Bochum. Am 7. Oktober stimmen Bochums Mitglieder über die Ausgliederung ab. Ein Gespräch mit Franz-Josef Tenhagen und Martin Kree aus dem Aufsichtsrat.

  • Die VfL-Legenden Martin Kree und Jupp Tenhagen haben eine klare Meinung zur Ausgliederung
  • Tenhagen: „Ich glaube, dass es mit Blick auf die Zukunft keine andere Möglichkeit gibt.“
  • Kree: „Wenn man sportlich erfolgreich sein will, darf man sich einigen Entwicklungen nicht verschließen“

Vor der zukunftsweisenden Jahreshauptversammlung, auf der über die Ausgliederung der Profi-Fußballabteilung abgestimmt wird, verraten die VfL-Legenden Franz-Josef Tenhagen und Martin Kree im Interview ihre Sichtweise auf die Dinge.

Herr Tenhagen, Herr Kree, auch Ihre Stimmung dürfte sich nach dem 2:0-Sieg gegen Ingolstadt deutlich verbessert haben. Auch mit Blick auf die Versammlung am 7. Oktober.

Martin Kree: Natürlich. Wenn ein Verein in solchen Tabellenregionen ist, kann das Umfeld schon mal unruhig werden – wir in der Vereinsführung wurden es allerdings nicht. Nach zwei Niederlagen in eigentlich guten Spielen hilft es der Mannschaft, den Glauben an sich selbst zu bewahren.

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Sind Sie persönlich ruhig geblieben oder sprechen Sie stellvertretend für den Aufsichtsrat?

Kree: Ich kann das nur aus meiner Perspektive sagen und weiß, dass wir einen guten Kader haben. Und es gibt Spiele, die so laufen können: Die Mannschaft spielt gut, verliert aber trotzdem. Schlimmer wäre es, wenn sie dabei schlecht spielen würde. Dann käme man nur schwer da raus.

Die Versammlung am 7. Oktober ist eine besondere. Kann man die Stimmung komplett vom Sportlichen trennen?

Kree: Schwierig einzuschätzen. Wir halten es für falsch, die Zustimmung oder Ablehnung in Abhängigkeit der sportlichen Situation zu treffen. Die Tabelle ist eine Momentaufnahme – die Saison ist noch sehr jung. Die Auswirkungen der Entscheidung, die am 7. Oktober getroffen wird, sind langfristig zu betrachten.

Herr Tenhagen, haben Sie sofort Hurra gerufen, als das Thema Ausgliederung auf den Tisch kam?

Tenhagen: Ich bin kein Nostalgiker. Ich glaube, dass es mit Blick auf die Zukunft keine andere Möglichkeit gibt. Andernfalls würden wir durch die dann finanziell geringeren Mittel womöglich den Anschluss verlieren. Wenn also alle, die dem VfL nahestehen, noch einmal Erstliga-Fußball in Bochum sehen wollen, ist dieser Schritt absolut notwendig. Wir sehen, wie die Dinge sich im Fußball entwickeln. Wenn wir da nicht schneller sind als andere, haben wir eine große Chance vertan.

Plakativ formuliert hieße das ja, dass die Mannschaft in dieser Saison keine Chance hat, in die 1. Liga aufzusteigen.

Tenhagen: Wieso? Diese Saison hat für das Team und den Trainer unter schwierigen Umständen begonnen. Jetzt sehen wir, dass sich Einzelspieler und Mannschaft von Mal zu Mal verbessern. Daher können wir optimistisch in die Zukunft blicken.

Das ist auch ein Argument der Ausgliederungs-Kritiker: Sportliche Leistung können die Spieler auch in einem eingetragenen Verein bringen.

Kree: In einer GmbH & Co KGaA hindert sie auch niemand daran. Aber ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Wir reden von einer Entwicklung im Spitzensport, die klar dahin geht, dass mehr Geld in den Profifußball fließt. Dass man, wenn man erfolgreich mitspielen will, über diese Gelder auch verfügen können muss. Der Unterschied zwischen 1. und 2. Liga ist – vor allem durch den neuen TV-Vertrag – schon so exorbitant groß, dass er für uns über Fans im Stadion und Merchandising-Einnahmen nicht zu kompensieren ist. In den nächsten Jahren wird diese Diskrepanz immer größer. Und wir können nicht jedes Jahr davon ausgehen, dass wir durch Spieletransfers außerplanmäßige Einnahmen haben.

Schauen wir uns die 1. Bundesliga an: Horrend hohe Ablösen, ein zerpflückter Spieltag, eine bärenstarke Konkurrenz, eine teilweise übertriebene TV-Präsenz – es ist das Premium-Produkt der DFL. Passt der VfL überhaupt in diese Glitzer-Welt?

Kree: Was gibt es für Alternativen? Wir können natürlich so tun, als würde das alles nicht existieren und dann unseren eigenen Weg gehen. Natürlich: Der VfL steht auch für andere Dinge. Aber wenn man sportlich erfolgreich sein will, darf man sich einigen Entwicklungen nicht verschließen. Ob sie einem nun gefallen oder nicht. Und obwohl alles größer und größer geworden ist, sind die TV-Einschaltquoten und Zuschauerzahlen in den Stadien deutlich gestiegen. Dem Fußball hat diese Entwicklung also anscheinend bisher nicht geschadet.

Bei der Werbung für die Ausgliederung wird bisher nur mit der 1. Bundesliga und mit dem Schreckenszenario 3. Liga argumentiert. Der Verein hat doch ein gutes Umfeld, um in der 2. Liga eine gute Rolle zu spielen. Wo bleibt der Mittelweg?

Kree: Den Mittelweg beschreiten wir ja im Grunde in diesem Moment. Wir sind sehr gut vermarktet, trotzdem reicht es nicht, um finanzielle Lücken zu anderen Zweitligisten zu schließen. Darin sehen wir die zukünftigen Risiken. Nur hat man nicht allzu viele Chancen, einen solchen Ausgliederungsschritt erfolgreich zu gestalten. Und momentan sind die Vorzeichen günstig, weil wir finanziell zwar nicht auf Rosen gebettet sind, aber auch nicht mit dem Rücken zur Wand stehen. Und nochmal: In einer derart ausgeglichenen 2. Liga müssen wir uns auch mit dem Szenario 3. Liga beschäftigen, sonst dürfte man uns ruhig Vorwürfe machen.

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Angenommen, am 7. Oktober entscheiden die Mitglieder darüber, dass der Verein die Profi-Abteilung ausgliedern darf. Wie schnell wäre danach mit einer Auswirkung auf das Sportliche zu rechnen?

Kree: Soweit sind wir noch nicht. Erst einmal müssen wir die VfL-Mitglieder dazu bewegen, zur Versammlung zu kommen und abzustimmen. Dafür werben wir hier nochmals nachdrücklich. Denn wir wollen ein klares Meinungsbild und die Gewissheit haben, dass wir die Mitglieder überzeugen konnten. Ansonsten ist ein zeitlicher Rahmen schwer zu bestimmen, völlig unabhängig davon, ob wir unser Ziel nicht sogar schon in dieser Saison erreichen. Fakt ist: Wir würden erst nach der Zustimmung seitens der Mitglieder nach Partnern suchen, die dem Verein helfen können. Wann der sportliche Erfolg eintritt, wissen wir nicht. Nur ohne Ausgliederung wird es deutlich schwieriger oder sogar fast unmöglich.