Bochum. .

Die Führung des VfL Bochum will sich erst Samstag äußern, doch seit Freitag bereits ist klar: 24 Tage nach der Trennung von Heiko Herrlich hat der VfL mit Friedhelm Funkel einen Nachfolger gefunden und setzt damit auf Erfahrung pur.

Friedhelm Funkel soll „als Kapitän“, wie es VfL-Vorstand Thomas Ernst im WAZ-Interview gesagt hatte, das Porzellan kitten, das die Mannschaft, Trainer Herrlich und nicht zuletzt die zaudernde Vereinsführung in dieser Saison zerbrochen haben. „Wir müssen nur noch Details klären“, sagte Funkel zur WAZ. Und: „Es reizt mich sehr, zum sechsten Mal einen Klub in die Bundesliga zu führen.“

Es wird vielleicht seine schwerste Mission. Funkel hat bei der Mehrheit der Fans kaum Kredit, die ersten Reaktionen im Internet fielen entsprechend heftig aus. Was zum Teil an seiner mitunter bieder wirkenden Art, zum Teil an den einst harten Duellen des VfL mit reichlich Brisanz gegen Funkels damalige Teams MSV Duisburg und Uerdingen liegen kann.

Klar ist: Der Verein schwimmt gegen den Strom der Anhänger, was nicht verkehrt sein muss. Erst Recht klar ist: Funkel ist vom ersten Spieltag an zum Erfolg verdammt, will er die Sympathien der Anhänger gewinnen - für sich und für die VfL-Führung. Sonst wird es schwer, die geforderte Ruhe und Konstanz zurückzubringen in den Klub, der in dieser Saison nur im Produzieren von Peinlichkeiten spitze war.

Dabei gibt es einige gute Gründe, warum sich der VfL für Funkel entschieden hat und damit für eine Kurskorrektur nach den leidvollen Erfahrungen mit dem unerprobten und vielleicht auch deshalb unter Druck überforderten Heiko Herrlich.

Friedhelm Funkel mag nicht für den Aufbruch in die Moderne stehen, es haftet ihm der Ruf an, stur auf Defensive zu setzen (was nicht immer gerechtfertigt ist). „Charakterstärke“ aber, eine Eigenschaft, die die VfL-Vorstände Ansgar Schwenken und Thomas Ernst von ihrem neuen Coach vehement einforderten, bringt er mit. Kontakte zu Spielern wohl auch. Und wer ihn in den letzten Monaten als Trainer des sinkenden Hertha-Schiffes beobachtet hatte, gewann den Eindruck eines besonnenen, sachlich-argumentierenden Trainers. Der 56-jährige passt somit perfekt in das Anforderungsprofil, das Ernst und Schwenken ausgegeben hatten - es klang stets nach einer Art „Anti-Herrlich“.

Die Erfahrung ist Funkels größtes Plus

Das nämlich ist Funkels größtes Plus: seine Erfahrung. Im Umgang mit Profis, mit Medien, mit Führungsgremien. Als Trainer in der ersten und vor allem zweiten Liga - zurzeit ja entscheidend für den VfL. Fünf Aufstiege feierte er, das muss man erstmal schaffen, wobei man die allzu oft folgenden Abstiege nicht verschweigen sollte.

Einen Routinier wollte man holen - ob sich Funkel deshalb gegen Franco Foda durchsetzte, der nach Ede Becker (Absage) und Markus Babbel (Berlin) noch als Kandidat im Rennen war, ist damit freilich nicht bewiesen. Schließlich sagte Funkel selbst, dass er erst seit Donnerstag Kontakt zum VfL hatte. Möglich also - sofern das stimmt, was man bezweifeln muss - , dass Foda in Graz bleiben wollte und dem VfL einen Korb gab.

Geschichte, schon heute. Friedhelm Funkel ist da, und er hat jede Menge zu tun: Eine Mannschaft, die keine mehr war, neu aufzustellen und aufzubauen. Denn dass noch einige Spieler den Klub verlassen werden, war schon vor der Trainer-Entscheidung klar.

Trainingsauftakt ist übrigens am 28. Juni: Auch deshalb wurde eine Entscheidung höchste Zeit.