Klagenfurt. Im Trainingslager am Wörthersee zeigt Schalke-Trainer Jens Keller wenig Gnade mit den schwitzenden Profis. Das strenge Regiment nehmen die Spieler jedoch ohne zu Murren hin, schließlich dürfte der Kampf um eine Position in der Startelf noch nie so hart gewesen sein. Das birgt auch Konfliktpotenzial.

Der Fußballprofi als solcher darf sich nicht oft über einen zu anstrengenden Arbeitsalltag beklagen. Während eines Trainingslagers aber sind Annehmlichkeiten selten, in der Saisonvorbereitung geht es zur Sache. Die Spieler des FC Schalke 04 schuften derzeit unter gnadenloser Sonne bei mehr als 30 Grad im österreichischen Klagenfurt, nach täglich zwei äußerst intensiven Einheiten ist die Belastung an jedem Muskel zu spüren. Ohne Schweiß kein Preis.

„Ich will nicht sehen, dass einer trabt“, betont Trainer Jens Keller streng, bevor ein temporeiches Kurzpass-Spiel auf engem Raum beginnt. Auch Kellers neuer Partner Peter Hermann feuert die Profis immer wieder an, und es fällt auf, dass sich tatsächlich keiner hängen lässt. Neuerdings muss sich nämlich auch auf Schalke jeder um einen Platz in der Anfangself bemühen, was in der vergangenen Saison nicht immer nötig war. Wenn Leistungsträger wie Klaas-Jan Huntelaar oder Jefferson Farfan ausfielen, war sofort die Not groß. Jetzt wurde allen Mannschaftsteilen, die Torhüter ausgenommen, starke Konkurrenz hinzugefügt: Adam Szalai, Christian Clemens, Leon Goretzka, Felipe Santana und Rückkehrer Tim Hoogland bringen jede Menge Schwung in den Laden.

Noch herrscht bei Schalke Harmonie im Team

„Sehr gut“ sei das, glaubt Christian Fuchs, der zum Jahresbeginn seinen Platz als linker Außenverteidiger an den jungen Sead Kolasinac verloren hatte und jetzt zurück ins Team drängt. Fuchs will sein persönliches Problem auf sportliche Weise lösen, er verzichtet auf Forderungen. Weil er weiß: „Es ist wichtig, dass wir diese gute Stimmung in der Mannschaft haben.“

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Es ist in der Tat bemerkenswert, dass trotz der vielen zwangsläufig egoistischen Interessen im Schalker Team Harmonie herrscht, auch Trainingslacher sind nicht verboten. Dennoch bleibt das Konfliktpotenzial groß. Was könnte denn wohl los sein, wenn Jermaine Jones tatsächlich durch Leon Goretzka ersetzt würde? Oder wenn Adam Szalai torgefährlicher sein sollte als Klaas-Jan Huntelaar? Würde sich Michel Bastos ohne zu murren von Christian Clemens verdrängen lassen?

Große Konkurrenz könnte auf Dauer zu Problemen führen

Die Verantwortlichen haben sich all diese Fragen natürlich auch gestellt, und Manager Horst Heldt sagt ganz offen, dass er nicht mit Trainer Jens Keller tauschen möchte, falls alle Spieler, wie erhofft, gesund bleiben sollten. „Es wird nicht einfach sein, erst einmal 18 Spieler für das Aufgebot herauszufiltern“, meint Heldt, der mit seiner Einkaufspolitik natürlich bewusst Reizpunkte gesetzt hat, weil in der Achterbahn-Saison 12/13 auch der Schlendrian zum Schalker Team gehörte.

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Heldt hat eine Lösung parat, die Verstimmungen ausschließen soll, und das Vorbild hat kein Geringerer als Triple-Sieger FC Bayern gemalt: „Rotation muss normal sein, die Bayern haben das perfekt vorgemacht“, erklärt Heldt. „Auch bei uns muss das allen klar gemacht werden. Dieser Spirit muss von Anfang an da sein, ansonsten kann die Konkurrenzsituation auf Dauer zu Problemen führen.“

Bis auf die Torhüterposition ist bei Schalke noch nichts entschieden

Der entscheidende Unterschied zu den Münchenern ist die Erfahrung: Während seit Jahren jeder, der zu den Bayern wechselt, genau weiß, dass er mit der Vertragsunterzeichnung keine Dauereinsatzkarte erworben hat, sind Schalkes Stammspieler verwöhnt. Einige durften sich bisher – sogar mit Recht – unersetzlich fühlen. Aber auch bei den Giganten der Branche musste irgendwann mal ein Trainer als erster die große Rotationsmaschine anwerfen, bei den Bayern war es einst Ottmar Hitzfeld. „Und wenn die europäischen Top-Vereine das hinbekommen, dann müssen das andere Vereine auch schaffen können“, meint Horst Heldt. „Bei uns hat bisher jedenfalls nur Timo Hildebrand einen Bonus. Ansonsten gibt es keine Position, bei der definitiv klar ist, wer da zum Saisonstart auf dem Platz stehen wird.“