Sellin. . Ralf Fährmann stellt sich beim FC Schalke 04 mutig der Aufgabe, in die großen Fußstapfen Manuel Neuers treten zu müssen. Der Torwart steht nicht mehr unter dem Artenschutz des Nachwuchsprofis.
Ralf Fährmann sitzt ganz entspannt auf der Terrasse des Cliff-Hotels. Der erste Eindruck: Ein durch und durch sympathischer Kerl mit höflichem Umgang. Da überrascht es fast ein wenig, dass er auf einmal sagt: „Mein Vorbild war immer Frank Rost. Wie verbissen der war und nie ein Blatt vor den Mund genommen hat, das hat mir imponiert.“ Vielleicht sind es die Gegensätze, die sich da anziehen. Aber vielleicht will da einer auch nur sein Profil schärfen. Denn Ecken und Kanten können hilfreich sein, wenn man einen Job hat wie er.
Ralf Fährmann ist der Mann unter Druck: Er hat künftig nichts anderes zu tun, als den derzeit wohl weltbesten Torwart zu ersetzen. Auf seine Hände, die fast so groß sind wie Pfannekuchen, wird man ganz besonders schauen bei Schalke 04. Natürlich, niemand erwartet von ihm, dass er gleich so gut ist wie Manuel Neuer – dann hätten die Bayern ja ebenso gut auch Ralf Fährmann verpflichten können. Aber der 22-Jährige sagt selbst: „Manu hat eine große Lücke hinterlassen, und meine Aufgabe ist es, diese Lücke zu schließen.“
Für Ralf Fährmann sprachen vor allem zwei Dinge. Zum einen kam der gebürtige Chemnitzer ablösefrei von Absteiger Eintracht Frankfurt – das lässt das Risiko überschaubar bleiben. Zum anderen hat Ralf Fährmann einen Bonus bei den Fans: Er kommt aus der Schalker Jugend und war schon ein guter Vertreter von Manuel Neuer, als dieser 2008 wegen eines Mittelfußbruchs verletzt ausfiel. Dass Fährmann die Königsblauen überhaupt ein Jahr später verließ, lag daran, dass er endlich regelmäßig ans Spielen kommen wollte – um nicht ewig hinter Neuer auf der Bank zu sitzen. Doch nun muss sich Fährmann selbst freischwimmen und steht nicht mehr unter dem Artenschutz des Nachwuchsprofis.
Derzeit ist der ehemalige Junioren-Nationaltorwart auf Schalke quasi eine Nummer eins auf Bewährung: Er muss zeigen, dass er dem Druck gewachsen ist. Auch wenn Schalkes sportliche Leitung die Diskussion um eine Verpflichtung von Jens Lehmann beendet hat, hält sich Manager Horst Heldt die Option einer weiteren Verpflichtung noch offen: „Es geht nach Leistung, nicht nach Sympathie. Wenn wir der Meinung sind, dass wir noch etwas tun müssen, werden wir auch noch etwas tun.“ Dies gelte freilich auch für jede andere Position. Fährmann stört dies angeblich nicht – ebenso wie er die Diskussion um Lehmann gelassen verfolgt hat: „Ich muss eh meine Leistung bringen“, sagt er dazu.
Doch ob ihn das stärker, souveräner und selbstsicherer gemacht hat, muss sich zeigen. Auffällig: In den zwei Jahren in Frankfurt stabilisierte er erst dann seine Form, als Christoph Daum ihn in der Endphase der Saison zur Nummer eins erklärte und er sich nicht ständig der Konkurrenz durch Altmeister Oka Nikolov erwehren musste. Da zeigte er, welches Potenzial in ihm steckt, und da ließ er sich auch von einem schlimmen Lapsus nicht mehr aus der Bahn werfen. Kurioserweise passierte der ausgerechnet bei der 1:2-Niederlage auf Schalke, als sich Raúl von hinten an ihn heran schlich und ihm den Ball weg nahm. Aus solchen Fehlern will er lernen: „Ich glaube, ich werde mich sogar im Grab noch umdrehen, wenn jemand hinter mir sein kann“, schmunzelt er.
Knappen gegen Knappen
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Fehler, das weiß Fährmann, passieren immer wieder – „selbst der Manu macht Fehler.“ Ja, er bemüht sogar von sich aus den Vergleich mit Manuel Neuer, in dessen Fußstapfen er irgendwie treten muss. Rein körperlich hat er das längst geschafft: Ralf Fährmann ist ein Kerl wie ein Baum, mit 1,94 Metern sogar noch zwei Zentimeter größer als Manuel Neuer (1,92 m). Er fühlt sich bereit, um das vielleicht schwerste Erbe in der Bundesliga anzutreten. Nur die Sicherheit, auch die innere Souveränität seines Vorgängers muss Schalkes neuer Torwart noch aufbauen.
Beim Gespräch auf der Terrasse des Cliff-Hotels wird er manchmal etwas rot im Gesicht, und das liegt nicht an der Sonne. Ist aber irgendwie sympathisch für einen Mann, der bisher noch so gar keine Ecken und Kanten hat.
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