München. Mittlerweile spielt sogar Wladimir Putin indirekt eine Rolle im Wechseltheater um den Nationaltorwart. Tönnies gibt sich kämpferisch. Außerordentliche Aufsichtsratssitzung in der Causa Manuel Neuer angekündigt.
Die "Watschn" für Manuel Neuer sollte der Abschiedsgruß eines wütenden Fans sein, eine letzte Geste, bevor nach dem Sieg von Schalke 04 im Pokalfinale endlich der Transfer des Nationalkeepers zu Bayern München verkündet werden sollte. Eigentlich. Denn anstatt Neuer nach seinem ersten großen Titel mit seiner Jugendliebe ziehen zu lassen, rufen die Schalke-Bosse im Wechseltheater zum nächsten Akt auf. Sogar der russische Ministerpräsident Wladimir Putin spielt indirekt mit - und sorgt für neuen Optimismus in Gelsenkirchen.
Tönnies: "Will Neuer den Bayern aus dem Rachen reißen"
"Es kann gut sein, dass Manuel bleibt", sagt zumindest Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies und wird in der "Bild"-Zeitung sogar erschreckend direkt: "Ich will Manuel den Bayern noch aus dem Rachen reißen." In einem Vier-Augen-Gespräch am Spree-Ufer hatte der 54-Jährige bei den Feierlichkeiten von Samstag auf Sonntag dem Schalker Kronjuwel seine Absicht mitgeteilt.
Nahezu idyllisch wirken die Bilder von Tönnies und Neuer in der milden Frühlingsnacht, im feinen Zwirn, wild gestikulierend - eigentlich prädestiniert für ein Happy End. Im Drehbuch spielt nun sogar Putin eine Rolle. Der 58-jährige "Neuer-Fan" (Tönnies) fädelte den am vergangenen Dienstag verlängerten Sponsorenvertrag mit dem russischen Sponsor Gazprom mit ein. 80 Millionen garantiert der Deal den finanziell angeschlagenen Schalkern bis 2017. Und ein Fünkchen Hoffnung im Poker um Neuer.
Vier-Jahres-Angebot für Neuer: 28 Millionen
Ein Vier-Jahres-Angebot soll Tönnies seinem Kapitän unterbreitet haben, sieben Millionen Euro Gehalt soll Neuer laut "Bild" pro Saison beziehen. "Ich lasse einen Manuel Neuer nicht einfach gehen. Er ist für mich wie ein Sohn", sagte Tonnies und verdeutlichte den Stellenwert des 25-Jährigen beim Revierklub: "Wir würden unseren Schlüsselspieler verlieren."
Neue Zuversicht zeigt auch Trainer Ralf Rangnick: "Ich gehe davon aus, dass Manuel noch ein Jahr für uns spielt", sagte der 52-Jährige, der auf eine vorzeitige Auswechslung und damit eine große Verabschiedung Neuers beim 5:0 gegen den MSV Duisburg bewusst verzichtet hatte. Und auch für Neuer scheint es nicht mehr abwegig, seinen bis 2012 laufenden Vertrag in seinem Heimatklub zu erfüllen. "Das wäre kein Problem. Ich habe auch nie gesagt, dass ich im Sommer weg will", sagte er und tat weiter ahnungslos: "Ich weiß selber nicht, wo ich nächste Saison spiele."
Klarheit soll zumindest bald herrschen. Das Angebot der Bayern liegt vor: Bei einem Treffen haben sich die Vereine auf die Modalitäten eines Transfers in diesem Sommer verständigt, seitdem wartet man in München auf ein Zeichen. 18 Millionen Euro sollen die Schalker sicher bekommen, je nach Titelgewinn in den kommenden Jahren bis zu sieben Millionen Euro extra. Rummenigge, Hoeneß und Co. sind bisher davon ausgegangen, dass die klammen Schalker ein solches Angebot nicht ausschlagen können. Als "offenes Geheimnis" bezeichnete Bayern-Präsident Hoeneß die Causa Neuer sogar. Im Kampf um den Vorzeigemann - mit 80 Millionen Euro im Rücken und nach dem Pokalsieg der Europa League vor Augen - scheint Schalke aber nicht mehr ausschließlich auf die Finanzen zu gucken. Zunächst geht es noch um die Basis: "Die Grundsatzdiskussion ist noch nicht abgeschlossen", heißt es im Verein.
Außerordentliche Aufsichtsratssitzung zur Causa Neuer
An diesem Montag beraten Tönnies und Manager Horst Heldt, eine Woche später tagt der Aufsichtsrat außerordentlich. "Die Rechnung ist erst zu Ende, wenn auch ein Strich drunter ist", verkündete Tonnies. Vorteile auf der Suche nach einem Nachfolger für Neuer hätten die Schalker zumindest im kommenden Jahr: Kandidaten wie René Adler (Bayer Leverkusen), Tim Wiese (Werder Bremen) und Ron Robert Zieler (Hannover 96) wären günstiger zu haben.
Bayerns Führungsetage kann sich eigentlich zurücklehnen und den nächsten Akt des Stücks - laut Ehrenpräsident Franz Beckenbauer hat es den Titel "Kindergarten" verdient - entspannt anschauen. In Jörg Butt hat der Rekordmeister noch ein Jahr einen Torwart unter Vertrag, der auf internationalem Niveau spielen kann. Entweder die Schalker Ohrfeige hat Neuer wachgerüttelt - oder aber es war tatsächlich eine Abschieds-Watschn. (dapd)