Bochum/Gelsenkirchen. Für Bernard Dietz war sein Job beim VfL Bochum die schönste Trainer-Zeit. Eine U23 ist sinnvoll, sagt er vor dem U19-Derby Schalke gegen VfL.
Wenig Mittel, aber viel herausholen: Die Problematik, die finanziell nicht auf Rosen gebettete Profiklubs wie den VfL Bochum und Schalke 04 mehr oder weniger länger begleitet, kennt Ex-Nationalspieler Bernard Dietz aus seiner Zeit beim VfL. Der Europameister von 1980 erinnert sich vor dem A-Jugend-Bundesliga-Derby zwischen Schalke 04 U19 und dem VfL Bochum am Mittwoch (18.30 Uhr, Parkstadion).
„Als ich 1994 gefragt worden bin, ob ich mir den Trainerposten im Nachwuchsbereich vorstellen kann, hieß es sofort: Wir haben kein Geld. Wir mussten wirklich versuchen, aus wenig viel zu machen. Im Nachhinein muss ich sagen: Die Zeit in Bochum war meine schönste Trainer-Zeit. Es hat beim VfL riesig Spaß gemacht.“
Trainer Dietz holte Frank Fahrenhorst aus Hamm persönlich ab
Aber es war auch ein anstrengender Job. Als Bernard Dietz beim VfL Bochum im Nachwuchsbereich tätig war, gingen die Uhren noch anders. Fahrdienst für Talente? Den gab es. Allerdings übernahm kein extra dafür angestellter Fahrer die Touren, um die Nachwuchskräfte vom Wohnort abzuholen und später zurückzubringen, sondern Bernard Dietz selbst. Der Trainer, der Europameister von 1980, kutschierte die Spieler. Heute undenkbar.
Der ehemalige Nationalmannschaft-Kapitän erinnert sich: „Frank Fahrenhorst war damals 16 Jahre jung und wohnte in Hamm. Ich kam auf meiner Fahrt nach Bochum an Hamm vorbei, habe Frank eingesammelt. Danach bin ich weiter nach Dortmund und habe dort zwei Spieler abgeholt. Anschließend habe ich noch in Castrop-Rauxel angehalten. Da wohnte ein weiteres VfL-Talent. Und nach dem Training habe ich die ganze Tour dann noch einmal gemacht“, erinnert sich der 75-Jährige.
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Schularbeiten auf dem Weg zu Spielen in Amsterdam oder Rotterdam
Dietz: „Wir haben damals beim VfL Bochum eine Grundordnung reinbekommen und vier Mal pro Woche trainiert. Ich wollte den Jungs etwas vermitteln. Irgendwann haben wir dann auch an einer internationalen Nachwuchsrunde mit Spielen gegen Ajax oder Feyenoord teilgenommen. Die Spieler haben ihre Schularbeiten auf der Anfahrt zu den Begegnungen im Bus gemacht und sind durch die Begegnungen weitergekommen.“
Dietz formte Profis wie Buckley oder Freier
Was „Ennatz“ Dietz, der von 1994 bis 2001 für den VfL als Trainer arbeitete, sichtlich stolz macht: „14 Spieler, die ich früher in der Jugend oder der zweiten Mannschaft trainiert habe, sind später Profis geworden. Dazu zählen Delron Buckley, Paul Freier, Frank Fahrenhorst oder Stefan Wächter. Und einige arbeiten heute nach ihrer aktiven Laufbahn weiter im Profibereich.“ So etwa Rouven Schröder (RB Leipzig) oder Sebastian Schindzielorz (Sportdirektor VfL Wolfsburg).
Frank Fahrenhorst war bis Mai 2023 Nachwuchstrainer beim VfB Stuttgart. Bei seinem 70. Geburtstag, den Dietz in den Räumlichkeiten bei seinem Ex-Klub MSV Duisburg feierte, kamen seine ehemaligen VfL-Talente noch einmal zum Gratulieren zusammen. Dietz: „Die Jungs tauschen sich heute noch regelmäßig in einer WhatsApp-Gruppe aus. Der Gruppenname ist Ennatz.“
Dietz: Vereine müssen noch mehr auf Spieler aus ihrem Nachwuchs setzen
Heute hält es der nach wie vor Fußball-Begeisterte („Ich freue mich über tolle Spiele – und über Vereine wie Union Berlin oder Freiburg. Da ist Struktur drin, da dreht niemand durch“) wichtiger denn je, auf eigenen Nachwuchs zu setzen.
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Dietz: „Die Vereine müssen noch viel mehr auf Spieler aus dem Nachwuchsleistungs-Zentrum setzen. Schalke zieht immer wieder Spieler aus dem eigenen Reservoir hoch. Norbert Elgert macht dort als U19-Trainer eine Super-Arbeit. Er hat ein Händchen für Talente, gibt ihnen wichtige Werte und Tipps für den Profibereich mit auf den Weg. Wichtig ist natürlich, dass die Jungs auch Praxis bekommen. Dafür ist eine U23-Mannschaft ideal zum Auffangen.“ Bei Bochum gibt es diese längst nicht mehr. Eine U21 soll über Freundschaftsspiele ab September dieser Saison einen Teil der Lücke auffangen.
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Bei Schalke kann so Top-Talent Keke Topp in der Regionalliga Spielpraxis sammeln, wenn im Zweitliga-Kader neben den Ex-Bochumern Simon Terodde und Sebastian Polter kein Platz ist. Dietz: „So besteht nicht die Gefahr, dass ein Spieler schnell ungeduldig wird.“