Bochum. Patrick Fabian spielt seit 20 Jahren für den VfL – am Sonntag zum letzten Mal. Auch vier Kreuzbandrisse konnten ihn nicht zermürben.
Trainingslager in Südspanien, ein sonniger Wintertag. Wutentbrannt stapft Patrick Fabian mit rotem Kopf und angestrengten Gesichtszügen zum Hotel. Als sei der VfL Bochum gerade aus der 2. Fußball-Bundesliga abgestiegen. Einige Kollegen hatten andere Kollegen bei einer intensiven Laufeinheit im Stich gelassen. Hatten nicht alles gegeben. Einem Teamplayer, der immer alles raushaut, platzt in solchen Situationen der Kragen. „Ich habe immer Fußball gespielt, weil es mir Bock macht, auf dem Platz zu stehen, zusammen Siege zu feiern und zusammen Niederlagen zu verkraften“, erklärt der Innenverteidiger. „Tennisspieler hätte ich nie werden können.“
Am Sonntag in Hannover (15.30 Uhr/Sky) spielt der 32-Jährige zum letzten Mal für seinen Verein: Patrick Fabian beendet seine Karriere. Die 2. Liga verliert einen der wenigen echten Typen mit klarer Kante. Klub und Anhänger verneigen sich seit Tagen.
20 Jahre hielt er für den VfL die Knochen hin, seinen Jugendverein, den er nie verlassen hat, nie verlassen wollte. Vier Kreuzbandrisse hat er überwunden. 2011. Gleich zweimal im Jahr 2012. Dann wieder 2017. Insgesamt 155 Mal spielte er als Profi für den VfL. Ein paar Mal nur lief er in der Bundesliga auf als Jungspund, seit zehn Jahren ist der Klassenerhalt in Liga zwei das höchste der Gefühle. Sein größter Sieg, sagt der robuste Verteidiger selbst, konnte kein Aufstieg sein. Es war sein persönlicher Kampf gegen sein Knie. Er hat ihn gewonnen.
VfL Bochum ließ Patrick Fabian nicht hängen
Denn aufzugeben, wegzurennen bei Gegenwind, auch bei Spannungen im Klub, war nie ein Thema für ihn. „Es lohnt sich, gegen Widerstände zu kämpfen, persönlich wie mit dem Verein“, sagt er. Für Werte einzustehen. Vor allem: sich nicht wegzuducken, sondern sich selbst treu zu bleiben.
Der Verein, sein VfL Bochum, ließ ihn nach den schweren Verletzungen nicht hängen. Fabian gab zurück. Der gebürtige Hagener erklärt seine heute altmodisch anmutende Vereinstreue auch mit einem gegenseitigen Wechselspiel aus Respekt und Anerkennung. Fabian wurde schnell zum Anführer. Mal mit, mal ohne Kapitänsbinde. Auch abseits des Platzes. Immer hatte sein Wort Gewicht, gerade in brenzligen Zeiten. In der Kabine, in der Führungsetage, in der Öffentlichkeit.
Und bei den Fans. Rund um sein letztes Heimspiel am vergangenen Sonntag gegen Greuther Fürth erhielt er in den Sozialen Medien einen Sturm an Dank und Respekt. „Das hat mich sehr gerührt“, sagt Fabian. „Was an Resonanz kam, das war schon überwältigend, damit habe ich nicht gerechnet. Das hat mir gezeigt, dass ich etwas hinterlassen habe als Mensch. Das macht mich natürlich stolz.“
Auch interessant
Mit dem VfL durch dick und dünn gegangen
Der Mensch Fabian steht für einen impulsiven, ehrgeizigen Kerl, den offenbar viele Fans vermissen im Profifußball. Werte wie Bodenständigkeit, Respekt, Ehrlichkeit sind für Fabian keine Phrasen. Er hat sie selbst verinnerlicht und vermittelt sie an Teamkollegen. So ist er mit dem Verein durch dick und dünn gegangen, durch „gute und schlechte Zeiten. Wir haben gemeinsam viele Tiefen durchschritten, aber genau das zeichnet ja auch die Beziehung zwischen dem VfL Bochum und mir aus“. Patrick Fabian, der Unbeugsame.
Es passt ja fast zur ungewöhnlichen Karriere eines ungewöhnlichen Spielers, dass sie auch anders zu Ende geht als normalerweise. In der Krise der Corona-Pandemie und damit „leider ohne Zuschauer im Stadion“, sagt Fabian. „Ich denke, wir holen das nach.“
Auch interessant
Patrick Fabian bleibt dem VfL Bochum erhalten
Deutlich einfacher macht ihm den Abschied, dass die Ehe zwischen Fabian und dem VfL Bochum ja nicht zerbricht. Fabian bleibt dem Klub erhalten, künftig arbeitet der studierte 32-Jährige als Assistent der Sport-Geschäftsführung. Zu tun, sagt er, gebe es genug.
Seine letzten Tage als Aktiver, seine letzte Auswärtsfahrt nach Hannover, seinen letzten Einsatz als Spieler aber will er noch einmal genießen. So gut es geht, so gut er es kann. Denn, so Patrick Fabian: „Es ist schon viel Wehmut im Spiel.“