Gelsenkirchen. . Es war ein Abend, an dem der Fußball eigentlich überhaupt keine Rolle spielt. Nach seinem Abschiedsspiel suchte Marcelo Bordon fast verzweifelt nach zusammenhängenden Sätzen. Die Schalker Fans feierten: „Oh, wie ist das schön!“
Er hatte angekündigt, dass nach seinem Abschiedsspiel Tränen fließen werden. Er weinte am Samstagabend in der Veltins-Arena aber nicht alleine. Auch viele Fans – 40 000 Zuschauer waren gekommen – ließen spätestens, als „You’ll never walk alone“ aus den Lautsprechern dröhnte, Tränen kullern. Und Marcelo Bordon, der 35-jährige Brasilianer, suchte fast verzweifelt nach zusammenhängenden Sätzen. „Ich finde keine Worte“, sagte er auch noch, als er längst wieder in den Katakomben verschwunden war. „Schalke, das ist mehr als meine zweite Heimat.“
Es war so ein Abend, an dem der Fußball eigentlich überhaupt keine Rolle spielt. Ein Abend der Emotionen halt, der mit einem 4:4 zwischen den Bordon-All-Stars und dem Team „Marcelo & Friends“ endete, für das sich, klar, Marcelo Bordon auch zweimal in die Torschützenliste eintragen durfte. Er traf zum 3:4, als er Oliver Reck überwand, und zum 4:4, als er Ralf Fährmann das Nachsehen gab.
Nachdem der Hauptdarsteller mit einer Harley Davidson in die Arena gebraust war und „Danke für unsere zweite Heimat – Janaina, Julia, Filipe, Ricardo und Marcelo“ auch schon mehrere Runden an der Werbebande gedreht hatte, flossen bei Marcelo Bordon die ersten Tränchen des Tages. Diese Gänsehautstimmung ergriff wohl jeden. „Ich hab’ auch die Tränen in den Augen“, sagte Clemens Tönnies, der Vorsitzende des Aufsichtsrates. „Die sechs Jahre mit dir hier waren für mich die schönsten auf Schalke.“
Dann begann der (Fußball-)Spaß. „Kevin, beweg dich, Mann!“, schrie Darío Rodríguez, und Kevin Kuranyi schmunzelte – glücklich, weil endlich wieder zu Hause. Der Stürmer von Dynamo Moskau war beim Einlaufen wie auch Gerald Asamoah, der sich zurzeit beim NRW-Ligisten VfB Hüls fit hält, frenetisch gefeiert worden. Allerdings erreichte die Dezibel-Zahl in der Arena bei einem anderen Mann noch einmal ganz andere Dimensionen: Ebbe Sand.
Die Partie, in der zweimal Ebbe Sand, Thomas Kläsener (klasse!) und Raphael Steinmetz (17), der sich über ein Casting für diese Partie qualifiziert hatte, für die Bordon-All-Stars sowie vor Marcelo Bordon Ailton und Krassimir Balakov für „Marcelo & Friends“ getroffen hatten, war eine Reise durch die jüngere Vergangenheit des FC Schalke 04. Und als dann zur zweiten Halbzeit Rudi Assauer den Innenraum seiner Veltins-Arena betrat und auf der Bank neben Paulo Sergio Platz nahm, gab es einen Austausch von Zärtlichkeiten. Von Darío Rodríguez gab es sogar ein Küsschen für den 67-Jährigen, von Oliver Reck, Gerald Asamoah, Kevin Kuranyi und schließlich auch von Marcelo Bordon herzliche Umarmungen.
Klar: Es kamen Erinnerungen auf, viele Erinnerungen. Und es ist kein Geheimnis, dass Marcelo Bordon nicht nur gerne sechs, sondern noch viel lieber sieben Jahre Schalker Innenverteidiger gewesen wäre. Dann hätte er nämlich neben drei zweiten Bundesliga-Plätzen eine ganz große Auszeichnung mehr in seinem königsblauen Lebenslauf: im Halbfinale der Champions League gestanden zu haben. Kaum ein anderer hätte das mehr verdient gehabt als er.
S04 Saisoneröffnung
„Papa, jetzt ist Schluss“
Als das Spiel dann nach gut 75 Minuten vorbei war, wird Marcelo Bordon sicherlich nicht an Inter Mailand oder Manchester United gedacht haben. Seine Gedanken, seine Gefühle galten der, galten seiner Nordkurve. Er war tief gerührt. Und als seine Frau Janaina mit den drei Kindern den Rasen betrat und die neunjährige Julia „Papa, jetzt ist Schluss“ ins Mikrofon rief, verbarg Marcelo Bordon sein mit Tränen überströmtes Gesicht in den Armen seiner Frau. Anschließend ging es auf die Ehrenrunde, und die Schalker Anhänger trällerten „Oh, wie ist das schön!“
Oh, was war das schön!