Nach der wehrlosen 0:1-Heimniederlage des FC Schalke 04 zum Rückrundenauftakt gegen den Hamburger SV machen sich viele Anhänger auf Erklärungssuche. Wenn sie nicht resigniert haben wie „von Haut ihn in die Wüste“ im Westen-Forum, der bekennt: „Mit meinem Schalke hat das alles nichts mehr zu tun...“.

Scheint offensichtlich so, als würde von der Ersatzbank nicht genügend Qualitätsdruck auf die ersten Elf ausgeübt, womit sich manch lustlose Vorstellung einiger Stammkräfte erklären lässt. Sicher, an Kandidaten mangelte es nicht, aber die meisten haben dem „Brühsystem Magath“ nicht standgehalten. Wie in einer hochprofessionellen Espresso-Maschine wurden sie durch den Siebträger Bundesliga gepresst, unter hohem Druck nach entsprechender Aufheizzeit. Wer es dabei schaffte, eine Duftmarke zu setzen oder dem Spiel gar eine besondere Würze zu verleihen, der durfte bleiben.

Die anderen finden sich in der Auffangschale Regionalliga wieder. Die Liste ist schier endlos: Sarpei, Escudero, Plestan, Pliatsikas oder Jendrisek – Trainer Michael Boris quillt die Schöpfkelle mittlerweile über. So war es für den Regionalligisten in der letzten Woche locker möglich, vier Testspiele an vier Tagen hintereinander zu bestreiten – immer mit wechselnden Formationen. „Sind alles prima Jungs, alle ganz klar im Kopf“, meinte Boris lapidar. Aber dabei schaut er wie ein Mann, der von seiner Schwiegermutter ein Dutzend Mal in Folge zu Weihnachten eine Comic-Krawatte geschenkt bekommen hat. Der Coach der Zweiten ist momentan so eine Art Animateur im Club der Frustrierten.

Dabei hat der Regionalligist zur Zeit genug Sorgen, tat sich zum Ende der Hinrunde schwer damit, überhaupt Hierarchien innerhalb des Teams aufzubauen. Wie soll man da eine Linie hinein bekommen, wenn ständig die Tür aufgeht und neues Personal kommt?

„Wir dürfen nicht vergessen, unser erster Auftrag heißt Ausbildungsbetrieb“, betont Bodo Menze, der Manager der U 23-Abteilung. Aber was will man dem 34-jährigen Sarpei, der sich auf seine alten Tage aus Leverkusen mit der Verheißung Champions League weglocken ließ, noch beibringen? Der hält sich, nach seiner kurzfristigen Zukunft befragt, schön bedeckt. Der Ausbildungsbetrieb ist momentan zum Rechenzentrum geworden und muss in der Liga höllisch aufpassen, nicht mehr als drei Spieler, die über 23 Jahre sind, einzuwechseln, da haben schon ganz andere Einwechsel-Fehler begangen (Daum, Rehhagel). „Wir gehen kein Risiko ein und nehmen immer nur drei Ältere mit“, so Boris.

Andere haben ihre Konsequenzen gezogen: Jermaine Jones, der sich die totale Mondfinsternis von Wanne nicht antun wollte, um vor 150 Unentwegten in der Mondpalast-Arena aufzulaufen, hat sich an die Blackburn Rovers ausleihen lassen. Nicht alle haben es sich so nett im Unterbau eingerichtet wie Albert Streit, der sich entschlossen hat, seinen fürstlichen Vertrag auszusitzen und in der Regionalliga noch zu den Besten zählen würde, wenn er in Badelatschen aufliefe.

Streit hat die Geduld und Muße, die Felix Magath wohl in der Bundesliga nicht zur Verfügung steht. Dabei müsste der passionierte Teetrinker eigentlich wissen, dass manches länger ziehen muss, um sein volles Aroma zu entfalten.