Friedhelm Funkel hatte sich erstaunlich schnell abreagiert. Gelassen analysierte er eine halbe Stunde nach dem Abpfiff das „für Bielefeld verdiente 2:2“ und blickte gleich voraus.
„Wir fokussieren uns jetzt ganz auf das Spiel gegen Fortuna Düsseldorf“, schloss der Trainer des VfL Bochum und war keineswegs unzufrieden - obwohl seine Mannschaft trotz zweimaliger Führung die Chance verpasst hatte, auf Platz zwei zu klettern. Und obwohl in Christoph Dabrowski gegen die Fortuna der Kapitän fehlen wird - Folgen einer hitzigen Partie, in der auf einem „Kartoffelacker“, wie Mahir Saglik den holprigen Rutschrasen nannte, von Kombinationsfluss fast nichts zu sehen war - auf beiden Seiten.
Emotionen aber waren im Spiel, jede Menge: auf dem Feld, auf der Bank, auf den mit 3000 Bochumern und 14500 Bielefeldern stimmungsvoll gefüllten Rängen - und bei den Trainern. Bielefelds Ewald Lienen grätschte nach dem späten 2:2 eine Eckfahne weg, und Funkel knöpfte sich nach dem Schlusspfiff Schiedsrichter Tobias Christ vor. „Ich habe mit ihm über einige Dinge diskutiert“, sagte er später entspannt. Er meinte unter anderem die Szene vor dem Freistoß, der dem 2:2 vorausging, als Christ ein Handspiel Azaouaghs ahndete - eine knifflige Entscheidung. Und in der Nachspielzeit verweigerte er dem VfL einen Handelfmeter.
Für Funkel, den Beruhigten, war das alles eigentlich kein Thema mehr - wenn nicht Lienen seine seltsamen Ansichten vom Podium herab verkündet hätte. Mal ironisch, mal ernst gemeint fantasierte der Arminia-Coach vor sich hin. Funkel hörte unaufgeregt zu, ehe er sich zum „Eingreifen“ genötigt sah. Viele „schmutzige“ Fouls unterstellte Lienen den Bochumern, der Schiedsrichter habe sein Team da benachteiligt, und: „Wenn einer heute die Gelb-Rote Karte verdient hatte, dann Dabrowski.“ Starker Tobak. Funkel konterte die wirren Einlassungen cool: Von „schmutzigen Fouls“ könne keine Rede sein - „weder von uns noch von Bielefeld. Es war ein kampfbetontes, von Aggressivität geprägtes Spiel, da kommen Fouls vor.“
In der Tat. Und der VfL hatte es als Aufstiegsanwärter beim So-Gut-Wie-Absteiger versäumt, neben Kampf auch Klasse in die Partie zu bringen. Wenigstens: Ruhe, Souveränität im Spiel von hinten heraus. Die zuletzt so sichere Defensive taumelte, die Abwehr schwamm. Vielleicht auch, weil Funkel das System umgestellt hatte: Er hatte Andreas Johansson im zentralen Mittelfeld zugunsten eines zweiten Stürmers geopfert, von einem 4-1-4-1 auf ein 4-4-2 umgestellt, um mit langen Bällen auf schwierigem Boden zum Erfolg zu kommen. Wobei sich der blasse und wie gewohnt langsame Saglik in der ersten Halbzeit oft hinter Mirkan Aydin, dem besten Bochumer, fallen ließ.
Neben Chong Tese blieb überraschend auch Mimoun Azaouagh auf der Bank, für ihn spielte Giovanni Federico, ohne Akzente setzen zu können. Noch weniger fiel Ümit Korkmaz auf dem linken Flügel ein, und damit war es allein Aydin zu verdanken, dass der VfL gegen die aufopferungsvoll kämpfenden Bielefelder dennoch zweimal in Führung ging. Erst traf der lauffreudige 23-Jährige mit dem Außenrist, dann mit dem Kopf.
Dass es nicht reichte zum neunten Sieg in Serie, lag weniger am Schiedsrichter oder der - umstrittenen - Gelb-Roten Karte für Dabrowski nach einem harmlosen Foul an di Gregorio (80.). Entscheidend war die Phase nach Aydins 1:0, als Bielefeld völlig verunsichert war - und sich Bochum wohl schon als Sieger fühlte statt konsequent nachzulegen. Durch das 1:1 - im VfL-Strafraum herrschte nicht zum letzten Mal Konfusion - war Arminias Kampfgeist wieder erwacht und wurde belohnt durch das 2:2.
Nach Wochen der Last-Minute-Siegtreffer mussten diesmal also die Bochumer den späten Rückschlag verkraften. Für Funkel kein Drama: „Wir können damit leben.“