Walchsee/Tirol. Werner Altegoer, Vorsitzender des Aufsichtsrates beim VfL Bochum, ist im Trainingslager nahe an der Mannschaft. Im WAZ-Interview spricht er über den neuen Sportvorstand, Kritik an seiner Person und den DFB-Pokal.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates macht sich gerne selbst ein Bild von den Dingen. So auch im Trainingslager des VfL Bochum am Walchsee. Mit Werner Altegoer sprach WAZ-Redakteurin Kirsten Simon über seine Eindrücke, Einschätzungen und Hoffnungen.

Sie sind hier im Trainingslager häufig in der Nähe der Mannschaft zu sehen, wie eng ist Ihr Kontakt zu den Spielern?

Werner Altegoer: Eng, wie immer sehr eng. Das läuft klasse, aber wir haben hier versierte Leute, die sich um die Abläufe kümmern. Bei Marcel Koller und dem Team um ihn herum weiß ich die Sache in guten Händen.

Es ist immer wieder zu hören, dass die Mannschaft selten so gut aufgestellt war, wie jetzt. Stimmen Sie zu?

Altegoer: Ach wissen Sie, wir haben in den letzten drei Transferperioden immerhin, im Vergleich zu den anderen Vereinen aber nur, jeweils rund drei Millionen Euro ausgeben können. Bei einem Gekas damals beispielsweise ließ es der Vertrag nicht zu, ihn zu halten. In solchen Fällen entscheidet einfach die Gehaltsfrage. Wenn ich mir da Schalke, Bayern oder Dortmund angucke, spielt sich dort doch vieles in einer anderen Region ab. Ich halte das für keine gute Entwicklung für den Fußball. Wir befinden uns finanziell auf Augenhöhe mit Bielefeld, Karlsruhe und Cottbus, allen anderen Vereinen steht ein Vielfaches unserer finanziellen Möglichkeiten zur Verfügung. Deshalb müssen wir auf dem Markt besonders schnell sein und besser als die anderen.

Kann es auch ein Vorteil sein, ein etwas übersichtlicherer, vielleicht familiärer Verein zu sein?

Altegoer: Wir sind nicht familiär, ich würde einfach sagen, dass bei uns die Entscheidungswege sowie die Drähte zwischen Entscheidungsträgern und den Spielern kürzer sind. Der VfL Bochum muss sich eben entscheiden, ob es wirklich notwendig ist, einen großen Stab von weiteren Trainern und Betreuern zu beschäftigen. Allein aus Kostengründen. Muss es wirklich sein, vier Konditionstrainer zu beschäftigen und dazu noch einen Ernährungsberater? Wichtig ist, dass es bei uns klare Strukturen gibt. Mit unseren übersichtlichen Möglichkeiten hoffen wir, dem Wettbewerb in der Ersten Liga dauerhaft gewachsen zu sein.

Wieso findet man in anderen Vereinen so selten jemanden wie Sie, der über so viele Jahre so eng mit dem Verein verbunden ist?

Altegoer: Tja, wie kommt so etwas? Es hat vielleicht damit zu tun, dass ich in direkter Nachbarschaft zum Stadion geboren wurde, dass ich schon als Junge, fast zwölf Jahre alt, bei dem Vorspiel der ersten Mannschaft zum 100-jährigen Jubiläum des VfL Bochum mit aufgelaufen bin, dass dieser Verein immer einen großen Teil meines Lebens ausgemacht hat. Wo ich über Jahre hinweg mit dieser wirklich schwierigen Aufgabe, die VfL Bochum hieß, beschäftigt war, möchte ich diesen Weg auch jetzt, wo wir uns hoffentlich etabliert haben, gerne weitergehen.

Sie müssen oft Kritik einstecken. Ärgert es Sie, dass mehr Leute meckern als danke sagen?

Altegoer: Ich muss mich damit abfinden, dass es an so einer Position kaum Dank gibt. Es gibt auch manchmal Menschen, die mir freundliche Briefe schreiben, doch diese Leute bleiben meistens im Hintergrund.

Einer der Kritikpunkte war das Ende der Beziehung des VfL Bochum mit Sportvorstand Stefan Kuntz . . .

Altegoer: . . . das, was da teilweise auf mich hereingeprasselt ist, war das Unfairste, das ich je erlebt habe. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass ich es war, der Stefan Kuntz vorgeschlagen hatte, also muss es wirklich wichtige Gründe gegeben haben für die Trennung. Ich muss mich ausdrücklich bei Marcel Koller und Gerd Kirchhoff bedanken, die eingesprungen sind, bis Thomas Ernst anfangen konnte; und natürlich bei Ansgar Schwenken, der eine Menge Mehrarbeit geleistet hat.

Wo sehen Sie die Stärken des neuen Sportvorstandes?

Altegoer: Thomas Ernst verfügt über einen einwandfreien Charakter. Ich kenne ihn schon lange und weiß, dass er auch als Spieler bereits eine Vorbildfunktion ausgeübt hat. Er war beim VfL lange im Mannschaftsrat, und zwar auch dann, als er kein Stammspieler war. Das spricht für sich. Auf jeden Fall hat er die volle Unterstützung des Aufsichtsrates.

Also kann man der Beziehung Thomas Ernst/VfL Bochum eine lange Haltbarkeit prophezeien?

Altegoer: An meinem persönlichen Engagement können Sie doch sehen, wie viel Wert ich auf Langfristigkeit lege. Ein anderes Beispiel dafür ist Ansgar Schwenken, der ist seit 1996 dabei, oder auch die Trainer Toppmöller, Neururer und jetzt Koller. Trennungen sind immer schwer, man sollte ja auch das menschliche Schicksal dahinter sehen.

Paul Freier ist zurück in Bochum. Sie hatten sich vor vier Jahren nicht gerade im Guten getrennt - können Sie gut verzeihen?

Altegoer: Ich nehme es einem jungen Menschen nicht übel, wenn er den Verein verlässt, um anderswo mehr Geld zu verdienen. Wenn dieser junge Mann charakterlich in Ordnung ist, so wie Freier, dann macht es Spaß, wenn er wieder zurückkommt. Ich halte ihn für einen Typen, der sehr geradeaus ist.

Zum Abschluss ein kurzer Ausblick - was würden Sie gerne mit dem VfL Bochum noch erleben?

Altegoer: Nie wieder Abstiegssorgen, Ausreißer nach oben sind erwünscht. Und einmal den DFB-Pokal gewinnen.