Bochum. Der Fußball-Zweitligist VfL Bochum prüft derzeit alle Verträge und Zukunftsszenarien - auch den schlimmsten Fall.
Es können ja nur kleine Lichtblicke sein, die die düstere Stimmung derzeit wenigstens ein wenig aufhellen. Auch in Bochum gilt das, auch beim Fußball-Zweitligisten VfL. Als sich über die sozialen Medien schnell verbreitete, dass am Donnerstagabend um 21 Uhr die inoffizielle Stadt- und Vereinshymne „Bochum“ von Herbert Grönemeyer von den Balkonen der Stadt zu hören sein soll als Dank für die wichtigen Einsatzkräfte in der Corona-Krise, schloss sich der wohl wichtigste Verein der Stadt an.
Flutlicht und Grönemeyer im leeren Stadion
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Der VfL Bochum, der die Grönemeyer-Hymne vor jedem Heimspiel durchs Stadion schallen lässt, schaltete das Flutlicht an im leeren Ruhrstadion und ließ das Lied laufen. Das Video dazu erreichte hohe Klickzahlen. „Gänsehaut! Stadion beleuchtet, „Bochum“ an!“, twitterte der Verein. Und: „Danke nochmal für die Idee und noch viel größeren Dank an alle, die gerade für unsere Gesellschaft im Einsatz sind! Längst nicht nur in Bochum!“
Noch kein Corona-Fall im Verein
Den Rest der Tage und auch einen guten Teil der Nächte verbringt die Führung des VfL mit dunklen Themen. Die Angst geht um vor dem Saisonaus, das wohl alle Zweit- und viele Erstligisten in größte Nöte bringen würde. „Wir müssen kühlen Kopf bewahren. Es gilt, den Wirtschaftsbetrieb beim VfL Bochum zu erhalten und die Krise zu überwinden“, sagt Ilja Kaenzig, der Sprecher der Geschäftsführung. Die VfL-Verantwortlichen arbeiten dabei akribisch im Hintergrund. Laute Töne, schrille Ansagen waren noch nie das Ding der VfL-Bosse. Der Schweizer Ilja Kaenzig, ein international weit gereister Fußballwirtschafts-Experte mit vielen Kontakten und Erfahrungen, sagt: „Wir handeln lieber überlegt, als uns für Aktionismus feiern zu lassen.“
Die Profis trainieren individuell daheim wie überall im Land, und zwar auch in der kompletten kommenden Woche noch, auch wenn es noch keinen Coronavirus-Fall im Verein gibt. Trainer Thomas Reis und Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz entschieden bereits am Freitagmittag die Fortsetzung des isolierten Individualtrainings, zur Planungssicherheit, zum Schutze aller.
500.000 Euro Verlust pro Geisterheimspiel
An der Castroper Straße arbeiten die Führungsgremien mit Hochdruck „alle denkbaren Szenarien“ ab, so Kaenzig. Zum Beispiel, wie viel Geld verloren ginge im „Worst Case“, wenn die Saison nicht zu Ende gespielt werden kann. Und wie viel Geld verloren ginge, wenn es nur noch Geisterspiele geben würde. Sponsoren hätten Regressansprüche, Zuschauereinnahmen würden genauso fehlen wie Fernsehgeld – rund 7,5 Millionen Euro schütten die TV-Rechteinhaber pro Spieltag an die 18 Vereine aus.
Bereits pro Geisterheimspiel verliert Bochum 500.000 Euro plus weitere Sponsorengelder. Pro komplett ausgefallenem Heimspiel – vier stehen noch an – sind es weit über eine Millionen Euro an Verlust, sofern die TV-Sender auf ihre Verträge pochen. Zur Einordnung: Der Lizenzspieleretat für diese Saison liegt bei rund zwölf Millionen Euro, der Gesamtumsatz des Vereins bei 34 Millionen Euro.
Man rechnet also gerade alles hoch beim VfL, „jeder einzelne Vertrag wird geprüft“, sagt Kaenzig. Man muss ja gar den Fall bedenken, dass die Saison ohne Fans zu Ende gespielt wird – und der VfL, der als Tabellen-15. in akuter Abstiegsgefahr schwebt, die Liga sportlich nicht hält. Einnahmeausfälle und Abstieg: Auch wenn der „Worst Case“ schon der schlimmste Fall ist, so würde er noch schlimmer.
Thema ist nun ein Gehaltsverzicht
Natürlich ist längst auch „Solidarität“, so Kaenzig, ein Thema: Über einen Gehaltsverzicht wird bald gesprochen mit der Mannschaft. „Das Thema packen wir definitiv an“, sagt Sebastian Schindzielorz, der als Führungskraft natürlich ebenso in der Pflicht steht. Auch Kurzarbeit für die rund 70 Mitarbeiter ist ein Thema, das noch geprüft wird. Und auf Solidarität, das wissen sie beim VfL, ohne es öffentlich einzufordern, wird es wohl auch ankommen im deutschen, womöglich gar internationalen Profifußball – um genau diesen zu retten.