Gelsenkirchen. Für den Rückrunden-Start der Bundesliga könnte Schalkes Trainer Huub Stevens einen Spieler am besten gleich zweimal gebrauchen – Joel Matip. Nach der Sperre von Jermaine Jones hat sich der 20-jährige Abwehrspieler im defensiven Mittelfeld als die beste Lösung erwiesen.
In der Mannschaft nennen sie ihn nur „Jimmy“ – woher das kommt, weiß Joel Matip selbst nicht so genau. Auf jeden Fall schleppt der Schalker Fußballer den Spitznamen schon seit einigen Jahren mit sich herum und hat durchaus Gefallen daran gefunden. „Passt schon“, sagt der 20-Jährige. Meistens ist so ein Spitzname ja auch eine Auszeichnung, ein Zeichen, dass man ankommt. Außerhalb der Mannschaft hört man den Namen „Jimmy“ freilich fast nie. Selbst die Schalker Fans nennen ihn nur „Matip“ oder bestenfalls „Joel“. Das klingt ein wenig distanziert, liegt aber sicher auch daran, dass dieser Joel „Jimmy“ Matip erst in den vergangenen Monaten auf Schalke so richtig zum Überflieger geworden ist.
Wer mit 20 Jahren schon mehr als 60 Bundesliga-Spiele absolviert hat, der muss schon von Haus aus einiges auf dem Kasten haben. Doch nie zuvor wurde der Wert von Joel Matip für Schalke 04 so deutlich wie derzeit. Denn Trainer Huub Stevens würde ihn am Samstag beim Rückrunden-Start gegen den VfB Stuttgart am liebsten gleich zweimal aufstellen: Einmal auf seiner Stammposition in der Abwehr, und einmal im Mittelfeld. Dort sucht Stevens nach der Sperre von Jermaine Jones nämlich einen Sechser, und Matip hat sich in der Vorbereitung als die beste Lösung erwiesen. „Ich hätte kein Problem, auf der Sechs zu spielen“, sagt Matip. Aber Stevens zögert noch, weil er damit nur ein Loch auf Kosten eines anderen stopfen würde: „Damit sprengst du die Vierer-Kette.“
Schalkes heimlicher Abwehrchef
Matip war in der Hinrunde Schalkes heimlicher Abwehrchef, zusammen mit Kyriakos Papadopoulos (19) bildete der 20-Jährige die jüngste Innenverteidigung der Liga. Das war so nicht zu erwarten, weil es im Schalker Kader mit Benedikt Höwedes und Christoph Metzelder weitaus etabliertere Spieler für diesen Posten gibt: Doch den einen verdrängte er auf die rechte Außenbahn, den anderen auf die Ersatzbank.
Matip ist einer der Spieler, bei denen man zweimal hinsehen muss, um ihre Bedeutung zu erkennen. Weil er nicht spektakulär agiert, sondern abgeklärt, ist er vielleicht einer der am meisten unterschätzten Spieler der Liga. Doch mit seinen 1,93 Metern ist er extrem kopfballstark, geschickt im Zweikampf und taktisch für sein Alter erstaunlich reif. „Er bringt Voraussetzungen wie Größe und Schnelligkeit mit, die man nicht lernen kann“, erklärt Schalkes Manager Horst Heldt. Und fügt den dezenten Hinweis an: „Arsenals Trainer Arsene Wenger ist ein Freund solcher Spieler.“
Heldt kann das nun so einfach sagen, weil Matip im Trainingslager in Doha seinen Vertrag auf Schalke vorzeitig bis 2016 verlängert hat. Zuvor hatte Heldt schon die Befürchtung, dass andere Vereine auf diesen Spieler aufmerksam werden könnten, den Schalkes Manager „einen Rohdiamanten“ nennt. Aus Italien sei schon vorsichtig vorgefühlt worden, nachdem Matip im Frühjahr beim Schalker 5:2-Triumph in Mailand einen Treffer erzielt hatte. Doch für den Spieler kam ein Wechsel nicht in Frage: „Ich fühle mich super wohl hier“, sagt er – es sei für ihn „ein Traum, noch lange auf Schalke zu spielen“.
Matip hat Lust auf Königsblau
Denn Matip, dessen Vater aus Kamerun stammt und der sich deswegen für eine Länderspielkarriere bei den „Lions“ entschieden hat, ist im Revier fest verwurzelt. Seit 2000 trägt der gebürtige Bochumer schon Königsblau – in Schalke soll er mit Spielern wie Benedikt Höwedes, Julian Draxler oder Lars Unnerstall eine der Integrationsfiguren für die kommenden Jahre sein. Dass er bei den Fans manchmal noch nicht diesen Stellenwert hat und er im September beim Europa-League-Spiel gegen Haifa sogar ausgepfiffen wurde, hat seine Lust auf Königsblau nicht geschmälert: „Solche Pfiffe beziehe ich nur auf meine momentane Leistung – nicht auf mich persönlich.“
Matip ist ein kluger Bursche, der auch mit Kritik umgehen kann – und eigentlich ist er im Gespräch auch gar nicht so dröge, wie er manchmal wirkt. „Innerhalb der Mannschaft ist er bestimmt nicht auf den Mund gefallen“, versichert zumindest Mitspieler Christian Fuchs, „da kann er ganz schön Gas geben und austeilen“. Der Jimmy, der Überflieger.