Bochum. Der abstiegsbedrohte VfL Bochum startet beim Zweitliga-Spitzenreiter Arminia Bielefeld. Torwart Manuel Riemann geht als Führungsspieler voran.

Trainingsalltag beim VfL Bochum, ein paar Rentner schauen zu. Man kann sie hören, wie sie schimpfen über die Wackel-Abwehr, diskutieren über die bedrohliche Lage des Zweitligisten, der als Tabellenvierzehnter an diesem Dienstag (18.30 Uhr/Sky) bei Spitzenreiter Arminia Bielefeld ins neue Jahr startet. Auf dem Platz ist es sonderbar ruhig. Keiner brüllt. Keiner treibt die Feldspieler an in Open-Air-Konzertlautstärke.

Manuel Riemann ist nicht da.

Es kommt nicht oft vor, dass der mit Ehrgeiz vollgepumpte Torwart eine Einheit verpasst wie an diesem Tag im Vorjahr. Wenn doch, fällt es sofort auf. Riemann, seit Ende 2015 die Nummer eins des Zweitligisten, ist heiß auf jeden Ball, und wenn er ihn im Training aus dem Netz holen muss, könnte man meinen, der Abstieg sei besiegelt.

Eine Einstellung, mit der sich der jahrelang umstrittene Keeper in der Hierarchie nach oben gearbeitet hat. Bei den Mitspielern, die er lobt, tadelt, pusht. Und bei den Fans. „Ich weiß, dass ich kein einfacher Typ bin und auch mal anecke“, sagt Riemann. „Aber mein Hauptaugenmerk ist immer: Ich will alles dafür tun, um mit der Mannschaft erfolgreich zu sein. Wenn ich dafür mal brüllen muss, dann ist das so. Ich stelle nie mein eigenes Wohl über das der Mannschaft. Ich denke, dass dies bei den Fans angekommen ist.“

Manuel Riemann stellt sich in heikler Lage

Dank guter Leistungen in der Hinrunde, dank seines Willens hat sich Riemann zum Führungsspieler gewandelt. „Der haut immer alles raus“, sagt ein Anhänger anerkennend, der ihn vor zwölf Monaten noch nach Sandhausen zurücksehnte, wo der gebürtige Oberbayer herkam im Sommer 2015.

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Riemann stellt sich. Den Medien, den Fans, gerade in heikler Lage, wenn andere sich ducken. Wenn der VfL versagt hat wie in Kiel (1:2), wie zum Abschluss des Jahres bei der 2:3-Heimniederlage gegen Regensburg. Der Torwart diskutiert, alles gefallen lässt er sich nicht. „Ich mache mir über alles, was mir gesagt wird, meine Gedanken. Wenn ich Fehler gemacht habe, bin ich auch bereit, die Kritik anzunehmen“, sagt der 31-Jährige. „Kein Mensch ist fehlerfrei, ich sowieso nicht.“

Der Vorsprung auf Rang 16 beträgt nur noch einen Punkt

Der mit 1,86 Metern vergleichsweise kleine Torwart ist sportlich gewachsen, mental reifer geworden. Die Finger in die Wunden legt er weiterhin. Auch, weil er sich leisten kann. Zwar stoßen seine oft lang nach vorne geschlagenen Bälle manchem weiterhin sauer auf, doch die Zeit der groben Riemann-Patzer, die den VfL in den Vorjahren manche Punkte gekostet haben, ist vorbei. Nicht nur dank seiner drei parierten Elfmeter in der Hinrunde zählte Riemann auch sportlich zu den wenigen Anführern einer instabilen Bochumer Mannschaft, die sich schon früh verabschieden musste von den hehren Zielen des Aufstiegskampfes.

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Es geht um den Klassenerhalt, die Existenz. Der Vorsprung auf Rang 16 beträgt nur einen Punkt. „Wir müssen enger zusammenrücken, noch mehr kommunizieren“, sagt Riemann. Mit 34 Gegentoren, davon viele nach groben individuellen Fehlern, stellt Bochum die drittschlechteste Defensive der 2. Liga – Bielefeld glänzt mit 35 Toren als zweitbeste Offensive. Im Angriff allerdings kann Bochum durchaus mithalten, Silvere Ganvoula und Danny Blum (zusammen 16 Tore) sind die Nummer zwei der 2. Liga – hinter den Bielefeldern Fabian Klos und Andreas Voglsammer (22 Tore).

Mehrere Veränderungen sollen den VfL retten

Retten soll den VfL mehr Stabilität, mehr Aggressivität in den Zweikämpfen, mehr Konzentration, auch ein neues System. Gemeinsames Verteidigen war der Schwerpunkt der Vorbereitung, Trainer Thomas Reis studierte neue Varianten ein. In Bielefeld aber ist mit einer Viererkette zu rechnen in einem 4-4-2 mit Raute, das defensiv zu einem 4-3-3 wird. Einen Verteidiger will der VfL bis zum Transferschluss am kommenden Freitag aber noch verpflichten und dafür auch in ein überschaubares finanzielles Risiko gehen.

Zu bedrohlich nahe ist ein Abstiegsplatz. Das weiß auch Riemann, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, mit einer Verlängerung ist zu rechnen. Der Torwart sagt: „Wenn wir sportlich unser Ziel erreicht haben, bin ich bereit, über diese Dinge zu sprechen.“