Istanbul. . Auch beim 1:1 im Champions-League-Achtelfinal-Hinspiel bei Galatasaray Istanbul bestärkte Mittelfeldspieler Jermaine Jones seinen Ruf als Mann, der polarisiert. Erst kassierte er eine Sperre für das Rückspiel, dann schoss er nach einem Pass von Jefferson Farfan das Ausgleichstor zum 1:1.

Timo Hildebrand stemmt in der hektischen Schlussphase die Hände in die Hüften. Und schimpft. Er ist nicht zufrieden mit seinen Vorderleuten. Mit einigen guten Aktionen hält der Torwart das 1:1 (1:1) des FC Schalke 04 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Galatasaray Istanbul fest. Der Mann des Abends, der Mann, der den stark verbesserten Königsblauen alle Hoffnungen auf ein Weiterkommen gibt, ist ­aber ein anderer. Es ist Jermaine Jones. Ein Held mit dunklen Seiten.

Jones fordert Gelb - und sieht Gelb

Das Pfeifen schwillt wieder an. Es klingelt nicht mehr nur in den Ohren, es zischt und vibriert. Als würde ein Düsenjet starten – so ist die Atmosphäre in der Türk Telekom Arena einmal treffend beschrieben worden. Nicht erst in dieser Minute, der ­35. dieses Spiels, untermauern die 50.278 fanatischen Zuschauer ihren Ruf als lautestes Publikum, aber diesmal schreien und pfeifen sie noch enthusiastischer.

Auf dem Boden sitzt Jermaine Jones, Schalkes Nummer 13. Wenige Augenblicke zuvor ist der Mittelfeldmann im Niemandsland des Platzes gefoult worden. Jetzt blickt er zum Schiedsrichter und fordert mit deutlicher Handbewegung eine Gelbe Karte. Um diese lässt sich der schottische Unparteiische William Collum auch nicht lange bitten, zückt sie und zeigt sie – ­Jones. Es ist seine dritte Verwarnung im laufenden Wettbewerb. Für das Rückspiel ist er gesperrt.

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In diesem Moment gibt es nicht wenige, die denken: Jones, Mensch, typisch Jones. Und Jens Lehmann, Experte beim Fernsehsender Sky, drückt es so aus: „Er muss disziplinierter sein.“ Und cleverer. Schließlich zeigte Collum zuvor bereits Galatasarays Torwart Fernando Muslera die Gelbe Karte. Wegen Zeitspiels. Nach gut einer Viertelstunde. „Wir müssen nicht diskutieren: Das war dumm von mir“, sagt Jones.

Doch dieser Kämpfer, dieser Mann mit Ecken und Kanten, lässt sich im Hexenkessel von Istanbul nicht beeindrucken. Nicht er, der nach dem verlorenen Bundesliga-Heimspiel gegen Fürth, dem Höhepunkt der königsblauen Krise, sogar eine verbale Attacke gegen die eigenen Fans fuhr. Nicht von der Atmosphäre, nicht vom frühen Gegentor durch Burak, das der anfangs verunsicherte königsblaue Defensivverbund leichtsinnig vorbereitete. Namentlich Roman Neustädter, dessen Pass auf Benedikt Höwedes nie ankommen konnte. Und Jones lässt sich auch nicht von der Gelben Karte sowie dem beim nächsten Vergehen drohenden Platzverweis in Istanbul beeindrucken. Der Unangepasste aus Frankfurt-Bonames, der wilde Jones, bleibt seinem Stil treu.

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Und steigt so aus der Asche zum Helden auf: Mit Vehemenz fängt er kurz vor der Pause den Ball im Mittelfeld ab. Klasse, wie er sich freiläuft, als Klaas-Jan Huntelaar den Ball auf Jefferson Farfan passt. Und als Farfan den US-Nationalspieler brillant mit einem Querpass in Szene setzt, drischt Jones den Ball zum 1:1-Ausgleich ins Netz (45.). Ein königlicher königsblauer Konter.

Ein Mann, der polarisiert

Der 31-Jährige setzt seiner Leistung damit die Krone auf. In einem Spiel, in dem beide Defensiven regel­mäßig mit ihrem Leichtsinn den Fans den Atem nehmen, ist Jones ein Stabilisator. Aber er provoziert auch stets Widerspruch - wie gestern Abend. „Wir haben eine gute Ausgangsposition“, sagt Jones nach dem Abpfiff, „ich hoffe, dass die Jungs das auch ohne mich zu Hause biegen.“ Da rollte Jens Lehmann im Fernsehstudio mit den Augen: „Wer sich zu sicher fühlt, der verliert.“