Dem VfL stehen harte Zweitliga-Zeiten ins Haus. Entlassungen soll es keine geben, der Etat für die Profi-Mannschaft aber schrumpft auf knapp 9,5 Millionen Euro. Die dringendste Aufgabe: ein neuer Trainer muss her.

„Nein, sprachlos sind wir nicht.“

Ansgar Schwenken, der Finanzvorstand, stand im Medienraum des VfL, aufrecht im Anzug, gefasst und doch sichtbar mit sich und seiner Enttäuschung ringend. Fast wirkte er ein wenig verloren, wo doch fast alle seinen schwer in der Kritik stehenden Vorstandskollegen Thomas Ernst umzingelten.

Auch Schwenken stellte sich, das ist nunmal sein Job als ein Kapitän des gestrandetenSchiffes. Keine Stunde war das peinliche 0:3 gegen Hannover alt, war die „unglaublich schlechte Saison“ (Schwenken) endlich abgepfiffen, war der VfL endgültig abgestiegen in die 2. Liga, zum sechsten Mal. Und nur wenige Minuten war es her, dass teils vermummte Vollidioten aus Frust Hass und Gewalt werden ließen vor den Augen der Öffentlichkeit. Das Image des VfL, sportlich bereits ramponiert, bekam seine nächsten schweren Schläge ab.

Schwenken sagt, er habe kein Verständnis für Gewalt, die der VfL übrigens noch teuer bezahlen muss, wenn der DFB sein Urteil gefällt hat. Und auch für das Feuerwerk im Gästeblock beim Auswärtsspiel in Köln droht noch eine hohe Geldstrafe, mindestens.

Hohn und Spott, Gewalt und Abstieg, das alles muss erstmal verdaut werden, das wird dauern, sagt Schwenken, ein Typ, der „den Frust eher in sich reinfrisst“, wie er meint.

Den Gürtel enger schnallen

Und der schnell wieder aufstehen will nach dem Untergang in Liga eins, nach dem Verschleiß von vier Trainern in nur einer Saison, nach nur zwei Heimsiegen in 17 meist kläglichen Versuchen. „Man kann eine große Enttäuschung am besten verarbeiten, wenn man nach vorne schaut“, sagt Schwenken am frühen Samstagabend: „Daran gilt es ab morgen zu arbeiten.“

Die harten Fakten stehen fest: Mit einem Einnahme-Minus von 16 Millionen Euro durch weniger Zuschauer-, TV- und Sponsoren-Gelder kalkuliert der VfL, der die Lizenz für die 2. Liga ja längst erhalten hat. Der Umsatz schrumpft auf 22 Millionen Euro, der Etat für die Profi-Mannschaft halbiert sich fast: von rund 17,5 auf knapp 9,5 Millionen Euro. Man müsse in allen Bereichen „den Gürtel enger schnallen“, sagt Schwenken zwar. Er versichert aber, dass „kein Mitarbeiter um seinen Arbeitsplatz fürchten muss“. Man sei nicht so üppig aufgestellt, dass man auf die Angestellten etwa in der Verwaltung oder im Marketing in der 2. Liga verzichten könne, wolle oder gar müsse. Denn: „Dieser Etat für die 2. Liga ist gedeckt.“

Zu Szenarien wie in Bielefeld oder Aachen dürfte es in Bochum nicht kommen. Eine nennenswerte Neuverschuldung des Vereins sei nicht zu erwarten, versichert der Vorstand, der federführend den VfL in den letzten Jahren saniert und, wenn man von den Belastungen durch Baumaßnahmen (Stadioncenter) absieht, fast schuldenfrei gemacht hat - auf Kosten der Qualität des Kaders.

Nicht nur die Verträge der Spieler, auch die laufenden Sponsoren-Kontrakte, etwa mit dem Billig-Discounter Netto, gelten jedenfalls für die 2. Liga, zu reduzierten Bezügen natürlich, sagt Schwenken. Weiterhin offen ist allerdings, ob auslaufende Verträge verlängert werden, etwa mit dem heimischen Bierbrauer Fiege.

Stolz und Ehre

Klar ist aber auch: Der VfL darf nicht mehr Geld für neue Spieler ausgeben als er durch Verkäufe einnimmt, das war übersetzt ins Klardeutsche die einzige Bedingung der DFL bei der Lizenzerteilung.

„Wir werden genau ausloten“, sagt Schwenken, „wer den Charakter, den Stolz und die Ehre hat“, diese Saison „wieder gerade zu biegen“.

Erstes, wichtigstes, vielleicht entscheidendes Ziel: einen neuen Trainer zu verpflichten. Erste Gespräche wurden schon vor dem Abstieg geführt, aber, so Schwenken, „noch nicht mit der nun nötigen Intensität“.

Seit gestern ist das anders, wer auch immer im Fokus steht: Michael Oenning wohl nicht, Ede Becker vielleicht oder Franco Foda. Das schwere Projekt Wiederaufstieg, für Schwenken hat es bereits begonnen. Er sagt: „Wir haben schon bewiesen, das es mit Bochum möglich ist, aus der 2. Liga aufzusteigen.“

WER GEHT, WER BLEIBT, WER KOMMT: EINE ÜBERSICHT

Klar ist, dass dabei der Umbruch kommen wird, und das ist bestimmt auch notwendig. Doch die Namen der Spieler, die bislang für die Zweite Liga gehandelt werden, fördern nicht die Zuversicht, ein weiteres Mal den direkten Wiederaufstieg zu schaffen. Angeschaut hat man sich zum Beispiel Sebastian Tyrala (BVB II), Nils-Ole Book (RW Ahlen), Sascha Mölders (FSV Frankfurt) und andere.

Bleiben werden mit hoher Wahrscheinlichkeit: Philipp Heerwagen (Vertrag bis 2013), Andreas Luthe (2013), Philipp Bönig (2013), Roman Prokoph (2013), Milos Maric (2013), Christoph Dabrowski (2012), Slawo Freier (2013), Zlatko Dedic (2012), Kevin Vogt (2012), Andreas Johansson (2012).

Mit hoher Wahrscheinlichkeit gehen werden: Christian Fuchs (2011), Joel Epalle (Vertrag ausgelaufen), Anthar Yahia (2011), Stanislav Sestak (2013), Dennis Grote (2011).

Ihre Zukunft ist offen: Marc Pfertzel (2011), Matias Concha (2011), Marcel Maltritz (2011), Mimoun Azaouagh (2012), Patrick Fabian (2011).

Definitiv gehen werden: Diego Klimowicz (Karriere beendet), Rene Renno, Vahid Hashemian (Verträge ausgelaufen), Lewis Holtby (war nur für 1. Liga ausgeliehen)

Neu kommen werden: Mirkan Aydin (eigene Amateure).

Ungeklärte Fälle: Daniel Fernandes (2012, war an Saloniki ausgeliehen), Ivo Ilicevic (2010 plus Option, war an Kaiserslautern ausgeliehen).