München. Der FC Bayern ist aufgrund der uneinholbar besseren Tordifferenz praktisch Deutscher Meister. München bezwang Bochum hochverdient mit 3:1. Der VfL stürzte auf den vorletzten Platz ab.
Der FC Bayern feierte mit einem nie gefährdeten und phasenweise berauschenden Fußballfest gegen den VfL Bochum wohl Deutsche Meisterschaft. München besiegte den VfL mit 3:1 (2:0), Schalkes Träume zerplatzten mit einem 0:2 gegen Bremen.
In Bochum dagegen ist die Lage dramatisch: Der VfL stürzte beim Debut von Interimstrainer Dariusz Wosz auf den vorletzten Tabellenplatz ab. Zwei Tage nach der Trennung von Heiko Herrlich steht fest, dass den seit elf Spielen sieglosen VfL nur ein Erfolg gegen Hannover 96, das Gladbach zuhause förmlich überrollte, noch zum Klassenerhalt führen kann. Der SC Freiburg ist gerettet, punktgleich mit Bochum muss dagegen auch der 1. FC Nürnberg nach einer Klatsche in Hamburg kräftig zittern. Als erste Absteiger steht dagegen Hertha BSC Berlin nach dem 1:1 in Leverkusen fest.
Vier Änderungen hatte Wosz vorgenommen, um das eigentlich Unmögliche vielleicht doch möglich zu machen in München: Concha, Azaouagh, Freier und Dedic begannen für Pfertzel (verletzt), Yahia, Holtby und Epalle. Wosz ließ seinen Worten, auch in München die Offensive zu suchen, personell und taktisch Taten folgen. Dedic war zweite Spitze neben Sestak, und der potenziell spielstarke Azaouagh durfte nach langer Zwangspause mal wieder von Beginn an ran im zentralen Mittelfeld neben Maric. Über die Außen sollten zudem der zuletzt von Ex-Trainer Heiko Herrlich rausrotierte Freier (rechts) und Fuchs für Entlastung sorgen.
Bayern mit der potenziellen Stammelf gegen Bochum
Wenn es die Bayern denn zuließen: Der vor Selbstvertrauen strotzende Champions-League-Finalist schickte in "eines der wichtigsten Spiele der Saison", so Bastian Schweinsteiger, seine potenzielle Stammelf ins Meisterschafts-Endspurt-Rennen. Ribery, beim Halbfinal-Triumph in Lyon vier Tage zuvor gesperrt, ersetzte Altintop und bildete mit dem Holländer Robben die so gefürchtete Flügelzange. Lediglich van Buyten blieb auf der Bank. Für ihn begann Demichelis, der schon in Lyon in der zweiten Halbzeit van Buytens Part neben Badstuber in der Innenverteidigung übernommen hatte.
Keinen "Köttel in der Hose" sollten sie haben, die Bochumer bei den Bayern, hatte Wosz gefordert. Hatten sie auch nicht - aber das nutzt nichts, wenn der deutsche Rekordmeister mit Ribery, Robben, Olic loslegt, als wollten sie allen beweisen, dass man in der ersten Liga auch zweistellig gewinnen kann. Ein Angriff nach dem anderen rollte auf das Bochumer Tor zu, schon nach 30 Sekunden hatte Schweinsteiger das 1:0 auf dem Kopf, danach scheiterten Robben, Müller, Olic (völlig frei vor Torwart Heerwagen) und erneut Robben im Minutentakt. Bochum mühte sich sichtlich, die erhofften offensiven Akzente zu setzen, mitzuspielen - doch der entscheidende Pass kam nicht an. Und gegen die aggressiven, lauffreudigen, ständig verwirrend zirkulierenden, ball- und kombinationssicheren Bayern hatte der VfL keine Chance. Zumal er sich zu viele Ballverluste in unnötigen Zweikämpfen leistete und die rotierenden Bayern im zentralen Mittelfeld, auf den Außen, ach was: überall viel zu viel Platz hatten.
Das 1:0 nach knapp 18 Minuten war überfällig: van Bommel bediente nach einer zu kurzen Kopfballabwehr des VfL Nationalspieler Lahm auf rechts, der flankte über Heerwagen hinweg an den langen Pfosten, und Jungstar Thomas Müller drückte den Ball mit der Brust über die Linie.
Müller-Doppelpack in 120 Sekunden
Kurz darauf drohte Bochum zu zerbrechen an dem bayerischen Hochgeschwindigkeits-Fußball in Perfektion: Doppelpass Robben/Lahm am rechten Strafraumrand, Flanke auf Ribery auf der anderen Seite des Sechzehners, Flanke Ribery auf Müller in der Mitte - Flugkopfball in die Maschen. Ein Müller-Doppelpack in weniger als 120 Sekunden - galaktisch. Und nichts zu sehen von bayerischer Müdigkeit im 50. Pflichtspiel dieser Saison (zum Vergleich: Bochum kommt nur auf 35).
Dariusz Wosz, wie Funny Heinemann im legeren Trainingsanzug und ständig unterwegs in der Coaching Zone, reagierte: Der gegen den unwiderstehlichen Ribery völlig überforderte Matias Concha ging vom Platz. Yahia kam, rückte in die Innenverteidigung, der gute Maltritz übernahm die rechte Seite.
Mit Erfolg: Der VfL kam besser ins Spiel und setzte offensive Akzente. Freiers Schuss parierte Bayern-Keeper Butt, Maric' Freistoß zischte rechts am Tor vorbei (28./33.). Und in der 39. Minute hatte Sestak das 1:2 auf dem Fuß nach der schönsten Bochumer Kombination. Freier schickte rechts Maltritz, dessen Flanke legte Dedic zurück auf Sestak, doch dessen Schuss ging Zentimeter am linken Pfosten vorbei.
Die Allianz-Arena im Meister-Rausch
Die Bayern hatten das Wahnsinns-Tempo der ersten 25 Minuten gedrosselt, Bochum konnte in der Kabine noch mal tief durchatmen. Spielerisch aber zeigte der VfL mit einem engagierten Azaouagh trotz der erdrückenden Münchener Dominanz eine stärkere Leistung als in Köln und gegen Stuttgart.
Nach der Pause wollte der VfL noch mal alles versuchen, das war offensichtlich - doch München drehte auf. Und dann Gnade dem Gegner! Olic (49.), Müller (Pfosten, 54), Robben (58./60.) hatten das 3:0 auf dem Fuß - und nach einer Stunde war längst rund, dass Bremen auf Schalke führte. Die Allianz-Arena im Meister-Rausch - Bochum nur noch Party-Partner.
Und just in dem Moment, als Ribery das 3:0 verhinderte, in dem er die endgültige Entscheidung mit einem Lupfer herbeizaubern wollte statt sie zu vollstrecken (65.), erschien Bremens 2:0 bei den Königsblauen auf der Anzeigetafel - die Arena bebte. Bayern berauschte sich an sich selbst.
Dass Dariusz Wosz frühzeitig Hashemian für den erneut enttäuschenden Sestak und dann Holtby für Freier gebracht hatte, bekamen die meisten der 69000 Fans im Stadion gar nicht mehr mit. Zumal es nichts nutzte: die Münchener drehten weiter munter-meisterlich auf, die Löcher in der VfL-Defensive wurden jetzt immer größer, und Müller machte mit seinem dritten Treffer nach einem Tanz durch den Strafraum alles klar.
Der Rest war Schaulaufen unter dem Jubel der Bayern-Fans: "Deutscher Fußball-Meister, FCB". Gomez knallte den Ball an die Latte, Klose scheiterte an Yahia auf der Linie - ehe der VfL sich den Lohn für eine durchaus akzeptable Leistung abholte. Freistoß-König Christian Fuchs schlenzte den Ball aus über 20 Metern direkt ins rechte Eck.
Das 1:3 - ein Tor, das die Meister aus München kaum interessierte. Dass den Bochumern, die chancenlos waren, aber nicht mutlos auftraten, aber gut tun kann für die Moral. Nächste Woche Samstag geht es ins Endspiel. Um 15.30 Uhr gegen Hannover 96 - es geht um Platz 17, 16 oder 15. Welch ein Zitterfinale.