Bochum. Mit 24 Feldspielern und drei Torhütern hat der VfL Bochum das Training 2020 aufgenommen. Zwei Spieler sind freigestellt - Neue könnten kommen.
Den letzten Ferientag nutzten einige Kinder und Jugendliche zur Autogrammjagd beim VfL Bochum. Der abstiegsbedrohte Zweitligist hat am Montag das Training im neuen Jahr aufgenommen, die Unterschrift eines neuen Spielers aber konnte niemand ergattern - es ist noch kein Neuzugang da.
Thomas Reis, der Trainer, sieht das entspannt. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn ein neuer Spieler - gesucht wird insbesondere ein Stabilisator für die wackelige Defensive - noch vor dem Abflug ins Trainingslager ins andalusische Jerez de la Frontera den Kader verstärken würde, sagt Reis. Forderungen aber stellt der 46-Jährige nach seinen ersten Monaten als Chefcoach eines Profiteams nicht. „Wenn uns noch einer verstärken sollte, sage ich nicht nein. Aber ich habe Vertrauen in meinen jetzigen Kader“, sagt Reis und gibt sich selbstbewusst: „Ich weiß, was ich kann und dass meine Truppe mir folgt.“
Trainer Thomas Reis: Die Saison wird nicht einfach
Dabei macht der Ex-Profi keinen Hehl daraus, dass dem VfL viel Arbeit bevorsteht, um den Klassenerhalt zu schaffen. „Ob noch neue Spieler kommen oder nicht, die Saison wird nicht einfach, wir sind uns der Situation bewusst. Wir stehen zum Glück über dem Strich, aber wir hätten in der Hinrunde schon gerne mehr Punkte geholt.“ Nicht nur das 2:3 gegen Regensburg zum Jahresabschluss, sondern auch weitere Partien mit unnötigen Punktverlusten hat Reis längst nicht abgehakt. „Diese Spiele sind nicht verdaut, die individuellen Verhaltensweisen, die uns Punkte gekostet haben, tun weh.“
Diese abzustellen, wird ein Schwerpunkt der Vorbereitung sein. Der Schwerpunkt sogar. Es geht um das bessere, konzentriertere Verteidigen „im Verbund, als gesamte Mannschaft“, so Reis; um mit weniger Gegentoren letztlich mehr Punkte zu holen, die – mindestens – zum Klassenerhalt reichen sollen.
Der Kader soll verkleinert werden
Noch weitere sieben Einheiten sind angesetzt bis zum Abflug nach Spanien am Sonntag, und im Trainingslager „sind wir bestimmt nicht, um an den Strand zu gehen“, stellt Reis klar, dass dort intensiv gearbeitet werden soll. Und zwar mit einem Kader, der kompakter gehalten werden soll als bisher. „Je größer der Kader ist, desto mehr Frustrierte gibt es“, will Reis hausgemachte Störfaktoren verhindern.
Wellers und Saglam sollen sich einen neuen Verein suchen
Zwei Profis ohne Einsatzchance sind daher vom Training vorerst freigestellt worden: Jan Wellers (19) und Görkem Saglam (21) dürfen ab sofort rund um die Uhr woanders vorspielen oder Gespräche führen. Finden sie keinen neuen Verein, kehren sie spätestens nach dem Ende der Winter-Transferperiode ins Training des VfL zurück – bis zum Sommer, denn dann laufen ihre Verträge aus.
Reis: „Für die Jungs wäre es sinnvoll, wenn sie bei anderem Verein ihre Qualitäten zeigen können, die sie haben. Bei uns wäre es aufgrund der Konstellation des Kaders schwierig, und dann ist es besser, ihnen das ganz ehrlich und direkt so zu sagen.“ Das ist natürlich die nette Formulierung der sportlichen Ausmusterung, die sich ja in der Hinrunde mehr als nur abzeichnete. Wellers hat es überhaupt nur zwei Mal in den Kader geschafft, Saglam zehn Mal. Beide kamen keine einzige Minute zum Einsatz. Reis: „Es ist wichtig für die Jungs, dass sie Spielpraxis erhalten.“
Wellers ist im defensiven Mittelfeld zuhause, gegen Anthony Losilla, Robert Tesche, Vitaly Janelt oder auch Thomas Eisfeld hat er keine Chance. Seit 2017 spielt der Ex-Schalker für den VfL, ein Drittligist wäre die nahe liegende Lösung.
Der Fall Saglam: Den Durchbruch hat das Talent in Bochum nicht geschafft
Auf immerhin 29 Zweitliga-Einsätze in nun dreieinhalb Profijahren hat es Saglam für den VfL gebracht, mit 18 Jahren bereits debütierte er in der 2. Liga beim 4:2-Sieg in Heidenheim am letzten Spieltag der Saison 2016/17. Der klassische Zehner und ehemalige U-20-Nationalspieler, technisch so beschlagen wie kaum ein anderer Spieler im Kader, hat aufgrund fehlender positioneller Flexibilität im beim VfL seit Jahren bevorzugten 4-2-3-1-System, zu wenig Torgefahr und zu gering ausgeprägter Zweikampfhärte aber nie den Durchbruch geschafft, unter keinem Trainer – angefangen bei Gertjan Verbeek über Ismail Atalan, Jens Rasiejewski und Robin Dutt bis zu Thomas Reis.
Eine andere Spielphilosophie könnte Saglam helfen
Schon vor gut anderthalb Jahren gab es Kritiker, als man den Vertrag noch einmal verlängerte. Wegen seines Talentes. Und weil Saglam - ähnlich wie im Fall Selim Gündüz - seit 2006 sämtliche Jugendmannschaften des VfL Bochum durchlaufen hat. Jetzt hat der VfL aber die Kehrtwende vollzogen und den Druck auf den 21-Jährigen erhöht, bei einem neuen Verein einen neuen Anlauf zu nehmen. Es ist ja durchaus denkbar, dass er bei einem Verein mit einer anderen Spielphilosophie, etwa mit einer Raute, auch in der 2. Liga Fuß fassen kann.
Patrick Fabian kann noch ein wichtiger Faktor werden
Die von Reis angesprochene Konstellation des Kaders erklärt – neben der Flut an Gegentoren – auch, dass Verstärkung vor allem in der Innenverteidigung gesucht wird. Mit Armel Bella-Kotchap, der seinen Vertrag am Montag bis 2024 verlängert hat, Simon Lorenz und Saulo Decarli kamen hier nur drei Spieler zum Einsatz. Eine Alternative ist Patrick Fabian, der Routinier, der bisher noch gar nicht spielte, aber in der weiteren Saison vor allem dann ein Faktor werden kann, wenn kein neuer Verteidiger verpflichtet werden sollte.
Zudem nimmt Maxim Leitsch einen weiteren Anlauf auf sein Comeback, am Montag trainierte der Linksverteidiger komplett mit. Sein letzter Einsatz liegt wegen seiner Leistenproblematik mittlerweile aber schon 15 Monate zurück. „Es wäre wichtig, wenn er die komplette Vorbereitung beschwerdefrei absolvieren könnte“, sagt Reis.
Sebastian Maier hofft noch auf das Trainingslager
Mittelfeldmann Sebastian Maier kann dies nicht, am Montag trainierte der potenzielle Gestalter individuell. Thomas Reis hofft aber, dass er in dieser Woche ins Mannschaftstraining zurückkehren kann. Andernfalls droht er auch das Trainingslager zu verpassen. „Ich nehme nur Spieler mit, die zu 100 Prozent einsatzbereit sind“, sagt der Trainer. Definitiv nicht dazu zählen wird Ulrich Bapoh (nach Kreuzbandriss), neben Maier der einzige Profi, der verletzungsbedingt beim Auftakt nicht mit der Mannschaft trainierte.
Drei A-Jugendliche trainieren vorerst mit
Mindestens bis Donnerstag mit dabei sind dagegen die A-Jugendlichen Lars Holtkamp (Mittelfeld), Stelios Kokovas und Moritz Römling (beide Außenverteidiger). Bis dahin können sie sich beweisen. Ob sie mitfliegen nach Spanien, dürfte aber vor allem auch davon abhängen, ob bis dahin noch ein oder auch zwei neue Spieler beim VfL Bochum landen.