Gelsenkirchen. . Der Ex-Leichtathlet Ruwen Faller macht als Athletiktrainer die Schalke-Profis fit. Zu dem Revierklub ist er als Individualsportler eher unplanmäßig gekommen. Doch seinen Wechsel nach Gelsenkirchen bereute zu keiner Zeit.

„Okay, letzte Steigerung“, ruft Ruwen Faller und zieht an. Er gibt das Tempo vor, die Profis des FC Schalke 04 hängen an seinen Fersen. Der Athletiktrainer hat alles, was er verlangt, selbst drauf – und demonstriert es auch. Das ist ihm wichtig, er weiß ja: Es ist leichter, einen Elefanten zu einem Sprung durch einen brennenden Reifen zu animieren, als Fußballer für Übungen ohne Ball zu begeistern. „Vor allem in der Saisonvorbereitung bist du als Athletiktrainer nicht der beliebteste Mann aus dem Trainerstab“, sagt er und lacht. Die eigene Fitness aber garantiert ihm den erwünschten Effekt: „Wenn die Spieler denken: Hoppla, der kann das ja besser als ich, dann entwickeln sie Ehrgeiz. Das erkennen sie an.“

Faller hat beachtliche Erfolge vorzuweisen

Schämen müssen sie sich allerdings nicht, wenn er ihnen die Hacken zeigt. Ruwen Faller ist selbst erst 31 Jahre alt und hat beachtliche Erfolge vorzuweisen: Als 400-Meter-Läufer war er Deutscher Meister und Olympia-Teilnehmer 2004 in Athen und 2008 in Peking. Drei- bis fünfmal pro Woche trainiert er noch allein, jeweils eine Stunde lang: „Ich kann hier ja nicht mit einem dicken Bauch auflaufen.“

Als die Achillessehne Probleme bereitete, geriet die eigene Karriere ins Stocken. Er hat sie allerdings noch nicht für beendet erklärt, das fällt ihm schwer. Aber er spürt zunehmend, dass sich die Bedürfnisse eines Individualsportlers nicht mit einem intensiven Job im Teamsport vereinbaren lassen. „Ich will ja auch nicht Zweiter bei Landesmeisterschaften werden“, sagt er. Olympia 2012 in London wird er opfern müssen, wenn er weiterhin die Schnelligkeit und Kraft der Königsblauen verbessern will. Und das hat er vor: „Ich bereue es wirklich nicht, hier zugesagt zu haben“, versichert er. „Ich hatte natürlich vorher gewusst, dass Schalke ein besonderer Verein ist, aber so viele Emotionen und so viel Begeisterung hatte ich nicht erwartet. Ich bin ja auch nicht nur vor leeren Rängen gelaufen. Bei der WM in Berlin war die Hütte voll, bei Olympia in Peking auch. Aber auch wenn ich das als Leichtathlet nur ungern zugebe: Die Stimmung hier ist unübertroffen. Am liebsten würde ich selbst mitspielen.“

Spielerberater Mintzlaff stellte Kontakt her

Zu den Fußballern nach Schalke kam der Läufer aus Bad Säckingen an der Schweizer Grenze wie ein Opernsänger in eine Rockband: Einen solchen Wechsel kann man nicht planen. Ruwen Faller hatte zwar schon ein wenig Erfahrung als Athletiktrainer beim Süd-Regionalligisten Großaspach gesammelt, doch der entscheidende Kontakt ergab sich, weil er sich in Zusatzschichten um die Klienten des mit ihm befreundeten Spielerberaters Oliver Mintzlaff kümmerte. Der berät nämlich auch Ralf Rangnick, und als der Trainer im März Felix Magath auf Schalke ablöste, stand Ruwen Faller plötzlich auf dem Rasen des Parkstadions und bat Top-Stars wie Raúl, Huntelaar und Farfan um Bewegung.

„Da hatte ich zum Glück die ersten Fehler bereits hinter mir“, sagt er mit Verweis auf die Anfänge in Großaspach. „Ich war immer Einzelkämpfer und musste erst lernen, dass vieles beim Fußball dem gesamten Team dienlich sein muss.“ Hinzu kam der veränderte Rhythmus. „Wir Läufer haben viel intensiver trainiert, hatten aber weniger Wettkämpfe. Im Fußball ist deshalb Dosierung ein großes Thema.“

Faller will beim Fußball bleiben

Dabei wird dann unterschieden: Welche Spieler wie stark belastet werden, das bespricht der Trainerstab gemeinsam. „Huub Stevens ist ein Teamplayer wie Ralf Rangnick“, betont Ruwen Faller erfreut. Nicht als Erfüllungsgehilfe, sondern als Fachkraft wahrgenommen zu werden, erhöht natürlich die Freude am Arbeitsalltag, den er sich mal ganz anders vorgestellt hatte. Er ist Immobilienfachwirt, parallel zur Leichtathletik-Karriere studierte er zudem noch Sportmanagement, „um etwas für die Birne zu tun“.

Wird er langfristig beim Fußball bleiben? „Schön wär’s“, sagt er. Während andere Schalker Fußballer und Funktionsträger täglich aus Ruhrgebiets-Vororten wie Düsseldorf oder Holland anreisen, hat Ruwen Faller aus tiefer Überzeugung eine Wohnung in der Stadt seines Arbeitgebers bezogen: „Wenn Gelsenkirchen“, sagt er, „dann richtig!“