Gelsenkirchen. .

Diesmal haben sie Marcelo Bordon eingeladen. Wieder so einen alten Haudegen. Einen, mit dem die Leute auf Schalke wohlig warme Erinnerungen verbinden, weil seine Berufsauffassung ihrem Ideal von ehrlicher Fußballarbeit nahekam. Im vergangenen Jahr war Jiri Nemec da, auch er wurde in die „Ehrenkabine“ gewählt, in die „Hall of fame“ von Schalke 04.

Solche emotionalen Momente liebt dieser Verein, und am Sonntag braucht er sie besonders. Ab 11.30 Uhr steht in der Emscher-Lippe-Halle die Jahreshauptversammlung an, nach einer Saison voller Turbulenzen gehört nicht viel Phantasie dazu, eine Veranstaltung in aufgewühlter Atmosphäre zu prophezeien. Da könnte ein Gast wie Marcelo Bordon, der zum Jahresbeginn seine Karriere beendete, durchaus beruhigend wirken. Natürlich werden die Mitglieder den vom Vorstand vorgeschlagenen brasilianischen Abwehrrecken wählen, genau wie posthum die Kreisel-Legende Ötte Tibulsky. Und sie werden auch wieder singen, inbrünstig. Tausend Freunde, die zusammensteh’n.

Altlasten durch Magath's Einkaufspolitik

Dann, erst dann, wird auch Clemens Tönnies zufrieden sein. Der Aufsichtsrats-Vorsitzende weiß, dass vieles schiefgelaufen ist in der vergangenen Saison, trotz des Pokalsieges, trotz der Halbfinal-Teilnahme in der Champions League. Vor allem in der Zeit, als der eigenmächtige Manager und Trainer Felix Magath entlassen wurde, gab sich Schalke in der Außendarstellung kaum charmanter als ein Schrottplatz. Magath, der vermeintliche Titelgarant, hatte Schalke gespalten.

„Es gab tiefe Risse in unserem Verein“, bilanziert Tönnies, der „daraus lernen“ will: „Wir wollen wieder ein einiges Schalke werden.“ Auf dem holprigen Weg wird Stein um Stein weggeräumt, bevor das Pflaster geglättet werden kann. Magath hat durch seine waghalsige Einkaufspolitik einen Berg von Altlasten hinterlassen, den Manager Horst Heldt und Trainer Ralf Rangnick abtragen müssen. „Ob der nötige Umbau bereits in einer Transferperiode stattfinden kann, das kann ich nicht sagen“, erklärt Rangnick.

Schalke müsste prominente Spieler verkaufen

Heldt hat versucht, ein paar Tage Urlaub zu machen. Doch auf Sylt musste er feststellen, dass er lediglich seinen Ar­beitsplatz verlegt hatte. Die Handy-Mailbox war wiederholt verstopft, ununterbrochen puzzelt der Manager am Bild des neuen Schalke. Von den für Torwart Manuel Neuer eingenommenen 18 Millionen Euro Ablöse kann er aber nur zehn Millionen wieder investieren, der Rest fließt in die Schuldentilgung. Mehr darf Heldt nur ausgeben, wenn er weitere Spieler verkauft. Noch darf er hoffen, bei den Franzosen Nolan Roux (Stürmer aus Brest) und Etienne Capou (Abräumer aus Toulouse) mitbieten zu können. Den begehrten Christian Träsch aber muss er abschreiben: Magaths VfL Wolfsburg kann für den Nationalspieler die von Stuttgart verlangten zehn Millionen Euro hinblättern. Die Schalker müssten erst weitere Prominenz loswerden – doch wer gibt ihnen für Klaas-Jan Huntelaar oder Jose-Manuel Jurado auch nur annähernd 14 und 13 Millionen, die Magath vor einem Jahr für sie bezahlte?

Antwort auf die hitzige Torwartfrage wohl nächste Woche

Also wird zunächst mühevolle Kleinarbeit verrichtet. Spieler, deren Verträge ausliefen, kamen von der Gehaltsliste. Weitere dürfen bei akzeptablen Angeboten gehen. Am Freitag wurde Lukas Schmitz, der als Linksverteidiger auf Schalke keine Perspektive mehr sah, für eine Million Euro plus Erfolgszulage zu Werder Bremen transferiert.

Eine Personalie, die auf Anhieb für feurige Diskussionen sorgte, ist auf Eis gelegt worden. Wird doch noch Jens Lehmann als Konkurrent für den neuen Torwart Ralf Fährmann geholt? Und falls nicht – wer sonst? Dennis Eilhoff aus Bielefeld? Christian Gratzei aus Graz? Antworten soll es erst in der kommenden Woche geben. Damit vorher noch auf der Versammlung Einigkeit demonstriert werden kann.