Bochum. Die Pfiffe nach dem 1:1 gegen den KSC hallen nach. Viele Ausfälle sind nur ein Grund für die spielerischen Probleme des VfL Bochum. Eine Analyse.

  • Zwischen dem Anspruch der Dominanz und der Umsetzung auf dem Rasen klafft eine Riesenlücke
  • Von einer gepflegten Struktur im Spielaufbau ist schon lange nicht mehr viel zu sehen
  • Bei Spielern und Fans schrillen so langsam die Alarmglocken des Abstiegskampfes

Es geschah am 18. November vergangenen Jahres, als der VfL Bochum die „Philosophie“ des Trainers auch auf den Rasen brachte. Beim 1:1 gegen Eintracht Braunschweig agierte der VfL; er zeigte Dominanz, Spielstärke, Mut.

Schon zuvor gab es nur seltene Auftritte dieser Art, meist auch nur in Phasen einer Partie - danach keinen einzigen mehr. Gegen Dresden (2:2), Bielefeld (0:1), München 1860 (1:0), St. Pauli (1:1), Berlin (1:2) und Karlsruhe (1:1) feierte man ein paar Treffer der Moral, wobei dem VfL in St. Pauli zumindest noch die Spielkontrolle gehörte.

Von einer gepflegten Struktur im Aufbau, von einem Pass-Spiel gehobener Kultur, von Dominanz gar kann längst keine Rede mehr sein - zwischen dem Ideal und der Umsetzung klafft eine Riesenlücke. Lange, hohe Bälle, das ist allzu oft kein sonderlich probates Mittel.

Riemann: „brutales Verletzungspech“

Natürlich spielt das „brutale Verletzungspech“, so Torwart Manuel Riemann, eine gewichtige Rolle, alle strukturellen Probleme erklären kann man damit aber nicht. Trainer Gertjan Verbeek wird zwar nicht müde zu betonen, dass er ständig „umstellen muss, nicht will“, und dass er mit der Leistung seiner Jungs unter diesen Umständen zufrieden sei.

An der Einstellung liegt es nicht

An der Einstellung lag es in den letzten Wochen ja auch nicht. Das 1:1 gegen den KSC zum späten Zeitpunkt dient als Beleg; diese allseits gelobte „Moral“ sollte dazu führen, „dass wir mit einem guten Gefühl nach Hause gehen“, meinte Torschütze Johannes Wurtz. Doch der 24-Jährige wirkte kurz nach dem Abpfiff so, als würde er selbst nicht so recht daran glauben, dass dieses gute Gefühl alle Spieler tatsächlich wie beflügelt nach Hause trägt.

Ungewohnt viele, ungewohnt laute Pfiffe

Es gab sie ja, Pfiffe gegen den VfL. In dieser Zahl und Lautstärke hat man das sehr lange nicht mehr registriert im eigenen Stadion, auch wenn sich längst nicht alle daran beteiligten. Und für Spitzen-Laune im Gesamtkonstrukt Mannschaft dürfte die Degradierung von Felix Bastians auch nicht gerade geführt haben. Er hat den VfL ja als Kapitän durch die Hinserie geführt und ist jetzt nicht einmal mehr im Mannschaftsrat. Dem eloquenten und auf dem Rasen derzeit unverzichtbaren Innenverteidiger selbst passt seine Herabstufung jedenfalls nicht.

Bastians übt feinfühlig Kritik

Bastians, dessen Vertrag bis 2020 gilt, ist zwar klug genug, nicht wild loszuledern. Kritik äußert er aber dennoch. Feinfühliger, nicht angreifbar. Auch an der derzeitigen Spielpraxis. „Wenn wir es über die Flanken probiert haben, wurde es immer gefährlich. Das haben wir aber zu selten gemacht“, sagte Bastians nach dem KSC-Kick.

Mlapa benötigt mehr Unterstützung

Flanken, die auch Peniel Mlapa benötigt, der erneut eine ordentliche Leistung zeigte. Doch Mlapa ist ganz vorne zu sehr auf sich allein gestellt. Es gibt kaum ein energisches Nachrücken, kaum ein selbstbewusstes Durchziehen an der Linie, keinen Fluss. Bochum hat nicht nur viele Ausfälle, Bochum wirkt als Ganzes angeschlagen.

Nun schrillen die Alarmglocken

Als Tabellenzwölfter schrillen nun langsam die Alarmglocken - zumindest bei Fans und Spielern. In Hannover am kommenden Montag und spätestens im Heimspiel gegen den stabilen Aufsteiger Würzburg müssen ein paar Punkte her. Die Stimmung bei etlichen Fans ist bereits gekippt: weg vom Gnade walten lassenden Optimismus, hin zur mit Pfiffen untermalten Enttäuschung. Auch Coach Gertjan Verbeek hat seinen Bonus bei einem Teil der Anhängerschaft mittlerweile aufgebraucht: Die Sorge um den Klassenerhalt nimmt Gestalt an.

Felix Bastians hat ja recht: Viele Mannschaften stehen nicht mehr hinter dem VfL. Es sind noch sechs.

QUASCHNER DROHT WOHL KEINE LANGE PAUSE

Eine Kapselreizung im Sprunggelenk hat sich Nils Quaschner zugezogen. Es sei „nichts Dramatisches“, hieß es beim VfL. Ob es für einen Einsatz am Montag (20.15 Uhr) bei Hannover 96 reicht, ist allerdings offen. Das gilt auch für einen Einsatz von Patrick Fabian, der nach Knieproblemen gestern - wie die meisten Spieler - im Kraftraum aktiv war. Mitte der Woche soll getestet werden, ob Fabian wieder komplett mittrainieren kann.

Stefano Celozzi hat nach seinem Infekt weiterhin nur individuell trainiert. Zurückkehren in die Startelf dürfte nach seiner Rot-Sperre dagegen Timo Perthel.