. Wir standen unter Zeitdruck. Es hat leider eine vertragliche Konstruktion gegeben, nach der wir nach Ablauf einer bestimmten Frist die Transferrechte verloren hätten. Wir werden jetzt einen Titel erwirken und müssen dann sehen, was mit Ankaragücü passiert.
Schwenken: Jedenfalls haben wir über die Sportgerichtsbarkeit mehr Chancen Geld zu bekommen als wenn wir es in der Türkei zivilrechtlich versuchen würden.
Man könnte angesichts der Zahlen meinen, dass die finanzielle Not Ihre Transferpolitik diktiert hat. Ist es so?
Todt: Nein, wir waren nie getrieben, etwas zu tun.
Schwenken: Wir haben kein Tafelsilber weggeben. Im Angriff haben wir einen Tausch vorgenommen, der wirtschaftlich ausgeglichen ist, uns aber einen Spieler mit dreieinhalbjähriger Vertragslaufzeit beschert. Das stellt für uns einen ganz anderen Wert dar.
Um 20 Prozent etwa, so wurde bereits kommuniziert, soll der Profi-Etat in der kommenden Saison gesenkt werden. Wie viel Geld steht genau zur Verfügung?
Todt: Mit den geplanten 7,5 Millionen Euro werden wir knapp oberhalb des Zweitliga-Durchschnitts liegen. Aber ich will gar nicht jammern, sondern kämpferisch an die Sache herangehen. Wir planen auch keine Einschnitte bei der Verwaltung.
Schwenken: Wir vermarkten uns inzwischen vollständig selbst und haben dadurch unsere Erlöse steigern können. Außerdem wollen wir den engen Kontakt zu unseren Fans beibehalten.
Was werden diese Fans denn zu sehen bekommen? Das große Ziel ist ja weg.
Todt: Es wird ein harter Weg, den die Fans hoffentlich mitgehen werden. Wir wollen aber weiter offensiv und mutig spielen. Hier wird nichts plätschern, wir werden keinen Punkt herschenken.