Bochum. .
Der VfL Bochum versucht sich zum sechsten Mal an der Rückkehr in die Bundesliga. Chong Tese und Giovanni Federico trafen in der Vorbereitungsphase regelmäßig.
War Andrei Kolmogorov ein Zocker? Fragen können wir den 1987 verstorbenen russischen Mathematiker, der sich zu Lebzeiten um die Wahrscheinlichkeitstheorie verdient gemacht hat, nicht mehr. Aber die Wahrscheinlichkeit, um im Bild zu bleiben, ist groß, dass Kolmogorov nicht einen Cent, geschweige denn einen Rubel auf die sofortige Rückkehr des VfL Bochum in die Bundesliga setzen würde, wäre er noch unter uns. Sechs Mal das Stehaufmännchen geben und sich nach der großen Depression sofort wieder in der Beletage zurückmelden, wer glaubt denn an so was?
Aber sie haben sich ja bisher immer wieder neu erfunden an der Castroper Straße, wenn zuvor alles in Scherben lag. Darauf gründet sich auch jetzt die Hoffnung der Verantwortlichen, die sich zwei Jahre lang kostspielige Fehlgriffe geleistet hatten. Hashemian, Klimowicz, der nur ein halbes Jahr half, Fernandes, auch Freier, der als ehemaliger Nationalspieler keinen Zentimeter aus dem Durchschnitt herausragt, später dann Johansson und Dedic – sie alle waren bislang mehr Last als Lust.
Weg der Verjüngung
Man musste also korrigieren in Bochum nach dem Abstieg, denn der Geldfluss ist doch arg reduziert in der Zweiten Liga, der nötige Ausbau des Stadioncenters verschlingt Millionen und die Aufwendungen für Trainer, wie einst Marcel Koller und nun Heiko Herrlich, die nicht mehr gefragt waren, aber noch berechtigte Ansprüche geltend machen konnten und können, belasten das Budget zusätzlich. Einige der teuren „Alten“ wie Hashemian (34), Klimowicz (36) und Epalle (32) hatten auch deshalb keine Zukunft mehr in Bochum. Jugend ist frischer, Jugend hat eine Perspektive, Jugend ist kostengünstiger – es führte kein Weg mehr an der Verjüngung vorbei.
Mirkan Aydin, Marc Rzatkowski, Kevin Vogt, Oguzhan Kefkir, Andreas Luthe, auch Roman Prokoph stammen aus dem eigenen Unterbau, der U 23 oder der A-Jugend. Nun sind sie Teile einer Profimannschaft, die immer noch leicht überdimensioniert wirkt. Weil der Transfermarkt für Profis unterhalb der Zehn-Millionen-Schwelle zusammen gebrochen ist und sich etliche Bundesligisten eine Diät verordnen mussten, hilft es den Bochumern nicht viel, dass sie Nationalspieler aus der Slowakei, Slowenien, Algerien und Österreich verpflichtet hatten. Sie erzielen nicht mehr die Preise, die sie sich in den Verträgen haben festschreiben lassen.
Es wird also viel verliehen in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit, unfreiwillig. Christian Fuchs ist in Mainz geparkt, Stanislav Sestak in Ankara, Daniel Fernandes in Athen. Wohin es Anthar Yahia noch ziehen wird, niemand weiß es. Gefeilscht wird um jeden Euro. Und da tut es doppelt weh, wenn ein veritabler Kicker wie Mimoun Azaouagh als eine Art Albert Streit der Zweite im Regionalliga-Team seinen Spieltrieb auslebt.
Aufstiegsexperte Funkel
Klingt alles ein wenig depressiv, ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn man fühlt sich, allen Schwierigkeiten zum Trotz, gut aufgestellt in Bochum mit dem 22 Millionen-Etat, woran die Profis mit 9,5 Millionen partizipieren. Mit Friedhelm Funkel konnte ein erfahrener und unaufgeregter Trainer gewonnen werden, der die übrig gebliebenen Trümmer einer am Ende nur noch so bezeichneten Mannschaft zusammen zu fügen versteht mit den neuen Bauteilen.
Auf Chong Tese und Giovanni Federico ruhen dabei die größten Hoffnungen. Dem integrationswilligen und wissbegierigen Koreaner gelang in den letzten vier Testspielen gegen respektable Gegner jeweils ein Treffer, auch Federico, dessen Karriere einst in der VfL-Jugend begann, traf regelmäßig.
„Zumindest phasenweise“, so Funkel, habe sein Team in der Vorbereitung so gespielt, „wie ich mir das für die Zukunft vorstelle“. Funkel gilt als Aufstiegsexperte. Das ist gut und wichtig. Aber erst einmal muss er den Menschen in Bochum wohl zeigen, dass es sich wieder um eine richtige Mannschaft handelt, die da auf dem Platz steht.