Doha. . Schalkes Trainer Huub Stevens ist kein Typ, der Sorgen gut verbergen kann. Im Trainingslager in Doha hat er gesehen, was in seinem Team nicht funktioniert. Am Donnerstag kehrt der Tross nach Gelsenkirchen zurück. Dann wartet noch eine Woche Arbeit auf den Holländer und seine Mannschaft.
Die Rasierklingen hat Huub Stevens zu Hause gelassen – oder sie in den vergangenen Tagen nicht mehr angerührt. In seinem Gesicht sprießen die Bartstoppeln, und beim genauen Hinsehen entdeckt man, dass die Farbe Grau dabei doch langsam die Oberhand gewinnt. Mit 58 auch für Stevens kein Problem – es sei denn, die grauen Haare stehen für die Schalker Sorgen.
Als Stevens vergangene Woche, kurz nach der Ankunft in Katar, hier saß, da war er glänzend gelaunt – man hätte ihn fast für Rudi Carrell halten können. Selbst die Sperre von Jermaine Jones war schon verdaut: Stevens vermittelte die Überzeugung, dass die Schalker Mannschaft dies mit ihrer Qualität würde auffangen können. Er freute sich über Neuzugang Chinedu Obasi, hatte die Hoffnung, dass Lewis Holtby bald wieder fit ist, und selbst Jefferson Farfan würde größere Fortschritte als erwartet machen.
Stevens kann seine Sorgen nicht verbergen
Nun, einige Tage später, ist es nicht besser geworden. Nicht nur bei Farfan, der nach wie vor nur geradeaus laufen kann, weil sein Knie bei schnellen Drehungen noch schmerzt. Auch Lewis Holtby fällt für den Start in die Rückrunde aus, weil die alte Verletzung am linken Sprunggelenk bei der ersten größeren Belastung wieder aufbrach. Chinedu Obasi ist am Knie etwas angeschlagen, und bei den Testspielen zeigte sich, dass der Ausfall von Jones schwer zu verkraften sein wird. Kurzum: Einiges ist nicht besser, eher sogar schlechter geworden. Und so war es einen Tag vor der an diesem Donnerstag anstehenden Rückreise nicht mehr Rudi Carrell, sondern Huub Stevens höchstpersönlich, der deutlich kürzer angebunden berichtete: Die grundsätzlichen Ziele seinen im Trainingslager trotzdem erreicht worden.
Stevens ist kein Typ, der Sorgen gut verbergen kann. Und so lassen sich einige Erkenntnisse, die er in einem organisatorisch an sich vorzüglichen Trainingslager gewonnen hat, vielleicht am besten so ausdrücken: Er hat auch gesehen, was nicht geht.
Punkt eins: Der Versuch mit Klaas-Jan Huntelaar als einziger Spitze und einem offensiv ausgerichteten Mittelfeld dahinter (Raúl, Draxler, auch Jurado und Höger) wurde im Testspiel gegen Al-Sadd (1:2) bereits nach 30 Minuten abgebrochen. „Wir hatten keinen Grip nach vorne, Klaas-Jan hatte keine Unterstützung“, resümierte Stevens. Klare Tendenz: Schalke wird zunächst, wie auch gegen Ende der Hinrunde, wieder mit dem 4-4-2-System spielen. Als zweiter Stürmer drängt sich Teemu Pukki (drei Tore in zwei Spielen) auf – und auch Chinedu Obasi, so er denn richtig fit ist.
Punkt zwei: Der Versuch mit Kyriakos Papadopoulos auf der Jones-Sechs schreit nicht gerade nach Wiederholung. Auch auf ihn dürfte die Einschätzung gemünzt sein, dass einige Spieler gezeigt hätten, „dass sie vielleicht doch besser auf einer anderen Position spielen.“ Nur: Dann bleiben als Sechser zum Rückrunden-Start realistisch lediglich Marco Höger oder Christoph Moritz, dessen frühe Auswechslung laut Stevens taktische Gründe (Punkt eins) hatte. Oder er versucht es mit Joel Matip im Mittelfeld. Dann aber hätte er ein Problem bei Punkt drei.
Punkt drei: Der Versuch, die Abwehr umzustellen, scheint wenig ratsam. Die Lücken, die sich auftaten, muss man nicht nur an dem eingewechselten Christoph Metzelder festmachen. Aber die Kette mit Höwedes, Papadopoulos, Matip und Fuchs, die sich in der Hinrunde gefunden hatte, war zuletzt eigentlich zu stabil, um sie auseinander zu reißen. „Man möchte es gerne so lassen“, sagt auch Stevens, „aber ob wir das hinkriegen, müssen wir sehen.“
Schalke will zum Bewährten zurückkehren
Noch hat Schalke eine gute Woche Zeit bis zum Start – die Testspiele darf man nicht überbewerten, Stevens nutzte die Gelegenheit, um einiges zu probieren. Aber es würde nicht wundern, wenn er am Sonntag beim letzten Test in Aachen gegen Arnheim wieder, soweit möglich, zum Bewährten zurückkehren würde. Ein wenig Ungewissheit ist derzeit da – Manager Horst Heldt drückt es so aus: „Nach einer Pause fängt man immer wieder bei Null an, für die gute Hinrunde können wir uns jetzt nichts mehr kaufen. Da ist es schwierig, vor dem Start ein Gefühl zu entwickeln.“
Stevens saß daneben und sagte nur, dass er sich diesem Urteil anschließen würde. Kurz und knapp. So ist er, wenn es noch nicht ganz rund läuft.