Gelsenkirchen. . Beim 3:1 gegen den VfB Stuttgart hatte nur Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes Pech: Der Abwehrspieler erlitt bei einem Zusammenstoß mit seinem Mitspieler Marco Höger einen Jochbeinbruch und fällt wochenlang aus. Deshalb ist eine Neuverpflichtung bis zum 31. Januar denkbar.
Der Satz war missverständlich, keine Frage. Aber wer die Mimik von Huub Stevens beobachtete, konnte nichts falsch interpretieren, als Schalkes Trainer sagte: „Nach der Vorbereitung wusste man ja nicht, wo wir stehen, Jetzt weiß ich, dass wir genauso viele Punkte haben wie die Bayern. Träume sind schön . . .“ Stevens brach den Satz ab und zog einen Mundwinkel hoch. Entscheidend war, was er nicht mehr sagte, aber erkennbar dachte: Dass er selbst kein Träumer sein, sondern Realist bleiben wird.
Horst Heldt wusste, wie der Hinweis des Trainers gemeint war. „Ich schätze das ein wie er“, sagte der Manager. „Träumen dürfen nur die Fans.“
Nachmittag zum Genießen für Julian Draxler
Mit dem ungefährdeten 3:1 gegen den VfB Stuttgart festigten die Blau-Weißen nicht nur ihre Position in der Spitzengruppe, sie rückten durch die Bayern-Niederlage in Gladbach sogar einen Schritt vor. Es hätte in der Vergangenheit nicht lange gedauert, und im Umfeld wären die schönsten Fantasien als Ziele zementiert worden. Schalke 2012 aber klingt anders. Zurückhaltend, bescheiden, clever. Auch der Jüngste bewertete die Lage im Sinne der Klubstrategie: „Auf Schalke ist die Euphorie ja immer schnell groß, aber wir sehen uns noch nicht ganz oben“, sagte der 18-jährige Julian Draxler und nannte eine ohnehin schon anspruchsvolle, aber eben nicht maßlose Perspektive: „Ich denke, einen Champions-League-Platz können wir anvisieren.“
Julian Draxler strahlte dabei. Für ihn war es ein Nachmittag zum Genießen. Nachdem er nach der Pause für den an den Adduktoren verletzten Alexander Baumjohann eingewechselt worden war, setzte er genüsslich die Kirsche auf die Sahnetorte: Sein Treffer zum 3:0 in der 80. Minute nach einer traumhaft sicheren Direktkombination mit Raúl und Klaas-Jan Huntelaar verdiente höchste Bewunderung. Die beiden Offensivgiganten hatten diesmal nicht selbst getroffen, sondern ihren Beitrag zum Sieg mit selbstloser Arbeit für das Team geleistet. Die Tore lieferten diesmal die starken Jungen: Joel Matip hielt beim 1:0 nach einer Ecke den Fuß rein, Kyriakos Papadopoulos besorgte das 2:0 mit einem wuchtigen Kopfball ebenfalls nach einer Ecke. Daraus ergaben sich für Schalke zwei wichtige Erkenntnisse: Das Team kann Tore auch erzwingen; und es wirkt geschlossen, es ist nicht allein abhängig von der Treffsicherheit der prominenten Angreifer.
Dadurch ließen sich auch die wenigen Schönheitsfehler verschmerzen: Stuttgarts Treffer kurz vor Schluss durch den Japaner Shinji Okazaki war überflüssig, und bei Kontern fehlte den Schalkern in der zweiten Hälfte mehrmals die Konsequenz. Der enttäuschende VfB wäre sonst noch eher erledigt gewesen.
Die einheitliche Stärke des Schalker Teams war besonders bemerkenswert, weil drei Stammspieler zu ersetzen waren: Joel Matip und Marco Höger bildeten statt Jermaine Jones und Lewis Holtby ein Klasse-Duo vor der Abwehr, rechts vorne debütierte Chinedu Obasi anständig als Vertreter von Jefferson Farfan. Und als dann noch Benedikt Höwedes verletzt aufgeben musste, weil er in der 31. Minute mit Marco Höger zusammengekracht war, kam Christoph Metzelder ins Spiel und erledigte seine Abwehr-Aufgabe souverän.
Verteidiger gesucht
Dennoch beunruhigt die Verantwortlichen der Jochbeinbruch des Kapitäns. „Metze hat das sehr gut gemacht, aber jetzt darf nicht mehr viel passieren, wir sind in diesem Bereich dünn besetzt“, sagte Manager Horst Heldt. Weil Joel Matip wegen der Sperre für Jermaine Jones ins Mittelfeld zwangsversetzt werden musste, überlegt Heldt, bis zum 31. Januar noch einen Verteidiger zu holen. „Es hängt vom Verlauf der Operation und der ärztlichen Prognose ab.“ Mannschaftsarzt Thorsten Rarreck sprach zunächst von vier bis sechs Wochen, in denen Höwedes wohl fehlen werde. „Aber vielleicht geht’s ja auch schneller.“ In Panik aber bricht Schalke genauso wenig aus wie in Euphorie.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.