Nach der Verteilung der TV-Milliarden: Vorstand vermisst Chancengleichheit. Vor allem Zweitligisten könnten mit Großklubs nicht mehr mithalten.
- Die TV-Milliarden werden in der Bundesliga neu verteilt
- Der VfL Bochum sieht die Chancengleichheit gefährdet
- Der Verein sieht sogar die Aufstiegschancen gefährdet
Wehe, der Hamburger SV steigt aus der Fußball-Bundesliga in die 2. Liga ab. Dann kann der VfL Bochum seine Aufstiegspläne erst einmal auf unbestimmte Zeit verschieben. Der kaufmännische Vorstand Wilken Engelbracht hat’s genau ausgerechnet: Schuld soll die neue Verteilung der TV-Einnahmen sein, die vorige Woche in Frankfurt vorgestellt worden ist.
„In Relation zum VfL Bochum bedeutet das, dass die Hamburger rund zwölf Millionen Euro Mehreinnahmen aus dem TV-Vertrag schöpfen als wir – ein Wettbewerb wird unter diesen Voraussetzungen extrem erschwert.“
Tatsächlich bedeutet die Millionen-Differenz im Arbeitsleben eines Fußballmanagers: Im Schnitt kann der Rivale jedem Profi im Kader fast 500 000 Euro mehr bieten.
VfL-Manager Christian Hochstätter, der kurioserweise kürzlich noch zum HSV wechseln wollte, sieht die Folgen sofort: „Ob nun sieben oder zwölf Millionen weniger: Fakt ist, dass es für mich als Sportvorstand unter diesen Umständen zukünftig wesentlich schwieriger wird, neue Spieler für den VfL Bochum zu begeistern.“
Bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) versteht man die Aufregung nicht. Erstens hätten die drei Zweitliga-Vertreter Helmut Hack (Greuther Fürth), Soeren Oliver Voigt (Braunschweig) und Michael Meeske (Nürnberg) dem neuen Verteilungsschlüssel einstimmig zugestimmt. Und zweitens bräuchten die Absteiger ein bisschen Finanzhilfe, um ihre Kostenstruktur im Unterhaus anzupassen. In England bekämen Absteiger sogar umgerechnet zwischen 30 und 12 Millionen Euro zusätzlich im Jahr.
„Natürlich wissen wir beim VfL, dass man es nicht allen 36 Erst- und Zweitligisten recht machen kann“, so Hochstätter. „Aber wird der finanzielle Abstand noch größer, müssen die anderen Klubs viel falsch machen, damit wir eine Chance haben, oben mitzuspielen.“ Die Bundesliga verteilt ihr TV-Geld von durchschnittlich 1,2 Milliarden Euro nach einem komplizierten Verteilungsschlüssel, der Kriterien wie Tabellenplätze in den vergangenen fünf und zwanzig Jahren sowie die Nachwuchsförderung berücksichtigt. Wer oben war, bekommt halt mehr – und kann wahrscheinlich oben bleiben.
Ist das noch gerecht?
„Es entsteht schon der Eindruck, dass sich durch die neue Umverteilung eine geschlossene Bundesliga-Gesellschaft entwickelt, die zukünftig aus 24 Vereinen besteht, die überhaupt für die erste Liga infrage kommen“, moniert Hochstätter. Und der VfL Bochum, schon 2010 abgestiegen, bleibt außen vor.
Der Klub von der Castroper Straße ist beileibe nicht alleine mit diesem Problem. Auch der Karlsruher SC, 1860 München, und Greuther Fürth, die seit Jahren in der 2. Liga verharren, sind vom neuen Vier-Säulen-Modell betroffen.
Der Vergleich mit der Premier League ist für Engelbracht ein schwacher Trost: „Durch diesen Rettungsschirm wird bei Absteigern aus der Bundesliga die Wahrscheinlichkeit eines raschen Wiederaufstiegs deutlich erhöht.“
Nun steht ein Verein wie der VfL Bochum vor der Wahl. Entweder auf Talent setzen und möglicherweise den Klassenerhalt gefährden. Oder die Fußballabteilung ausgliedern und einen Investor an Land ziehen, der Anteile kauft und Millionen für neue Spieler zahlt.
Das Management nennt die Ausgründung „eine Alternative, um die entstandene finanzielle Lücke aufzufüllen und selber eine sportliche Perspektive zu haben“.
Ändern kann man die Verteilung der TV-Milliarden eh nicht mehr bis zur Saison 2020/21.
Hochstätter zur WAZ: „Unser Ziel muss es dennoch sein, zu diesen Topvereinen der 2. Bundesliga zu gehören. Es ist auch machbar. Nur nimmt Wahrscheinlichkeit, Aufstiege à la Fürth, Braunschweig, Paderborn oder Darmstadt zu schaffen, zukünftig drastisch ab.“