Leipzig. Der VfL Bochum muss in Leipzig eine schmerzhafte Niederlage einstecken. Nach späten Treffern verliert der VfL letztlich mit 0:3.

Vor rund 25.500 in der damit längst nicht ausverkauften Arena in Leipzig hat der VfL Bochum bei den Roten Bullen seine vierte Niederlage im vierten Auswärtsspiel kassiert. Nach drei Treffern binnen acht Minuten in der zweiten Halbzeit verlor der VfL mit 0:3. Bochum bleibt Vorletzter in der Bundesliga und reist in zwei Wochen nun zum Schlusslicht Fürth.

Der Leipziger Sieg war nach einer von Bochum glücklich überstandenen Anfangsphase hochverdient, wobei die Gegentore ausgerechnet in der stärksten Phase des VfL fielen.

VfL-Trainer Thomas Reis hatte personell wieder für Überraschungen gesorgt. Nach dem 0:0 gegen den VfB Stuttgart durfte Takuma Asano von Beginn an spielen, als Anläufer und (hängender) Mittelstürmer. vermutlich eine Art hängende Neun. Sebastian Polter saß zunächst nur auf der Bank. Coach Reis erhoffte sich mit Asano (noch) mehr Tempo, wollte Leipzig mit langen Bällen hinter die Kette empfindlich ärgern, erklärte er vorab bei Sky.

VfL Bochum: Kräftiger Denkzettel für Stürmer Silvere Ganvoula

„Wir hatten noch keine gute Box-Besetzung, schieben nicht gut genug nach“, so Reis. Der Plan ging zunächst kaum auf.

Weitere Änderung: Robert Tesche kehrte in die Startelf zurück. Wie in München, beim 0:7, bildete der 34-Jährige neben Anthony Losilla die Doppelsechs im Zentrum, davor spielte, auch wie in München, Elvis Rexhbecaj. Ebenfalls wie beim FC Bayern blieb der gegen Stuttgart mit ansteigender Form aufwartende Neuzugang Eduard Löwen nur auf der Bank.

Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis hatte sich im Training eine leichte Prellung zugezogen, hieß es, und konnte die Reise nach Leipzig nicht antreten. Freiwillig verzichtete Reis auf Silvere Ganvoula. Der Stürmer soll nach Informationen dieser Redaktion im Training nicht die richtige Einstellung gezeigt haben.

Armel Bella-Kotchap (links) im Zweikamp mit Christopher Nkunku von RB Leipzig.
Armel Bella-Kotchap (links) im Zweikamp mit Christopher Nkunku von RB Leipzig. © getty Images

Weil sich die einsatzfähigen Alternativen Saulo Decarli, Tarsis Bonga und Soma Novothny offenbar nicht nachdrücklich empfahlen, mussten sie wie Ganvoula in Bochum trainieren. Reis ließ zwei der 20 erlaubten Plätze im Kader frei. Ein kräftiger Denkzettel für Ganvoula und die weiteren Reservisten.

Auch bei RB Leipzig gab es Änderungen nach dem 1:2 gegen Brügge in der Champions League. Abwehrchef Willi Orban fiel wegen eines grippalen Infekts kurzfristig aus. Zudem rotierten Dominik Szoboslai, Nordi Mukiele und Konrad Laimer auf die Bank. Für sie spielten Angelino (nach Sperre), Tyler Adams, Amadou Haidara und Josko Gvardiol. Der bereits in die Kritik geratene Coach Jesse Marsch kehrte auch ohne Orban zur Dreierkette zurück.

VAR nimmt frühen Elfmeter für RB Leipzig zurück

Eine klare Positionierung und Ordnung, kein „Klein-Klein“, so Thomas Reis, vor allem im Zentrum, keine Ballverluste gegen die Umschaltmonster aus Leipzig, lange Bälle auf die eigenen schnellen Außen und flottes Nachrücken in der Offensive: Das war der Matchplan von Coach Reis, dafür müsse „jeder noch eine Schüppe draufpacken“.

Der Stadionsprecher heizte die Stimmung bei den Roten-Bullen-Fans mächtig an. Bei der Verkündung der Aufstellung lief er wie wild über den Rasen. Seine Mannschaft aus Leipzig, einer Stadt, die sich am Samstag bei Bilderbuchwetter und weitgehend aufgehobener Coronabeschränkungen von einer prächtigen Seite, nahm das Tempo denn auch gleich auf. Und wie! Bochum wurde überrollt. Vom Plan blieb in der ersten Viertelstunde nichts übrig.

Nach knapp zwei Minuten hatte Leipzig eine erste Kopfballchance und keine 60 Sekunden später die Riesenchance zum 1:0. Armel Bella-Kotchap war weit ausgerückt, verlor im Mittelfeld den Zweikampf. Herbert Bockhorn sah sich zwei Sachsen gegenüber. Links hatte Angelino freie Bahn. Torwart Manuel Riemann, bei seinen Pässen nach vorne anfangs gleich zweimal mit Patzern, drängte ihn erfolgreich ab. Erhan Masovic klärte den Ball schließlich per Kopf kurz vor der Linie, Bockhorn ging mit gestrecktem Bein in den Zweikampf mit Yussuf Poulsen, der ebenfalls sein Bein streckte. Elfmeter. Vorerst. Der Kölner Keller schaltete sich ein, und gefühlt eine Ewigkeit später war klar: Bockhorn hatte zumindest zuerst den Ball gespielt. Kein Elfmeter nach VAR-Entscheid. War es wirklich eine klare Fehlentscheidung? Strittig.

VfL Bochum kam nach etwa 20 Minuten besser ins Spiel

Die Bochumer ballten die Fäuste. Ein Weckruf? Erstmal nicht. Emil Forsberg marschierte wieder allein durchs Zentrum, scheiterte an Riemann. Kurz darauf ließ sich Bella-Kotchap wieder weit vor dem eigenen Strafraum von Poulsen übertölpeln. Forsberg tanzte elegant vier Bochumer aus – und traf die Latte. Mehr Glück geht nicht (10.).

Es gab keine Ordnung im Zentrum, viel zu viele Fehler und einen Bella-Kotchap, der diesmal überfordert war.

Auch Losilla und Tesche gönnten sich Fehlpässe, im Duell Leipzig gegen Riemann aber blieb der VfL-Keeper Sieger. Diesmal parierte er einen Schuss von Yussuf Poulsen, der sich gegen die Innenverteidiger Masovic und Bella-Kotchap spielerisch leicht durchsetzte, mit dem Fuß (15.).

VfL-Torwart Manuel Riemann ist enttäuscht.
VfL-Torwart Manuel Riemann ist enttäuscht. © getty Images

Zuvor hatte Rexhbecaj einmal mit einem harmlosen Schuss RB-Keeper Peter Gulacsi ins Spiel gebracht. Und die 500 VfL-Fans im Stadion? Sangen trotzdem. „Bis unsere Mannschaft siegt….“

Davon war der VfL so weit entfernt wie Leipzig vom Titelgewinn in der Champions League. Noch. Denn nach 20 Minuten beruhigte sich die Partie, der VfL kam besser ins Spiel. Einmal schlief er noch, als nach einem flachen Freistoß fast Höhe der Mittellinie Christopher Nkunku zwischen Masovic und Bella-Kotchap lief. Das ging zu einfach. Dachte sich vielleicht auch Nkunku, der mit einem schwachen Abschluss in Riemanns Arme die nächste 100-Prozentige ausließ.

RB-Trainer Marsch beweist mit Wechseln ein glückliches Händchen

In der letzten Viertelstunde aber steigerte sich Bochum deutlich, attackierte hoch, gewann Bälle, verunsicherte RB. Losilla (35.) und Holtmann, links ganz frei vor Gulasci, vergaben zwei Chancen und sorgten dafür, dass sich die RB-Fans als das Gegenteil der VfL-Fans zeigen durften. Etliche pfiffen ihre Mannschaft aus, obwohl Leipzig zu Beginn alles richtig gemacht hatte. Außer im Abschluss.

In der zweiten Halbzeit spielte Leipzig lange nicht so zielstrebig und überfallartig wie zu Beginn des ersten Durchgangs. Oder anders gesagt: Bochum setzte seinen Trend der letzten Viertelstunde fort, steigerte sich weiter, machte selbst Druck über die Außen Holtmann/Antwi-Adjei und den lauffreudigen Asano. Und defensiv agierte der nun teils sogar optisch überlegene VfL gegen vielleicht verunsicherte Gastgeber wie erhofft: kompakt, stabil. Große Chancen gab es hüben wie drüben nicht.

RB-Coach Marsch reagierte, brachte Mukiele als Rechtsverteidiger für Angelino, stellte auf Viererkette um, brachte dann mit Andre Silva und Dominik Szoboszlai zwei frische Stürmer für Forsberg und Poulsen. Und das nennt man dann wohl ein glückliches Händchen.

Die Erlösung: André Silva (mitte) freut sich mit seinen Leipziger Teamkollegen über den Führungstreffer.
Die Erlösung: André Silva (mitte) freut sich mit seinen Leipziger Teamkollegen über den Führungstreffer. © getty Images

Ausgerechnet nach einem Standard, nach einer Ecke köpfte ausgerechnet Silva mit seinem ersten Ballkontakt das 1:0. Der von Frankfurt geholte Stürmer kam im Fünfmeterraum völlig frei zum Abschluss. Zu diesem Zeitpunkt ein überraschender Treffer, unterm Strich aber die verdiente RB-Führung (70.).

Drei späte Leipziger Tore

Das 1:0 ließ den Knoten platzen. Kurz darauf flackerte die Arena erneut im roten Scheinwerfer-Licht. Nkunku entwischte nach Steck-Pass von Silva wieder einmal im Rücken von Bella-Kotchap, und diesmal ließ er auch Riemann keine Chance. 2:0, 73. Minute.

Jetzt wechselte Reis die Offensive durch: Polter und dann Löwen, Pantovic und Blum kamen für Holtmann, Rexhbecaj, Asano, Antwi-Adjei. Es nutzte nichts: Nkunku enteilte Tesche, Bella-Kotchap konnte den Ball nur noch knapp hinter der Linie klären. 3:0.

Patrick Osterhage kam in den letzten Minuten zu seinem Bundesliga-Debüt (für Tesche), Polter vergab noch drei gute Chancen. Letztlich blieb es beim verdienten Leipziger Heimsieg.