Bochum. Ab Samstag stehen Geisterspiele auf dem Plan. Bochums Ex-Trainer Robin Dutt erklärt, wie sich die Profifußball-Branche verändern könnte.
Robin Dutt erlebte den Beginn dieser so schwierigen Saison noch als Trainer des VfL Bochum. Bei den ersten vier Partien des Fußball-Zweitligisten stand er in dieser Spielzeit an der Seitenlinie – Ende August kam es allerdings zur Trennung. Rund achteinhalb Monate später steht auch der VfL vor dem Re-Start nach einer rund zweimonatigen Pause aufgrund der Corona-Pandemie. Am Samstag (13 Uhr/Sky) soll der VfL gegen den 1. FC Heidenheim antreten. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) will die Spielzeit mit neun verbleibenden Spieltagen bis zum 30. Juni beenden.
Für Dutt, der als Bundesliga-Trainer auch beim SC Freiburg, bei Bayer Leverkusen und Werder Bremen arbeitete, gibt es mit Blick auf die Saison-Fortsetzung "ein Pro und Contra", wie er im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt. "Die Wiederaufnahme ist einerseits unter dem Gesichtspunkt der 60.000 Arbeitsplätze zu betrachten, die daran hängen", sagt der 55-Jährige. "Diese Menschen müssen genauso ihre Chance wie alle anderen haben, ihre Jobs zu retten."
Dynamo Dresden befindet sich in häuslicher Quarantäne
"Andererseits", so Dutt, "gibt es ein Hygienekonzept, das vor allem Körperkontakt zulässt, der in anderen Bereichen nicht erlaubt ist. Ich kann nachvollziehen, dass es kritisch gesehen wird."
Der DFL-Plan gerät zudem schon früh ins Wanken: Die Mannschaft sowie der gesamte Trainer- und Betreuerstab des Tabellenletzten Dynamo Dresden mussten sich am Samstag in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne begeben, nachdem zwei Profis positiv auf das Coronavirus getestet worden waren. Wann die Partien der Sachsen bei Hannover 96 und gegen Greuther Fürth nachgeholt werden sollen, ist noch offen.
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Dennoch könne das Hygienekonzept auch die Entscheidung legitimieren, die Spielzeit fortzuführen zu dürfen, meint Dutt: "Wenn die Spieler sich nur noch zwischen Zuhause, Hotel und Platz bewegen, könnte man argumentieren, dass sie immer noch weniger Körperkontakt trotz den Zweikämpfen haben als Leute, die sich frei bewegen können. Die einen gehen auf Demonstrationen, die anderen treffen sich trotzdem im Park oder in privaten Räumen."
Und es gibt noch einen weiteren Punkt, der ihn an der Kritik am Profifußball in diesen Zeiten stört: "Ich finde es generell nicht gut, einzelne Branchen gegeneinander aufzuwiegeln. Jede Branche kämpft momentan ums Überleben", betont Dutt. "Der Fußball sollte nicht zu sehr auf die Position gehoben werden, dass die Reichen wieder kicken und Spaß haben wollen. Wir hätten Spaß, wenn wir mit 50.000 Menschen ins Stadion gehen könnten und nicht die Geisterspiele ausgetragen werden müssten."
Dutt sieht den SC Freiburg als positives Beispiel
Der frühere DFB-Sportdirektor hat konkrete Vorschläge, wie sich die Profi-Branche verändern könnte. "Vielleicht hat man in Zukunft die Erwartungshaltung, dass man nicht nur den Tabellenplatz sieht, sondern auch das Überleben des Vereins bei Krisen berücksichtigt. Das würde heißen: niedrigere Gehälter für Spieler und Trainer, niedrigere Ablösesummen und eine höhere Eigenkapitalquote. Problematisch wird es aber dann, wenn sich die einen daran halten, die anderen aber nicht. Aber Freiburg zeigt es seit Jahrzehnten, dass man so etwas kann. Da geht es über eine gute Arbeit im Nachwuchsleistungszentrum. Dort kann man viele Talente direkt aus der U19 in die Profimannschaft integrieren."
Seinen Ex-Klub Bochum verfolge er stets "sehr intensiv", versichert Dutt: "Ich habe weiterhin gute Kontakte zum VfL und bin dem Verein sehr verbunden. Wir hatten eine sehr erfolgreiche Zeit nach einer ganz schwierigen Situation, als ich die Mannschaft übernommen hatte und sie um den Klassenerhalt kämpfte. Wir waren oben mit dran, es war für mich eine tolle Zeit. Ich habe dort tolle Menschen im Verein und vor allem im Funktionsteam kennengelernt."
Auch deshalb wird er sicherlich am Samstag ganz genau hinschauen, wenn Bochum das erste Spiel nach der langen Zwangspause absolviert. Dann geht für den VfL, der als Tabellen-15. nur drei Punkte vor dem Relegationsrang liegt, der Abstiegskampf weiter.