Bochum. Seit vier Jahrzehnten hält Thomas Dragunski dem VfL Bochum die Treue. Immer mit Kutte. Immer mit Kippe. Natürlich auch während Corona.
Ein zugegeben makaberer Gedanke: Sollte Thomas Dragunksi alias „VfL-Jesus“ eines Tages obduziert werden müssen, würden Ärzte sicher ein blau-weißes Herz in seiner Brust sehen. Alles andere wäre eine Überraschung. Der 55-jährige Bochumer ist seit vier Jahrzehnten Fan des VfL Bochum, seine Markenzeichen: Die Kutte, die Zigaretten und das Haar, das strahlt wie das eines Heiligen.
VfL Bochum: Kult-Fan "VfL-Jesus" ist ein Original
Der VfL-Jesus ist Kult. Einem größeren Publikum bekannt wurde er durch den Film „Pottoriginale“ des Voerder Regisseurs Gerrit Starczewski. Thomas Dragunski ist eine Type. Eben ein Original. Wäre er nicht Thomas Dragunski, er müsste erfunden werden für die Filme von Starczewski. Ein Fußball-Fan, der die Stadt atmet und den Verein liebt. Und mit ihm bis in die Kreisliga absteigen würde.
Ist momentan aber gar nicht nötig: Thomas Dragunski ist jetzt Fan eines Erstligisten. Am Samstag eröffnet der Klub die Saison des Rückkehrers gegen den VfL Wolfsburg. Eine Woche später könnte Thomas Dragunski auf der Tribüne Platz nehmen – so Corona will. „Die Dauerkarte ist bestellt, oder watt“, sagt Thomas Dragunski am Telefon. „Geimpft bin ich auch.“ Thomas Dragunski ist startklar. Wie immer.
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Zuletzt war Thomas Dragunski im Fußball-Einsatz. Für ein Benefizspiel für die Hochwasser-Opfer streifte er sich die Stutzen über, die Kippe durfte in Walter-Frosch-Manier nicht fehlen. Thomas Dragunski setzte noch einen drauf, klar: Kippe im Mund in Fußball-Schuhen. Egal, ob das kostet.
Den Fußball musste Thomas Dragunski viel zu lange aus der Ferne verfolgen. Eine ganze Saison lang war der Lebens-Fan zum Zugucken verdammt. Mit Freunden vor dem Fernseher, statt im Stadion an der Castroper. „Das war ja grausam, nicht ins Stadion zu dürfen“, sagt Thomas Dragunski. „Das ist ja mein zweites Zuhause.“ Ab und an hat er sich bei den Heimspielen vor das Stadion gestellt, „um in der Nähe der Mannschaft zu sein“. Das Spiel sah er auf dem Handy. „Normalerweise laufe ich an Heimspielen wie hypnotisiert durch die Gegend. Hab den ganzen Tag den VfL im Kopf.“
Auseinandersetzung mit Schalkern
Um zu verstehen, wie grausam ein Jahr ohne VfL sein kann, reicht ein Blick zurück: Thomas Dragunski kommt eigentlich aus Wanne-Eickel. „Das war eine Schalker Gegend.“ Mit zwölf Jahren entdeckt er die Stadt, die untrennbar mit dem Verein verbunden ist. „Da hab‘ ich mich sofort verliebt, oder watt.“
Ein anderes wichtiges Lebensjahr: Mit 14 spielt er Fußball mit einem Freund. Zwei andere kommen hinzu. Schalker. Eine Partie zwei gegen zwei. Am Ende gibt es eine Auseinandersetzung. „Da hab ich die Kutte in die Hand genommen, oder watt. Und dann hab ich die Aufnäher abgemacht.“ Noch heute trägt Thomas Dragunski diese Kutte. Die Kutte eines Schalkers. Einzige Modifikation: Größere Löcher für die Arme. „Mit 14 hat die noch gut gepasst. Irgendwann nicht mehr.“
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Sein Verein war nicht so stabil wie die Kutte. Die meisten Jahre erlebte Thomas Dragunski mit dem VfL in der ersten Liga. Unabsteiger war der Klub aber doch nicht. 1996 ging es runter in Liga zwei. Doch die Liebe überstand auch diesen Absturz. „Kein Titel, wenig Ziele, trotzdem Liebe, oder watt“.
Nun aber: Aufstieg. Bundesliga. Ganz oben. Und mit dem VfL Thomas Dragunski. Er habe in keinster Weise gezweifelt, als dem VfL im Saisonendspurt die Nerven flatterten. Die Saison sei für ihn wie für einen Bayern-Fan gewesen. „So viele Siege habe ich noch nicht gesehen, oder watt.“ Lag es an den Fans? Dass sie nicht dabei waren und so Ruhe im Verein herrschte? „Mit Fans hätten sie sogar noch mehr Tor geschossen, oder watt.“
Tore braucht der VfL in dieser Saison dringend für den Klassenerhalt. Und Fans. Solche wie Thomas Dragunski. Oder watt?