Bochum. Jenseits des Falles von Abwehrtalent Jan Gyamerah muss der VfL Bochum darum bemüht sein, junge Spieler in die Mannschaft zu bekommen.

Dass Jan Gyamerah den VfL Bochum im Sommer ablösefrei verlassen wird, hat für einigen Aufruhr unter den VfL-Fans gesorgt. Dabei ist nicht nur der Spieler selbst, sondern auch die Personalpolitik des Zweitligisten in die Kritik geraten. Allerdings macht man es sich zu einfach, den Verantwortlichen Schlafmützigkeit zu unterstellen. Man kann einen Profi schließlich nicht an den Verhandlungstisch zwingen, um ihn frühzeitig an sich zu binden und damit sozusagen aus dem Verkehr zu ziehen.

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Jenseits des Falles Gyamerah muss der VfL aber dringend bemüht sein, einerseits junges Blut in die Mannschaft zu bekommen und andererseits damit perspektivisch Werte für eventuelle Transfers zu schaffen. Einen 23-Jährigen mit der Erfahrung aus fast 70 Zweitliga-Spielen ablösefrei ziehen lassen zu müssen, tut auf jeden Fall weh.

Klostermann und Goretzka brachten Geld

Zumal seit 2016, als Onur Bulut für eine gute Million Euro nach Freiburg gewechselt ist, kein nennenswerter Betrag mehr geflossen ist in die VfL-Kasse für den Transfer eines Eigengewächses. 2014 hatte der Weggang von Lukas Klostermann zu RB Leipzig noch eine Transfereinnahme inklusive aller Nebengeräusche von mehr als einer Million gebracht, 2013 konnte der VfL sogar nur dank des Wechsels von Leon Goretzka zum FC Schalke 04 für mindestens vier Millionen Euro den Kopf noch so eben über Wasser halten. Davor bescherten die Transfers von Kevin Vogt und Matthias Ostrzolek dem VfL willkommene Transfereinnahmen. Seit 2016 hat sich aber nichts mehr getan.

Wird vermutlich nicht mehr oft spielen für Twente Enschede, wohin er ausgeliehen ist: Ulrich Bapoh (rechts).
Wird vermutlich nicht mehr oft spielen für Twente Enschede, wohin er ausgeliehen ist: Ulrich Bapoh (rechts). © Olaf Ziegler

An der Einnahmeflaute, was die eigenen Talente betrifft, will man in Bochum künftig etwas ändern, auch deshalb trainieren fünf A-Junioren, vier davon zählen sogar noch zum jüngeren Jahrgang, regelmäßig bei den Profis mit. Mit Jan Wellers hat man den ältesten dieser Spieler bereits zum Profi gemacht, andere sollen folgen. Zum Beispiel Moritz Römling. Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass nicht nur beim VfL viele Beobachter von den Qualitäten des 17-Jährigen überzeugt sind. Römling kann auf der linken Seite offensiv wie defensiv spielen. Nach schnellen Flügel-Spielern, die beide Richtungen beherrschen, leckt man sich gerade in ganz Deutschland die Lippen, deshalb dürfte es auch in diesem Fall namhafte Konkurrenz für den VfL geben. Und der Vertrag des Wittener U18-Nationalspielers endet laut Transfermarkt.de im Sommer.

Zwei Bochumer in den Niederlanden

Dass der VfL Bochum in der aktuellen Situation mehr Überzeugungsarbeit als üblich wird leisten müssen, wird deutlich, wenn man sich die Einsatzzeiten von Görkem Saglam und Vitaly Janelt anschaut. Die ganz jungen Spieler schauen schließlich darauf, was den nur unwesentlich älteren Profis in ihrem Verein widerfährt. Woran sollten sie sich sonst orientieren? Viermal durften Saglam (20) und Janelt (20) in den bisherigen 20 Zweitliga-Partien mitwirken – da ist Luft nach oben, nicht nur nach dem Geschmack der genannten Spieler.

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Und wie steht es mit den derzeit verliehenen jungen Spielern? Ulrich Bapoh (19) und Evangelos Pavlidis (20), der bereits vor vier Jahren nach Bochum gekommen war, darf man wohl mit Fug und Recht als Eigengewächse bezeichnen, Simon Lorenz (21), längst Stammspieler beim Drittligisten TSV 1860 München, dagegen nicht. Lorenz würde im Fall des Klassenerhaltes der „Löwen“ gerne in München bleiben, hört man. Wie die Sache ausgehen wird, ist derzeit ungewiss.

Bapoh und Pavlidis befinden sich in Holland und haben beide Pech. Twente Enschede, Bapohs aktuelle Fußballheimat, hat sieben Mal in Folge gewonnen, peilt als Tabellenführer der 2. Liga die Rückkehr in die Eredivisie an und hat im Winter mit Rafik Zekhnini einen weiteren Flügelspieler vom AC Florenz ausgeliehen. Der 19-jährige Bochumer wird wohl nicht mehr oft spielen in den kommenden Monaten. Und Pavlidis? Ihn hatten die Bochumer weitergereicht zu Willem II Tilburg, weil ihm in der U23 des BVB Alexander Isak den Zugang zur Startelf versperrte. Dummerweise ist Isak nur wenige Tage nach Pavlidis ebenfalls in Tilburg gelandet.