Montevideo. . Dario Rodriguez, früherer Schalker Publikumsliebling, hat auch sechseinhalb Jahre nach seinem Abschied von den Königsblauen noch ein S04-Herz: Er tippt auf einen 2:1-Sieg im Derby. In Uruguay ist er mit 40 Jahren noch am Ball – ausgerechnet in schwarz-gelben Trikots.
Die Farben des Derbys sieht er jeden Tag in seiner Barbacoa. Das ist ein kleines Grillhaus, das jeder wohlhabende Südamerikaner auf seinem Grundstück hat, natürlich auch Darío Rodríguez in Montevideo. An den Wänden hängen Fotos seiner Karriere, in blau und weiß aus seiner Zeit bei Schalke 04 und in gelb und schwarz aus den letzten Jahren. „Es ist witzig“, sagt er in gut verständlichem Deutsch: Aber Dario Rodriguez, der Schalke Anfang 2008 verlassen hat und in seine Heimat nach Uruguay zurückgekehrt ist, spielt noch immer Fußball. Und die Trikots seines Klubs, Peñarol Montevideo, die sind nunmal gelb-schwarz.
40 Jahre ist Dario Rodriguez mittlerweile alt, aber der Linksfuß hält immer noch mit in der Primera División seines Landes. Und genau wie in Deutschland ist auch in Uruguay an diesem Wochenende Derbyzeit: Am Sonntag steht er im Kader von Peñarol Montevideo für das große Duell gegen River Plate.
„Wie Schalke gegen Dortmund“
„Das ist wie Schalke gegen Dortmund“, erklärt Rodríguez, der seine Heimspiele im Centenario austrägt, dem Stadion des ersten WM-Finales von 1930, das in den 84 Jahren seither kaum renoviert wurde. Manche Sitzplätze sind noch aus Stein und die Zuschauer wilder als sonst auf der Welt. Vor drei Jahren, als Rodríguez seine Elf gegen Velez Sarsfield Buenos Aires ins Copa-Libertadores-Finale köpfte, rasteten sie völlig aus. Leuchtfeuer, schrille Schreie, wilde Tänze – dagegen ist selbst die Nordkurve auf Schalke ein Ort meditativer Stille. Minutenlang skandierten die Fans „Darío, Darío“. Und doch findet der Gefeierte: „Das Centenario ist zwar auch emotional für mich, aber das beste Stadion der Welt ist die Arena von Schalke – diese Stimmung, die Leute … Die Atmosphäre war immer super.“ Da wird Rodríguez richtig wehmütig: „Ich werde die schöne Zeit, die ich in diesem Stadion erlebt habe, nie vergessen.“
Als er das sagt, steht er unter dem Eindruck einer Videosequenz, die ein halbes Dutzend Schalkefans zeigt, die das alte Lied über ihn singen: „Come on, Mr. Uruguay, Dario Rodriguez, grätsch‘ die Gegner von hinten um! Erst ein‘, dann zwei, dann drei, dann vier, Schienbeinbruch, wir danken dir.“ Früher intonierte die Arena diese Zeilen 10 000-stimmig – ein Ritterschlag. Wann gab’s so etwas schon in 51 Jahren Bundesliga? Ein Lied für einen einzelnen Spieler.
„Ich denke gerne zurück, ich kann über Deutschland nur Gutes sagen“, erklärt Rodríguez. Dabei sei ihm die Umstellung anfangs schwer gefallen, besonders auf die neue Sprache. Gerade, weil er sie auch von den Fußballerkollegen lernte. Und die brachten ihm nicht immer wirklich Hochdeutsch bei. Rodríguez ist ein intelligenter Mann, die Anekdote aus vom Parfümkauf im Centro in Oberhausen ist ihn noch immer peinlich: „Ich habe zu Claudia, einer Deutschen, die in der Parfümerie arbeitete, gesagt, ich möchte bitte ein Parfüm mit gutem Stink. Erst beim zehnten Mal hat sie mir im Wörterbuch gezeigt, wie es richtig heißt.“
Die fünfeinhalb Jahre in Deutschland sind Darío Rodríguez noch präsent: „Ich erinnere mich an alle, besonders an Rudi. Wie wichtig Rudi Assauer war für Schalke 04.“ Von der Erkrankung Assauers weiß der Uruguayer, selbst wenn er mit früheren Fußballkollegen aus der Schalker Zeit fast gar nicht mehr telefoniert. Es sind andere Menschen, zu denen er noch Kontakt hält: „Ich habe Freunde in Gelsenkirchen zurückgelassen.“ Wie Manuel Martínez, der Dolmetscher, den Schalke damals für seine Südamerikaner beschäftigte, oder die Mitarbeiter der italienischen Restaurants in Buer, „La Scala“ und „Vitali“. Rodriguez: „Ich vergesse diese Leute nie.“
Und Schalke vergisst der Abwehrmann auch nie. Erst recht nicht an diesem Derby-Wochenende. „Ich denke, Schalke gewinnt 2:1 – das ist mein Tipp“, sagt er.
Erst am Sonntag soll dann die Mannschaft in Gelb ihr Derby gewinnen: Peñarol Montevideo – mit Dario Rodriguez.