Da sitzen sie nun nebeneinander an einem langen Tisch, die Mikrofone und Medienvertreter vor sich: die beiden Vorstandsmitglieder des VfL Bochum, der Pressesprecher, Bochums Rekordspieler „Ata“ Lameck und - in der Mitte platziert - Rolf Schafstall. Das Bild wirkt seltsam vertraut, und als ein gelegentlich humoristisch begabter Kollege raunt, es handele sich bei dieser Veranstaltung offenbar um die Vorstellung des neuen Trainers, ist klar warum.
Aber keine Angst. Im kommenden Februar wird der wohl für immer und ewig knorrig-rüstige Schafstall 75, und sollte er auch künftig im Bochumer Stadion gesichtet werden, dann auf einem der inzwischen sehr komfortablen Tribünensitze. Wiewohl er begonnen hat zu schwänzen. Die letzten beiden Heimspiele, gibt der ansonsten treue Besucher zu, habe er sich nicht angesehen. Dazu ein vielsagender Blick. Man ahnt den Grund.
Eigentlich geht es hier gar nicht um Schafstall, auch nicht um Lameck und nicht einmal ausschließlich um den VfL Bochum, sondern um 100 Jahre Fußball an der Castroper Straße; aber das alles ist ja unentwirrbar miteinander verwoben. Schafstall, immerhin dreimal Trainer des VfL, ist Zeitzeuge wie „Ata“, der nahezu sein komplettes sportliches Leben an dieser Straße und in diesem Stadion verbracht hat, von dem Ansgar Schwenken sagt, dass es „mitten in der Stadt verankert“ sei - „ohne Firlefanz und Schnickschnack, mit geraden Linien“. Und dann lehnt sich der Finanzvorstand weit aus dem Fenster und sagt: „Wir werden diesen Standort definitiv nicht mehr aufgeben.“
Vielmehr will man ihn feiern und hochleben lassen mit einer Festwoche vom 4. bis 9. Oktober. Fotos werden gezeigt und Filme, Autor Henry Wahlig wird sein lesens- und sehenswertes Werk „Anne Castroper“ und damit 100 Jahre Stadiongeschichte vorstellen, aktuelle und ehemalige Spieler machen einen Zug durch die Gemeinde, die aus elf so genannten „Bekennerkneipen“ besteht, Hermann Gerland (Bochumer in München) und Intendant Anselm Weber (Münchener in Bochum) bedienen talkend den „Live-Ticker VfL“ und so weiter und so fort. Mag die sportliche Realität auch noch so trist sein, so sollen doch die Feste gefeiert werden, wie sie fallen. Und Tradition will gepflegt sein. Die Castroper Straße ist immerhin nach dem Fürther Ronhof der Fußball-Standort in Deutschland mit der längsten Geschichte. Und seien wir mal ehrlich: Angesichts der dortigen „Trolli-Arena“ sind wir mit dem „rewirpower-Stadion“ in Bochum doch noch gut bedient.
Von „fünf schönen Jahren“ spricht Rolf Schafstall nun und lässt dabei die verheerenden vier Monate Anfang 2001 elegant außen vor. Die Erinnerung schweift weit zurück, vom „Zusammenhalt“ früher ist jetzt die Rede und davon, dass der VfL Bochum immer davon gelebt habe, junge Spieler aufzubauen und zu fördern. Und plötzlich ist man in der Gegenwart angekommen. Es benötige halt „Zeit, eine Mannschaft aufzubauen, die dann auch in der Bundesliga bleiben“ könne, sagt Schafstall noch. Da sind schon alle aufgestanden. Termine.