Bochum. Der VfL Bochum hat es geschafft: Im entscheidenden letzten Spiel der Bundesliga-Saison gelang ein fulminanter 3:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen.
Bochum außer Rand und Band: Vor 26.000 Fans im ausverkauften, in fast jeder Sekunde förmlich explodierenden Ruhrstadion feierte der VfL einen 3:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen. „Wir bleiben drin!“ dröhnte es durchs Rund. Augsburg hatte verloren, Stuttgart nicht gewonnen. Bochum schloss die Saison als Vierzehnter ab und spielt in der kommenden Saison sein drittes Bundesliga-Jahr in Folge! Direkt nach dem Schlusspfiff gab es kein Halten mehr. „Bleibt auf euren Plätzen“, rief der Stadionsprecher. Aber die Massen stürmten auf den Rasen.
Bochum feiert den Klassenerhalt.
Nach einer frühen Roten Karte gegen Leverkusens Amine Adli (8.) trafen für die Überzahl-Bochumer in einem kampfbetonten Spiel Philipp Förster und Takuma Asano vor der Pause und Kevin Stöger in Minute 85 zum ersehnten Sieg.
Mit einem beeindruckenden Marsch von der Innenstadt zum Ruhrstadion eröffneten weit über 1000 Fans, gefühlt eher 2000, das Saisonfinale des VfL Bochum. Schon zwei Stunden vor dem Anpfiff füllten sich die Ränge, die Stimmung war bei bestem Wetter erstklassig, als die Spieler um kurz vor halb vier einmarschierten zum großen Finale und mit einer fantastischen Choreo empfangen wurden.
Das Stadion bebte bis zum Anschlag. Von Beginn an.
Trainer Thomas Letsch setzte wie erwartet auf die gleiche Startelf, die bei Hertha BSC zuletzt einen wichtigen Punkt holte (1:1). „Wir haben es in der eigenen Hand, die Hütte wird brennen“, setzte Letsch auch auf den Heimvorteil. 23 seiner 32 Punkte holte Bochum im Ruhrstadion.
Leverkusen musste gewinnen, um sicher einen Europapokal-Platz zu erreichen. Trainer Xabi Alonso tauschte im Vergleich zum 2:2 gegen Mönchengladbach zweimal, notgedrungen wegen der Rot-Sperre von Verteidiger Hincapie und der Gelb-Sperre von Mittelfeldmann Demirbay. Für sie rücken Stürmer Azmoun und Mittelfeldmann Amiri in die Startelf. Alonso setzte auf eine Viererkette, die Offensive mit Stürmer Azmoun sowie Wirtz, Diaby und Adli war erstklassig mit viel Tempo besetzt.
Es ging direkt zur Sache. Janko klärte kurz vor der Linie, allerdings war Frimpong im Abseits (1.). Nach einer Ecke nicht zum letzten Mal Chaos in der VfL-Abwehr, doch Palacios Schuss flog letztlich drüber (2.).
Riesenjubel in Minute vier: Gladbach führte gegen Augsburg.
Dann kochten die Emotionen über, auf den Rängen, auf dem Rasen. Rudelbildung. Diskussionen. Rechtsaußen Amine Adli geriet mit Routinier Dominique Heintz aneinander, mit voller Wucht trat Adli nach, traf Heintz‘ hinteren Oberschenkel. Schiedsrichter Tobias Welz zeigte zunächst Gelb, der VAR griff ein – klare Rote Karte wegen Tätlichkeit. Ab Minute acht spielte Bochum in Überzahl!
Doch Bayer blieb gefährlicher, der VfL hatte mit den schnellen Leverkusener Kontern Probleme. Erhan Masovic verschätzte sich, Bayer lief drei gegen zwei, doch Manuel Riemann rettete gegen Florian Wirtz (15.).
Leipzig führte 1:0. Bochum rastete aus.
Und explodierte. Kevin Stöger schickte Takuma Asano steil. Der wie aufgedreht spielende Japaner setzte sich gegen Tapsoba durch, in seine halbhoch scharf gezirkelte Weltklasse-Flanke lief Philipp Förster und versenkte den Ball volley mit der linken Innenseite. Ein Traumtor. Bochum außer Rand und Band.
Es kam noch besser. 2:0 für Leipzig. Und 2:0 für Bochum! Erst verzog Asano nach perfektem Steckpass des starken Förster noch knapp (32.), kurz darauf traf er nach einer Ecke von Kevin Stöger am langen Pfosten volley mit rechts ins rechte Eck (34.). Auf der Bochumer Bank hielt es niemand, alle sprangen auf. Keven Schlotterbeck jubelte mit Heintz, Vasileios Lampropoulos mit Ivan Ordets, alle zusammen, natürlich auch mit den Fans. Eine Stadt. Ein Team. So fühlte es sich an.
Schalke verkürzte, 1:2. Aber Gladbach legte nach: 2:0 und Rote Karte für Augsburg! Der Klassenerhalt rückte immer näher.
Es blieb ein Fight. Bayer gab zwar nicht auf, Riemann hielt Azmouns Versuch, doch sichtbar schwanden bei Leverkusen die Nerven und die Lust. Die Bochumer hatten sich jetzt defensiv besser eingestellt. In Unterzahl und Rückstand wurde es für Leverkusen immer schwerer, Lücken zu finden. Der VfL war dem 3:0 näher. Hofmann, immer wieder in mächtige Zweikämpfe mit Tah und Tapsoba verwickelt, vergab es.
Pause. Der VfL nahm die letzte Halbzeit der regulären Saison als Tabellenvierzehnter in Angriff. „Immer wieder, immer wieder VfL“ dröhnte es von den in jeder Sekunde lauten Rängen.
Auch die zweite Halbzeit eröffneten die Fans mit einer Choreo. Bochum machte cool weiter. Hofmann scheiterte an Torwart Lukas Hradecky, war aber eh im Abseits (47.).
VfL-Fans zündeten in der Ostkurve hinter Torwart Riemann Benaglos, der Stadionsprecher ermahnte sie (49.). Und plötzlich lag das 1:2 in der brennenden Luft. Masovic rutschte aus, Wirtz verzettelte sich gegen Riemann, am Ende klärte Ordets nach Diabys Versuch (51.).
Schalke glich aus, 2:2. Leverkusen bekam Oberwasser, drückte den VfL zurück. Bochum gönnte sich zu viele einfache Fehler, hatte (weiterhin) Tempoprobleme. Und kämpfte. Noch aber war das Ding nicht durch!
Trainer Letsch musste wechseln in Minute 56. Förster ging angeschlagen (Achillessehnenprobleme) vom Platz, ebenso der verletzte Heintz. Ihn ersetzte Keven Schlotterbeck als linker Außenverteidiger, eine ungewohnte Position für den zentralen Abwehrspieler, Danilo Soares blieb auf der Bank. Für Förster kam Patrick Osterhage, der zuletzt drei Partien verletzungsbedingt verpasst hatte.
Nein, eine gute Struktur hatte das Überzahl-Spiel des VfL nicht. Aber es ging nur ums Ergebnis. Führung halten, das war das Motto.
Osterhage bekam den Ball an den Arm geschossen. Freistoß Bayer aus 16 Metern – Amiris Schuss prallte von der Mauer zur Ecke. Dann Riesenglück für den jetzt taumelnden VfL, der Wirtz und Amiri nicht in den Griff bekam. Wirtz‘ Pass setzte Frimpong an den rechten Innenpfosten, der Ball trudelte die Linie entlang. Durchatmen. Oder schimpfen: Riemann tobte.
Es war jetzt ein Zitterspiel. Hertha glich aus in Wolfsburg, Leverkusen reichte scho ein Tor für Rang sechs, für Europa. Bochum war immer noch Vierzehnter. 22 Minuten vor Schluss.
Die Fans wurden nochmal lauter. „Blau-Weiße Fahne wehn“. Augsburg lag immer noch 0:2 zurück. Hertha führte in Wolfsburg – Leverkusen sprang trotz 0:2 auf Rang sechs.
Die Partie beruhigte sich. Leverkusen ging die Kraft aus. Hoffenheim führte in Stuttgart, Augsburg lag immer noch 0:2 zurück. Alle Zeichen standen auf Rettung. Schalke war jetzt Sechzehnter. Fünf Minuten später nicht mehr. Ausgleich Stuttgart, 1:1. Irre.
Christopher Antwi-Adjei und Philipp Hofmann vergaben das 3:0 (77./78.).
Letsch wechselte doppelt. Simon Zoller und Moritz Broschinski kamen für Hofmann und Asano. Beide am Ende ihrer Kräfte.
Noch sechs Minuten. Applaus für Losillas Grätsche. Ole, ole, riefen die Fans – und jetzt rasteten alle aus.
Kevin Stöger lupfte den Ball gefühlvoll über Hradecky ins Netz, 86. Minute, das 3:0, die Entscheidung in Bochum. Die Reservespieler rannten auf Stöger zu, die Teamkollegen, auch Co-Trainer Jan Fießer. Er sah dafür die Gelbe Karte. Es war seine schönste Gelbe Karte in seiner Karriere.
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„Wir bleiben drin!“ sangen die Fans, das ganze Stadion nach der Melodie des Steigerliedes. Gänsehaut pur. Pyros wurden gezündet.
Schalke lag 2:3 zurück. Es interessierte in diesem Moment in Bochum niemand mehr. Manuel Riemann kamen schon während der Schlussphase die Tränen der Erleichterung.
Schluss. Platzsturm. Bochum bleibt in der Bundesliga! Die Nacht wird lang in der Stadt. Sie feiert eine Riesenleistung von Trainer Letsch und seinem Team.