Essen. Was denken Personen, die die Bundesliga prägen oder geprägt haben, vor dem Start? Nachgefragt bei Ilja Kaenzig und Willi Lemke.
Willi Lemke, 75, hat es damals schon kommen sehen, vor vielen Jahren, als er als Manager des SV Werder Bremen miterlebte, wie der deutsche Profi-Fußball die Verteilung der TV-Gelder neu festlegte. Mit der Formel: Wer Erfolge feiert, erhält am meisten.
„Der FC Bayern bekommt so viel mehr als ein Aufsteiger, dadurch hat er schon mal eine viel, viel bessere Ausgangslage“, sagt er nun. Und: „Die Gier nach mehr Geld gefährdet den Fußball.“ Seine Forderung: „Die DFL muss sich für eine gerechtere Umverteilung der Fernsehgelder entscheiden.“ In der Bundesliga fehle ein echter Titelkampf, seit zehn Jahren thront immer der FC Bayern ganz oben. „Es besteht die Gefahr, dass sich die Menschen abwenden.“
Ilja Kaenzig vom VfL Bochum: "Die Bundesliga hat viel zu bieten, was dem Zeitgeist entspricht"
Lemke hat seine Funktionärskarriere längst beendet, doch wie ordnet ein Mensch die Lage ein, der mitten drinsteckt im Geschäft? Ein Anruf bei Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung des VfL Bochum. „Die Bundesliga hat viel zu bieten, was dem Zeitgeist entspricht. Sie kann die politisch korrekteste Liga der Welt sein: Wo keine Staatsfonds, die zweifelhafte politische Ziele verfolgen, Klubbesitzer sind. Sie kann die Liga sein, in der Fußball Volkssport und nicht Teil der Unterhaltungsindustrie ist“, sagt der 49-Jährige. Die englische Premier League sei ein Klub der Milliardäre, dies sei nicht auf Deutschland übertragbar. Hier seien gewisse Dinge heilig. „Ob es die volksnahen Eintrittspreise sind, die 50+1-Regel, die die Mitgliederversammlung zum wichtigsten Organ der Vereine macht und nicht den Investor.“
Kaenzig glaubt, dass die Bundesliga die nachhaltigste Liga der Welt werden könne. „Wir werden nie Hunderte Millionen für Spieler ausgeben – aber mit diesen Dingen punkten, die in Zukunft vielleicht sogar mehr wert sein werden und sich auch kapitalisieren lassen können.“ Die Klubs müssten sich fragen, wo sie hinwollen. „Mache ich das Rennen mit den internationalen Top-Klubs mit, wenn ich keine Chance habe, es zu gewinnen? Die Frage lautet: Wie viel Veränderung nehme ich für mehr Geld in Kauf? Müssen wir beispielsweise Spiele um 12.30 Uhr austragen, weil das die Prime-Time in Asien ist?“ Kaenzig meint. „Wir würden uns dann entfremden und verkaufen, ohne besser zu werden.“
Willi Lemke: Wir müssen die Fans mit ins Boot holen
Willi Lemke gibt zum Abschluss des Gesprächs zu bedenken, dass es bemerkenswert sei, „dass die Fans trotz all dieser Dinge ihren Klubs immer noch so viel Liebe geben.“ Und: „Deswegen müssen wir sie mit ins Boot holen, ihre Interessen miteinbeziehen. Da haben wir Nachholbedarf.“