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Erst verlor er sein Kapitänsamt, dann galt er als Sündenbock der Misere des VfL. Inzwischen hat sich Marcel Maltritz seinen Platz in der Bochumer Mannschaft zurückerobert - sportlich wie menschlich.
Entspannt trinkt Marcel Maltritz einen Tee. „Gelassener“ sei er geworden, sagt der Innenverteidiger ruhig, um gleich deutlich zu machen: „Das heißt nicht, dass ich mich zurücklehne.“
Im Gegenteil: Maltritz, von vielen Fans oft zu Unrecht als Sündenbock schlechthin abgeledert und ausgepfiffen, aber von Teamkollegen und Trainer stets geschätzt - als echtes „Vorbild“, wie Friedhelm Funkel sagt. Und mittlerweile auch wieder als Führungsspieler auf dem Platz: Maltritz ist seit dem „Neuanfang“ nach dem Ingolstadt-Spiel mit seinem langjährigen VfL-Partner Anthar Yahia in der Innenverteidigung gesetzt.
Zig Spiele haben sie in der 1. Liga gemeinsam bestritten, in dieser Saison war mal Yahia draußen, dann Maltritz - und letztlich Mergim Mavraj, der ja nur noch in der zweiten Mannschaft mitmachen darf. „Natürlich war das nicht immer einfach“, sagt Maltritz zu seinem Reservisten-Dasein Mitte der Hinserie, zu dem ganzen Hohn und Spott der Anhänger, die erst in der kleinen Erfolgsserie scheinbar etwas ruhiger geworden sind und Maltritz vielleicht ja doch noch den „Respekt“ entgegen bringen, den er sich nicht nur in Funkels Augen verdient hat. In Gesprächen mit Anhängern, auf der Weihnachtsfeier von Fan-Klubs etwa, habe er jedenfalls „vieles richtig stellen, gut diskutieren“ können mit einigen Anhängern, also auch: Kritikern.
„Man muss auch mal die Klappe halten“
Maltritz hat in der vielleicht schwierigsten Phase seiner Karriere „weiter Gas gegeben im Training“, er hat „versucht, mich in den Dienst der Mannschaft zu stellen“, auch als Reservist, wie es „normal“ sein sollte für einen Profi - aber „es bei manchen Spielern nicht der Fall war“. Namen nennt der 32-Jährige nicht, aber dass etwa der aus dem Kader geflogener Mavraj das Betriebsklima nicht auf Sonnenschein hievte, den seine Ex-Kollegen in Side seit Freitag genießen dürfen, ist bekannt.
Maltritz ist einen anderen Weg gegangen: Er hat sich „ganz auf meine Leistung“ konzentriert, heißt: „Man muss auch mal die Klappe halten.“ In der Öffentlichkeit. Maltritz musste sich als Kapitän in der Abstiegssaison stets äußern, er hat in den emotional geprägten Momenten nach den vielen Pleiten versucht, „mich immer vor die Mannschaft zu stellen“, und doch wurden ihm manche Aussagen in Internetforen um die Ohren gehauen als sei er das personifizierte Übel. Mit - teils berechtigter - Kritik an seiner Leistung hatte das nichts mehr zu tun: Maltritz ist kein begnadeter Fußballer, der ein Spiel eröffnen kann, er leistete sich in den vergangenen anderthalb Jahren zu oft Patzer - aber gekämpft hat er meist, mit seinen Mitteln.
„Die Binde ist nicht wichtig“
Dass ihn Christoph Dabrowski im Sommer ablöste als Kapitän, dass Maltritz lange Zeit keine Interviews mehr gab, es hat ihm offensichtlich gut getan, auch sportlich. „Die Binde ist nicht wichtig, sondern dass man sich respektvoll die Meinung sagt untereinander, dass es eine Hierarchie gibt.“ Mit Dabrowski, Maltritz, Bönig, Freier, Yahia als Anführer - eine Hierarchie, die unter Heiko Herrlich schwer gelitten hatte und nur langsam wieder Normalität wurde.
Weil auch der Erfolg zurückkehrte am Ende der Hinrunde. „In den letzten vier Spielen standen wir defensiv gut, das gibt dem anderen auch die nötige Sicherheit“, sagt Maltritz, der betont, dass Patrick Fabian, Bochums dritter Innenverteidiger, „nah dran ist. Er könnte jederzeit einspringen.“ In der Tat, im Trainingslager zeigte Fabian (23) gute Leistungen, er ist sicherer geworden, zweikampfstärker.
Ernst will noch abwarten
Und macht Druck von der Bank aus, was nur gut sein kann. Die Stimmung, sagt Maltritz, sei gut in Side, aber das sei „immer so in der Vorbereitung. Wichtig ist, dass die Stimmung so bleibt und wir in München einen guten Start hinlegen. Darauf sind wir fokussiert.“ Und dafür erwartet er von allen „weiter harte Arbeit“. Nur dann könnte es klappen mit dem Aufstieg, meint Maltritz, der seiner Zukunft „gelassen“ entgegen sieht: Sein Vertrag läuft - genau wie der von Fabian - im Sommer aus.
Sportvorstand Thomas Ernst will aber erst „die Entwicklung in den nächsten Wochen“ abwarten, bevor es zu Vertragsgesprächen kommt. Grundsätzlich, sagt Maltritz, der mit seiner Frau und seinen Kindern Antonia (9) und Lasse (4) in Witten wohnt, könne er sich eine Verlängerung vorstellen: „Ich bin jetzt im siebten Jahr beim VfL, habe Gutes wie Negatives miterlebt“, sagt er. „Ich bin in Bochum schon ein Stück weit verwurzelt.“