Bochum. Der VfL Bochum empfängt den BVB zum Revierderby. Trainer Thomas Reis erklärt im WAZ-Live-Talk, warum es nicht reicht, nur Haaland zu stoppen.
Wenn es wirklich so ist, dass Kleider Leute machen, dann gibt es bei Thomas Reis kein Vertun. Er ist Bochumer. Auf der schwarzen Sweatshirt-Jacke, die er zum Video-Talk WAZ live „anne Castroper“ trägt, ist gut sichtbar die Zahl 1848 zu lesen. Sie steht für das Gründungsjahr des VfL Bochum.
Und natürlich: Thomas Reis’ Kleiderwahl ist kein Zufall. Als Cheftrainer des Bundesliga-Aufsteigers repräsentiert der 48-Jährige den Verein – und er identifiziert sich voll und ganz mit Stadt und Klub. Das trägt er – im wahrsten Sinne – zur Schau. Vor dem anstehenden Revierderby der Fußball-Bundesliga gegen Borussia Dortmund am Samstag (15.30 Uhr/Sky) genau das richtige Zeichen, um auch die eigenen Fans mitzunehmen.
Den VfL samt seiner Anhängerschaft bezeichnet Thomas Reis gerne als Familie. „Ich bin stolz, Teil davon zu sein“, sagt er. Und die Fans haben ihn in ihr Herz geschlossen. Nach den jüngsten Heimspiel-Erfolgen forderten sie immer wieder, ihren Trainer vor der Tribüne zu sehen. Doch der hält sich lieber zurück. „Ich finde immer, dass da die Mannschaft gefeiert werden soll“, sagt er. „Ich möchte mich für die Unterstützung meiner Person bedanken, das tut ab und zu gut. Ich fühle mich auch als Bochumer.“
Reis will mit VfL-Familie "Unmögliches" schaffen
So war er schon als Spieler. Unter Trainerlegende Klaus Toppmöller stieg er auf, der VfL spielte sogar im Europapokal. „Ich war damals keiner, der immer im Fokus stand. Eher einer, über den man gesagt hat: Man merkt erst, wie wichtig er ist, wenn er fehlt.“
Thomas Reis erzählt auch über jene Zeit mit großer Ruhe und Dankbarkeit. Er wählt leise Worte. Aber sie haben Gewicht. Man hört den Bochumer in ihm. Immer wieder mischt sich ein Ruhrpott-„Datt“ mit dem weichen Klang eines gebürtigen Baden-Württembergers. Mit dieser Mischung ist es ihm gelungen, erst eine Mannschaft zu kreieren, die den Bundesliga-Aufstieg geschafft hat, und dann eine, die zuletzt überraschte, die im Tabellenmittelfeld sogar vor RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach steht. Im Idealfall ist es auch eine Mannschaft, die gekommen ist, um zu bleiben. „Mit der VfL-Familie können wir Unmögliches erreichen – und das ist der Klassenerhalt“, sagt Reis. „Wir werden alles tun, um weiter Freude zu bereiten.“
Neuzugänge beim VfL Bochum sind gut integriert
Alles laufe aber noch nicht rund. „Bei der Chancenverwertung ist noch Luft nach oben.“ Doch wichtig ist, dass es dem Trainer gelang, die Neuzugänge in das weitgehend gebliebene Konstrukt aus Aufsteigern zu integrieren. „Es ist schön zu sehen, dass wir eine gute Mischung gefunden haben“, sagt er. „Uns zeichnet aus, dass wir Spiele auch von der Bank aus gewinnen können. Denn auch da sitzen Jungs, die genau die gleiche Gier haben.“ Ob der VfL ihm im Winter noch einen ergänzenden Transferwunsch erfüllt? „Dafür muss ich immer mal schauen, was hier noch im Tresor ist“, sagt er und lacht.
Aber Thomas Reis kann auch laut. Auf dem Trainingsplatz. Oder am Spielfeldrand. Aktuell feilt er mit seinen Spielern an der richtigen Taktik gegen die Spitzenmannschaft von Borussia Dortmund. Natürlich, Stürmer-Star Erling Haaland müssen sie aufhalten. „Aber es wäre fahrlässig, nur auf ihn zu schauen. Sie haben auch andere gute Spieler wie Marco Reus und Jude Bellingham, um nur zwei zu nennen.“ Seine Strategie? „Wir wollen mutig sein, mit Vorfreude rangehen, nicht in Ehrfurcht erstarren.“ Eine Chance könnte die angeschlagene Dortmunder Abwehr bieten. „Was sie offensiv gut machen, wird in der Defensive vernachlässigt. Nicht, weil sie schlecht sind, sondern weil sie brutal pressen.“
VfL-Trainer Reis: „Unsere Fans sind unbeugsam“
Klingt alles nicht ganz so einfach. Doch Thomas Reis hat einen Trumpf – und der sitzt auf den Rängen des Ruhrstadions. „Für so ein tolles Spiel wäre eine große Kulisse dankbar, hilfreich – und würde großen Spaß machen“, sagt Reis. Beim Talk stand noch nicht fest, wie viele Fans ins Stadion dürfen. Wenig später war klar: 13.799 sind zugelassen. „Unsere Fans sind unbeugsam, sie peitschen uns bis zum Schluss an“, schwärmt Reis.
An seine eigene Begegnung als Spieler mit Dortmund möchte Reis lieber nicht anknüpfen. Damals schaffte er, der Arbeiter aus dem Hintergrund, es in die Schlagzeilen. Im ersten Jahr nach dem Aufstieg setzte es eine Niederlage gegen den BVB. „Die Schlagzeile hieß: Mit Reis fing das Elend an“, erzählt er und kann heute schmunzeln. „Ich hatte zwei Tore mitverschuldet. An so etwas wächst man – aber man will das natürlich nicht lesen.“